Samstag, 30. September 2023

Wie sinnvoll sind (momentan) Parteineugründungen?

von Sandokan


Anknüpfend an die Diskussion aus einem vorherigen Blogeintrag ...

 
Als Kandidat der Republikanischen Partei wurde Theodore "Teddy" Roosevelt 1904 wiedergewählt, bevor er 1908 vorerst auf eine weitere Amtszeit verzichtete. Sein Nachfolger wurde William Taft, der ebenfalls der Republikanischen Partei angehörte. Weil er mit dessen Politik unzufrieden war und die Republikaner 1912 nicht ihn, sondern erneut den Amtsinhaber Taft nominiert hatten, kandidierte Roosevelt für die neu gegründete Progressive Partei. Er wie auch Taft unterlagen jedoch bei der Präsidentschaftswahl Woodrow Wilson, dem schwachen Kandidaten der Demokratischen Partei.

~~~ * ~~~ 

So man überhaupt noch an die Repräsentative Demokratie mit ihren politischen Parteien als Gestal-tungsfaktor glaubt, sollte man dennoch versuchen das Ganze auch realistisch zu sehen. Selbst erfolgreiche Parteineugründungen haben zu Beginn erstmal auf Jahre hinaus wenig politische Relevanz - am ehesten vielleicht noch auf der untersten lokalen Ebene.
 
Alle jungen Parteien müssen sich außerdem personell und programmatisch finden - nachdem sie auch tatsächlich gewählt wurden. Dh. Personen die bloß als Trittbrettfahrer unterwegs sind, oder weil sie anderswo nichts wurden, verlassen wieder die Partei, meist unter Absingen böser Lieder. Ein Prozess der mitunter Jahre dauern kann. Oft führt das auch zu den ersten Parteispaltungen, aber jedenfalls zu bösem Blut und Irritationen bei den eigenen Wählern, die man ja halten will. Und man verschwendet damit Geld, Energie und ganze Legislaturperioden.

Aber selbst wenn eine dann relativ neue Partei beginnt Erfolge einzufahren (siehe AfD), bleiben ihre Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt. So sie nicht die absolute Mehrheit erlangt oder einen gefügigen Koalitionspartner findet. Und bei vielen kritischen Punkten (nehmen wir mal Migration und Asyl) muss sich eine solche Regierung dann immer noch mit dem eigenen Obersten Gerichtshof wie auch der EU-Kommission und den beiden europäischen Gerichtshöfen EuGH und EGMR auseinandersetzen.

Ein EU-Austritt sollte also ganz oben auf der Agenda stehen, wenn man in diesem Bereich tatsächlich nachhaltig Änderungen erreichen möchte. Aber ein EU-Austritt ist etwas das ja nicht mal ein Orban plant oder möchte. Und bei Deutschland und ebenso Österreich kann ich mir das - leider - vorläufig sogar noch weniger vorstellen als bei Ungarn.

Jedenfalls schaden IMHO Parteineugründungen momentan mehr als sie nutzen. Die Spaltung der Opposition hat noch nie zur Stärkung der Opposition beigetragen. Da ist es ja noch besser man bleibt als kritischer und unbequemer Geist in seiner alten Partei. Oder man unterstützt eben eine bereits erfolgreiche neue Partei, die ihre Geburtswehen schon hinter sich hat, wie die AfD.

Denn ich glaube auch nicht, dass Deutschland noch mal 10 bis 20 Jahre Zeit hat, bis sich wieder eine neue oppositionelle Kraft etabliert - so sie das kann. Bei der AfD hat es ja auch 10 Jahre gebraucht, bis sie überhaupt dahin gekommen ist wo sie heute steht. Und sie ist ja aktuell noch nicht mal in Regierungsverantwortung.

Wer also glaubt noch etwas ändern zu können muss jetzt auf die AfD setzen! Und nicht nochmal 10 bis 20 Jahre lang auf bessere Zeiten mit noch zu gründenden Parteien hoffen.

Und worüber man sich zu guter Letzt auch klar sein muss: Jede Partei und fast jeder Spitzen-politiker werden einen irgendwann enttäuschen.

7 Kommentare:

  1. Werter Sandokan!
    Ich glaube, der Wahlkampf 1912 in den USA war ein abgekartetes Spiel, um Wilson zum Präsident zu machen, weil die Eliten im Hintergrund das so wollten! (23.12.1913 Federal Reserve Act)

    Sollte es die AFD oder auch FPÖ schaffen, zur stimmenstärksten Partei gewählt zu werden, bleibt die Frage, wie dann weiter?
    Die Beamtenschaft ist bereits zu einem erheblichen Teil "woke" , daß einer solchen Regierung extrem viel Steine in den Weg gelegt werden wird. Und nicht nur von dieser Seite!

    MfG Michael!

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  2. Als Konservativer habe ich eine Grundsympathie mit der politisch-weltanschaulichen Ausrichtung dieses Blogs. Aber was mich immer wieder irritiert: wie „unterkomplex“ hier die Weltsicht ist. Jetzt muss sogar die Wahl Wilsons in 19xy dazu herhalten, dass „geheime Mächte“ das „gesteuert“ haben. Meine Güte! So schlicht ist die Welt nicht, dass jede Wahl, in der ein nicht genehmer Mann gewählt wird, ein Betrug war und ein „Deep State“ oder die „Logen“ oder „reiche Juden“ das gesteuert haben. Wenn wir unsere ideologischen Brillen nicht runternehmen, sind wir am Ende auch nicht anders wie die Linken.

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  3. @Michael

    Ja, davon ist auszugehen.
    Ich wollte nur im Beitrag nicht näher darauf eingehen, weil es doch eine eigene Thematik darstellt.
    Wilson wurde ja von den sog. Anglophiles rund um Edward Mandell House ins Amt gehievt, die für eine enge Anbindung an Großbritannien standen.
    Ganz im Sinne des Rhodes-Milner-Roundtables.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Round_Table_movement
    https://odysee.com/@Dokumentationen:8/The-Corbett-Report-2-DIE-1-WELTKRIEG-VERSCHW%C3%96RUNG:9

    Später fungierte er als inoffizieller Präsidentschaftsberater (man könnte auch sagen, er war Woodrow Wilsons "Handler").


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  4. Zur AfD :
    Selbst wenn die AfD eine absolute Mehrheit erreichen würde, hätte sie keine Chance zu grundlegenden Änderungen, denn sie hätte eine gewaltige Macht gegen sich. Nicht nur, daß die geasmmte Beamtenschaft, die Justiz, die Polizei, die Geheimpolizei Verfassungsschutz, die Ministerien sowie der Moloch aus Presse und Rundfunk/Fernsehen völlig auf Linie sind, auch die Verfassungsgerichte müßten abgeschafft und neu installiert werden.
    Schieferle : Finis Germania
    Es müßte schon eine Revolution stattfinden mit einer neuen, wirklichen Verfassung und das bei konstanter Wählerschaft der Systemparteien von 80 %.
    Wo gibt´s die Bahnsteigkarten ?
    -
    Es gibt nur noch einen friedlichen Weg mit Änderungschance, wenn alle, wirklich alle zentralen Leistungsträger und Fachleute unverzüglich aussteigen und ihre Dienste verweigern würden, vom Kloschüssel- und Heizungsinstallateur über Ingenieure bis hin zum Spitzenjuristen. Generalreset.
    Aber auch ein Totalausstieg / Streik zentraler Dienste w.z.B Informatiker, Telefondienste, Strom- oder Wasserversorgung könnten ein Kipppunkt sein.
    Leider völlig irreal.

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  5. @Anonym 30 September, 2023 13:59

    Interessant, was Sie aus dem Beitrag herauslesen.
    Dabei wird derartiges dort mit keinem einzigen Wort erwähnt.

    Ich habe das nur als historisches Beispiel genommen um zeigen, dass solche Parteineugründungen (hier eben Roosevelts Progressive Party) zu unerwünschten Wahlergebnissen führen können.

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  6. Verehrter Sandokan,

    "Dabei wird derartiges dort mit keinem einzigen Wort erwähnt."

    "Wer also glaubt noch etwas ändern zu können muss jetzt auf die AfD setzen! Und nicht nochmal 10 bis 20 Jahre lang auf bessere Zeiten mit noch zu gründenden Parteien hoffen."

    Also doch Artikelbezug ?

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  7. @Anonym 30 September, 2023 14:57

    Und wo sehen Sie da jetzt einen Zusammenhang zu folgendem Vorwurf:

    "Jetzt muss sogar die Wahl Wilsons in 19xy dazu herhalten, dass „geheime Mächte“ das „gesteuert“ haben. Meine Güte! So schlicht ist die Welt nicht, dass jede Wahl, in der ein nicht genehmer Mann gewählt wird, ein Betrug war und ein „Deep State“ oder die „Logen“ oder „reiche Juden“ das gesteuert haben."

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