Sonntag, 3. Juli 2011

Noch ist Polen nicht verloren

... denn es ist zwar in der EU, aber noch nicht im Euro, womit der derzeit grassierende Griechenland-Wahnwitz der Eurogruppe nicht unmittelbar in die Taschen polnischer Bürger greift.
Polens Finanzminister, Jacek Rostowski, äußerte am Wochenende im Gespräch mit EU-Korrespondenten Zweifel daran, dass die bisherigen Interventionen der Euroländer zu einer Lösung des griechischen Schuldenproblems führen. „Wollten wir jemanden bilateral unterstützen, müssten wir sehr davon überzeugt sein, dass das Programm erfolgreich ist. Da gibt es offensichtlich einen Unterschied zwischen den Ländern innerhalb und außerhalb der Eurozone“, sagte der Ökonom. Polen hat sich im Zuge seines Beitritts zur EU im Jahr 2004 dazu verpflichtet, auf die Einführung des Euro hinzuarbeiten
... weiß »Die Presse« zu berichten. Und sie berichtet — wenigstens für Österreicher interessant — bisher diskret unerwähnt gelassene Tatsachen, so beispielsweise, daß die »Bad Bank« Österreichs, die berüchtigte »Kommunalkredit« (welcher u.a. solch Universalgenies wie unsere Frau Unterrichtsminister entstammen) mit über einer Milliarde Euronen der größte »private« österreichische Gläubiger Griechenlands ist. Bei soviel Glauben eines Gläubigers in die Solvenz der Griechen kann man nur »Pfüat di' Gott!« sagen ...

Offenbar ebenfalls von allen guten Geistern verlassen sind einige Polit-Dinosaurier, die schon seit Jahren von den Wählern in Pension geschickt, offenbar es noch immer nicht lassen können: die früheren Regierungschefs Guy Verhofstadt (Belgien), Giuliano Amato (Italien), Michel Rocard (Frankreich) und der ehemalige portugiesische Präsident Jorge Sampaio unterstützen Pläne für einen »New Deal«, mit dem — Simsalabim! — durch kräftiges Geldausgeben alle wirtschaftlichen Probleme Europas gelöst werden kännen.

Ach, Verhofstadt? Ist das nicht der Ex-Premier Belgiens, seit dessen Abwahl das Land nicht einmal eine reguläre Regierung (wenn man die ephemeren Kabinette Leterme und Van Rompuy außer Acht läßt) zusammenschustern kann? Der jetzt ein Franktionschef der komplett illiberalen »liberalen« ALDE-Fraktion des EU-Parlaments ist? Und der famose Altsoze Amato, dessen halbe Regierungsfraktion in die Korruptionsskandale der 90er-Jahre verwickelt war. Und der alte Planwirtschaftler Rocard, der als Premierminister die Geldwäscheermittlungen gegen seine Partei durch den ebendieser Partei angehörenden Justizminister niederschlagen ließ, Frankreich dafür mit Mindestlohn- und Kündigungsschutzgesetzen zu einem der unflexibelsten Arbeitsmärkte Europs »verhalf«. Und schließlich der Exkommunist und spätere Sozialist Sampaio, der den frisch gekürten Ministerpräsidenten Santana Lopes einfach absetzte, um durch vorgezogene Neuwahlen seinem Parteigenossen Sócrates ins Amt zu verhelfen.

»Die Euroländer sollen über die Ausgabe von gemeinsamen Anleihen Geld einsammeln, um den Wirtschaftsaufschwung zu finanzieren, statt Sparmaßnahmen durchzuführen«, heißt es in einer Deklaration dieser linken Ewiggestrigen, die also Europa durch mehr Schulden wirtschaftlich »gesunden« lassen? Angesichts des Durchschnittsalters der Proponenten läßt sich der Gedasnke an Altersdemenz schwer von der Hand weisen (okay, Verhofstadt wäre dann eben ein Beispiel für dementia præcox) — aber schon der Verweis auf den »New Deal« in den USA sollte bedenklich stimmen.

Jeder, der sich mit der Wirtschaftsgeschichte der 1930er-Jahre beschäftigt hat, weiß, daß dieser »New Deal« in Wahrheit nichts angekurbelt, sondern die Krise bloß verschleppt und vergrößert hat. Und hemmungslosen Staatsinterventionismus, eine Aufblähung der Bürokratie und massivbe Einschränkung der Bürgerfreiheiten mit sich brachte. Und letztlich den Eintritt Amerikas in den 2. Weltkrieg förderte, denn ein Krieg war das einzige Mittel für Roosevelt, gesichtswahrend aus dem planwirtschaftlichen Schlamassel herauszukommen — oder: nicht herauszukommen, sondern eine Rechtfertigung für die immer neuen, immer ineffektiveren Staatseingriffe in die freie Wirtschaft zusammenzuklabüsern.

Daß all das für Berufspolitiker und ihre Systemgünstlinge wünschenswert ist, daran besteht kein Zweifel. Aber wir von der misera plebs der Steuerzahler, die nicht durch großzügige Bedienung an Staatsknete, sondern durch unserer Hände und Hirne Arbeit den Lebensunterhalt verdienen müssen — brauchen wir das? Wollen wir das?

4 Kommentare:

  1. Danke für den Artikel. Vor allem für das mit dem New Deal. Die USA sind ein perfektes Beispiel im Sinne O. Spenglers für einen Staat als Rauborganismus, der davon lebt, andere Staaten zu "fressen", also in seine Staatsgrenzen einzuverleiben oder zu unterwerfen und auszusaugen, also dessen Ressourcen, auch die menschlichen, auf jede nur denkbare Weise auszubeuten. Ob wir einmal das Absterben dieses Rauborganismus erleben werden? Demografische Schwächen zeigt er schon. Immer mehr Quantität statt Qualität.

    Aber die nächsten Rauborganismen liegen bereits auf der Lauer: In Asien und demnächst in Afrika. Überall wo es einen "youth bulge" gibt, massenhaft Jugendliche ohne Zukunftsperspektive, die nur Schwierigkeiten machen und die man daher praktischerweise am besten in einem Angriffskrieg verheizt.
    Nescio

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  2. "Und letztlich den Eintritt Amerikas in den 2. Weltkrieg förderte, denn ein Krieg war das einzige Mittel für Roosevelt, gesichtswahrend aus dem planwirtschaftlichen Schlamassel herauszukommen..." - Und die (private) Rüstungsindustrie hat sich gesträubt bis zum Schluß und hat dann mit der Pistole am Kopf die Waffen für den Krieg produziert. Gehts noch?

    Der hemmungslose Staatsinterventionismus hat verhindert, das Menschen in die Gosse fliegen. Sehr verwerflich. Also ob Privatwirtschaft und Staat an den gegenüberligenden Enden des Universums beheimatet wären.

    Siehe Polanyi. Der Erkenntnisgewinn bleibt ZERO, wenn man der Wirtschaft erlaubt, sich aus der gesellschaftlichen Verantwortung zu stehlen.

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  3. @Anonym:

    Der hemmungslose Staatsinterventionismus hat verhindert, das Menschen in die Gosse fliegen.

    Eben nicht. Zuerst lesen (oder hier, oder hier), dann matschgern ...

    Also ob Privatwirtschaft und Staat an den gegenüberligenden Enden des Universums beheimatet wären.

    Sind sie in gewissem Sinne auch: die Privatwirtschaft an jenem Ende, das sparsame Ressourcennutzung (»ökonomisches Prinizip«), Risikoabwägung (»kaufmännische Vorsicht«) und Freheit (»Marktmechanismus«) bedeutet, der heutige »demokratische« Staat hingegen am entgegengesetzten — gekennzeichnet durch Verschwendung auf Kosten der Steuerzahler (»Wahlzuckerln« — und kurz gefragt: welche Staaten ohne permanente Budgetdefizite und exorbitante Schulden kennen Sie denn?), Unverantwortlichkeit (die berühmte »politische Verantwortung« heißt nichts anderes, als in wohldotierte Versorgungsposten oder eine üppige Pension abgeschoben zu werden) und Gängelung aller bis ins kleinste Detail durch eine metastasierende Bürokratie.

    Siehe Polanyi

    Jössasna, der auch noch ... Hier finden Sie so ca., was ich von seiner »Great Transformation« halte ...

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