Mittwoch, 8. September 2010

Bekommt die Mauer Risse?

Es ist fürwahr selten, daß ich mich veranlaßt sehe, eine Leseempfehlung für einen Artikel der »Süddeutschen Zeitung« abzugeben. Aber diesmal komme ich nicht darum herum. Denn es ist ein Artikel, der vielleicht die ersten Risse in den bislang unüberwindbaren Gefängnismauern der political correctness verheißt. Machen wir uns keine Illusion: ein kleiner Riß ist keine Tür in die Freiheit — aber er kann dazu erweitert werden: mit Ausdauer, Anstrengung und dem eisernen Willen, aus dem Gefängnis endlich in die Freiheit zu gelangen.

Genug der Worte — geben wir es Klaus von Dohnanyi, dem langjährigen SPD-Politiker in hohen Funktionen:
Feigheit vor dem Wort

Nur in Deutschland macht man sich unmöglich, wenn man das Offensichtliche benennt. Reflexhaft ächtet die liberale Öffentlichkeit Sarrazin, obwohl die Gesellschaft eine faire Auseinandersetzung mit seinen Thesen bräuchte.
Bis auf den falschen (wenngleich sehr verbreiteten) Konjunktiv »bräuchte« läßt sich nichts daran bekritteln. Auch der folgende Vergleich mit Martin Walser trifft ins Schwarze: diesen hat der gehässige Bannfluch eines Holocaust-Industriellen der Extraklasse vermutlich den längst verdienten Literatur-Nobelpreis gekostet, und nur seinem schriftstellerischen Genie verdankt er es, als ein seit Jahrzehnten unverzichtbarer Hauptakteur der deutschen Literatur nicht einer hinterhältigen damnatio memoriæ zu verfallen. Er hat einfach zu viele zu wichtige Bücher geschrieben, als daß man das noch könnte. Aber ihn zu demütigen, ihn auszugrenzen — dafür reichte die Macht der politisch korrekt dahinnuschelnden »Kultur«-Journaille allemal, und sie nutzte sie weidlich ...

Anders als der feinnervige Walser ist Sarrazin ein harter Knochen: ihn wird man nicht so einfach aus der Bundesbank kanten können — außer unsere Polit-Mafiosi entschließen sich spät aber doch dazu, das »Problem Sarrazin« z.B. durch einen Autounfall zu lösen. Kränze sind schließlich billiger als Prozesse. Doch ich glaube nicht, daß sie es wagen werden: zu sehr hat Sarrazin das Aufbegehren einer für politische Umerziehungszwecke unterdrückten und durch Steuern schamlos ausgebeuteten einheimischen Bevölkerung getroffen, als daß sowas noch ohne bürgerkriegsähnliche Zustände in Szene zu setzen wäre. Und davor scheuen die kleinen, grauen Mäuse, deren Mut nur in Intrige, deren Ehre nur in Untreue besteht, dann ja doch zurück.

In der Tat: Deutschland 2010 gleicht immer mehr der DDR 1989: die Mauer, die jahrzehntelang hielt, wird umgangen. Sie bekommt erste Risse. Und sie wird niedergelegt werden. Hoffen wir, daß es so wie 1989 ohne Blutvergießen und Zerstörungen abgeht!

Zu den ersten Rissen zählen halbmutige Aussagen wie die des Freiherrn zu Guttenberg, die man natürlich als lauwarm kritisieren kann — aber immerhin: es gab sie! Und jetzt setzt Herr von Dohnanyi den Meisel von der anderen, der linken Seite an, um den Riß zu erweitern. Übrigens: ist es nicht auffällig, daß es in beiden Fällen Adelige sind, die hier Mut und Weitsicht zeigen, also offenbar irgendwie die Besten. die »ἄριστοι«, sind das Kommende zu erkennen — mithin dürfte am vielgescholtenen »Biologismus« Sarrazins doch was dran sein!

Doch halt: so weit sind wir noch nicht! Erst soll es nach dem Willen unserer Nomenklatura, jener »öffentlich-rechtlichen Parallelgesellschaft«, zum Rausschmiß Sarrazins aus der SPD kommen. Warten wir ab. Denn Herr von Dohnanyi kündigt an:
Aus keiner europäischen Linkspartei würde Sarrazin wegen dieses Buches ausgeschlossen. Wenn die SPD ihn ausschließen will, stehe ich bereit, ihn vor der Schiedskommission zu verteidigen. Einen fairen Prozess wird es ja wohl noch geben. Das Wichtigste, sagte Willy Brandt in einer seiner letzten Reden, sei ihm immer die Freiheit gewesen. Er fügte hinzu: "Ohne Wenn und Aber."
Obgleich ich Willy Brandts unbedingtem Freiheitswillen nicht wirklich über den Weg traue und meine Hand für einen fairen Prozeß ebenso nicht ins Feuer legen möchte (Stimmen, die einen kurzen Prozeß wollen, wollen selten einen fairen) — aber ein Sarrazin, verteidigt durch den letzten Grandseigneur der Sozialdemokratie (wie ist der eigentlich in dieses Pack geraten, fragt man sich), das verspricht wirklich spannend zu werden!

Manchmal ist das Leben wie ein guter Krimi: die Spannung steigt bis zum Schluß. Und hoffen wir, daß auch das gerechte Ende der Gangster dieser Dramaturgie folgt. Hoffen wird man ja noch dürfen ...

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