Samstag, 15. März 2025

In der aktuellen "Weltwoche"

von LePenseur
 
 
... findet sich neben manch hinterfragbarer politischer Berichterstattung auch eine Musikkritik der in Wien derzeit ausgebrochenenen "Normitis": gleich an zwei Häusern, in der Staatsoper und im Theater an der Wien wird Bellinis bekannteste Opernkreation derzeit gebracht. Nun denn, hören wir mal in dieses Werk rein, ohne deshalb eine Karte zu erwerben (was einem gestandenen Opern-Muffel wie mir doch einfach zu riskant wäre), also: Youtube angeworfen und rein ins Vergnü...



... oh Gott! Wohin bin ich geraten?!
Schon die Ouvertüre ist eine Zirkusmusik, gegen die ja noch ein Verdi fast ernstzunehmen ist! Man gehe nur bspw. zu min. 1:40 und verzweifle ... Tä-tätä-tä-tä-täh-tätä ... (wie seufzte doch Kaiser Franz Joseph nach der Ermordung seiner Gattin: "Mir bleibt nichts erspart!"). Im Weltwoche-Artikel wird berichtet, daß dieses Meisterwerk des Belcanto lange unverdienterweise ein Mauerblümchendasein geführt habe, bis es von DER Callas wiedererweckt worden sei. Also ehrlich: bei diesem banalen Geplärre von Ouvertüre ist ja jede Operette noch ernste Musik ... Aber Ouvertüre ist noch nicht typisch für Belcanto, da kommt's ja auf den Gesang an ... also auf in den 1. Akt:

Der fängt stimmungsvoll mit herumwandernden Statisten an, die Bühne füllt sich, Gewänder wallen, die Musik ist dunkel und versucht weihevoll zu wirken. Es geht ja um Druiden ... Aber schon bei min. 10:40 ist spätestens der Zauber verflogen und der Chor samt Solo-Baß versuchen sich in ... ja, wie beschreibt man das (LaPenseuse sieht mir über die Schulter und äzt süffisant: "Wenn das beim Stadtfest in Wiener Neustadt von der Blasmusik der örtlichen Feuerwehr gebracht wird, ist das gut als Untermalung zu Grillhendl und Bier. Aber in der Oper ... naja ... Italianità eben!"). Ich scrolle weiter und versuche mein Glück bei min. 21:12. Bad luck: schon wieder Zirkusmusik ... bitte, welchem Menschen mit auch nur einigermaßen intaktem Musikgeschmack gefällt so ein Zeugs mit falsch dahinsüßelnden Terzen in Flöten und Klarinetten! Moritz Gottlieb Saphir hatte schon recht, wenn er Bellini und Donizetti in einer seiner sarkastischen Rezensionen als Produzenten von "Liqueur-Bonbon-Opern" abqualifizierte.  Stimmt auffallend! Der penetrant süßliche Geschmack ist durch 200-jährige Lagerung allerdings nicht besser geworden.

Im Schnelldurchgang treten danach irgendwelche weißgekleideten Damen auf, aha, Druidinnen wohl, die auch nicht belangvollere Töne produzieren. Banalität reiht sich an Banalität ... und bei min. 32:40 versucht sich eine Oberdruidin (in einer Art von Ave-Maria-Persiflage) in Sachen Bedeutsamkeit. Will nicht so recht gelingen, was aber nicht die Schuld der Sängerein ist, sondern eben einfach der Noten, die sie zu singen hat. Bin ich froh, keine Karte gekauft zu haben: trotz altersbedingter Ungelenkigkeit hätte ich spätestens jetzt versucht, mich in den Allerwertesten zu beißen ...

Schnell weiter zu min. 57:30, wo beim Video angezeigt wird, daß die folgenden zweieinhalb Minuten "am häufigsten mehrfach wiederholt" abgespielt wurden. Ich frage mich nur: warum? Sparen Sie sich's, es ist nur Zeitverschwendung. Genauso belangloses Zeug wie davor und danach ... ja, inklusive der Casta Diva-Arie, die man sich ja, wenn man will, von der Callas 1958 gesungen anhören kann. Offengesagt: eine bukolisch dahinschlingernde Kling-klang-Arie, wie zwölf davon aufs Dutzend gehen. Zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus ...

Herbert Rosendorfer schwärmt im Messingherz (bzw. läßt seinen Protagonisten schwärmen, aber das ist nur zu erkennbar bloße Sprechpuppe des Autors) von Bellinis "I Capuleti e i Montecchi": so let's give it a try ... ach, vergebliche Liebesmüh: genauso banale Tingeltangelmusik wie Norma.

Aller guten Dinge sind drei, heißt es (auch aller schlechten?), also zu guter (?) Letzt noch die "Puritani", die letzte Oper von Bellini, bei der Uraufführung gefeiert wie kaum eine andere ... ich mach's kurz und schmerzlos: ja, vielleicht etwas weniger trivial und geschmacklos als die vorgenannten Opern, aber noch immer von erschreckend niveauloser Banalität. Nein, zwischen Bellini und mir kommt es wohl zu keiner Annäherung. Als Cocktail lasse ich mir Bellini noch einreden (obwohl, auch da kenne ich bessere und bekömmlichere Kreationen, außerdem bin ich nicht so ein Cocktail-Fan), aber als Komponist: no way!

2 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  2. Cher penseur, endlich darf ich Ihnen in einer musikalischen Frage uneingeschränkt zustimmen, auch was alle Nuancen Ihrer Formulierungskunst betrifft. Unglaublich welch seichter Mist sich über die Jahrhunderte innerhalb dieser sonderlichen Nische der katselmacherischen Belcanto-Oper gehalten hat...

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