Freitag, 17. Februar 2012

Wie man in den Verdacht der Unschuld gerät ...

... macht uns heute das ebenso renommierte wie pseudobürgerliche Magazin »Cicero« vor. Darin sorgt sich Frau Petra Sorge um den ohne das »Korrektiv« der Medien vermutlich völlig desolaten deutschen Rechtsstaat: »Die Medien als Korrektiv« betitelt sie ihren Artikel, in welchem sie in dramatischem Betroffenheitsgestus Formulierungen findet wie:
Wulff gelang, was keinem seiner Vorgänger je gelang – dass die legale Basis seiner Herrschaft in Frage gestellt wird.
Aha. Das Deutsche Grundgesetz wankt, weil ein damals-noch-nicht-Bundespräsident von einem Filmproduzenten auf einen Kurzurlaub eingeladen wurde — oder wie?

Nun, warum diese Dramatik? Wohl vorallem deshalb, um davon abzulenken, daß all das, was jetzt als angebliche Infragestellung der legalen Basis gewertet wird, im Vergleich zu den wirklichen Problemen Deutschlands so lächerlich ist, wie wenn ich den Ober in Hotel Adlons »Krug Room« wegen Betruges anzeigen wollte, weil er mir auf eine Abendessensrechnung um 2 Cent zu wenig herausgegeben hat. Doch noch viel mehr wird der dramatische Gestus bemüht, um davon abzulenken, daß es vorallem die Medien in Deutschland waren, die ein mehr als übles Spiel mit hinterhältigen Gerüchten (war die Präsidentengattin vielleicht mal eine Prostituierte? und dergleichen) und gezielter, oft über die Bande »unabhängiger« Medien gespielter Desinformation trieben.

Blogger-Kollege Morgenländer hat das in seinem heutigen Posting mit einem Zitat eines FAZ-Leserbriefschreibers (von Beruf Richter an einem Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz) auf den Punkt gebracht. Und ein Kommentarposter bei »Morgenländer« verwies daraufhin auf einen signifikanten »Freud'schen Versprecher« im Cicero-Magazin. Ich klickte den Link an, und in der Tat, es stand noch ebenso unkorrigiert da, wie es Frau Sorge hingeschrieben hatte:

Ich habe mir bloß erlaubt, auf dem Screenshot die Stelle zu markieren, wo ganz nonchalant zu lesen steht: »Natürlich gilt nach wie vor der Unschuldsverdacht

Es gab 1933 einen bitteren politischen Witz nach dem Berliner Reichstagsbrand, als Göring zur Rechtfertigung des daraufhin einsetzenden Terrors gegen Kritiker der Nationalsozialisten salopp meinte, es sei besser, zehn Unschuldige zu bestrafen, als einen Schuldigen laufen zu lassen. Der Berliner Volkmund fand gleich die treffende Entgegnung: »Es ist heute also gefährlich, unschuldig zu sein!«

Nein, unschuldig zu sein war und ist nicht immer leicht — aber endgültig hoffnungslos wird die Sache wohl, wenn man heute in einen medial geltenden Unschuldsverdacht gerät. Der gegen frühneuzeitliche Hexenjagd sich zwar in der Form der schließlichen Exekution, nicht aber in ihrer genüßlichen Hinterhältigkeit unterscheidet ...

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P.S.: Ach ja, und eine Anmerkung über ein nicht unplausibles Szenario gibt's auch noch.

1 Kommentar:

  1. Unschuldsverdacht! Einfach genial, was das heutige Bildungssystem so hervorbringt. Und solche Leute bestimmen das Mediengeschehen. Kein Wunder, dass man allen Leuten glauben machen will, man könne die ganze Stromversorgung nur mit Solarzellen oder so machen.
    Früher dachte ich noch oft, die Medienleute seien von böser Absicht getrieben. Aber inzwischen wird es immer klarer: die sind wirklich so dumm.
    Echt gefährlich wird es aber, wenn zur Dummheit noch die Gemeinheit kommt. Aber daran will ich gar nicht erst denken.

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