Montag, 27. März 2023

Ein Fall von kultureller Aneignung? – Typisch Frau / Mann oder Divers?

Die Geschichte der Absatzschuhe
von Grantscherben
 

Persien
Bei den ältesten bekannten Schuhen mit deutlichem Absatz handelt es sich um Schuhe von Reitervölkern, Exemplare davon sind unter anderem im Bata Shoe Museum erhalten. Bis heute weisen Reitstiefel stets einen deutlichen Absatz auf, da er Trittsicherheit im Steigbügel ermöglicht. Im Zuge der intensiven diplomatischen Beziehungen durch Abbas I. um 1600 sollen Teile der persischen Kultur, und so auch die Absatzschuhe, nach Europa gelangt und positiv aufgenommen worden sein. Diese Erklärung der Herkunft der Absätze wird vom Bata Shoe Museum vertreten. Daraufhin verbreiteten sich Absatzschuhe in der Zeit des Barocks als repräsentatives Symbol, zunächst für einflussreiche und wohlhabende Personen. Dabei erhöhte sich auch die Absatzhöhe, die unmittelbar mit dem sozialen Rang einer Person in Verbindung gebracht wurde. Teilweise gab es dafür sogar detaillierte Regularien.

Schumuseum Toronto - Bata Shoe Museum

Abbas der Große – einer der bedeutendsten Führer des Iran – war daran interessiert, diplomatische Beziehungen zu Europa aufzubauen. Gleichzeitig hatte Europa, insbesondere England, im vergangenen Jahrhundert Handelsbeziehungen mit Persien aufgebaut. Persien und Europa verband das gemeinsame Interesse, das Osmanische Reich in Schach zu halten. Abbas der Große war sich dessen und der Macht seiner Streitkräfte bewusst: er hatte eine der größten Gebirgsarmeen der Welt und eine, in der jeder Mann hohe Absätze trug. Als sich die Beziehung zwischen den beiden Mächten entwickelte, wurden Absätze schnell von europäischen Königshäusern bemerkt, die sie später übernahmen.

In Europa war es Ludwig der XIV. (Sonnenkönig) der den Absatzschuh populär machte. Er war Trendsetter für opulente und exzessive Mode. Der König war im wahrsten Sinne des Wortes ein „Fashionista“: er bevorzugte nur die luxuriöseste Mode und war ein Fan von Stöckelschuhen.


Höhere Absätze (mehr als 3 Zentimeter) waren zunächst nicht an das Geschlecht gebunden. Dies änderte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts – seitdem wird der erhöhte Absatz fast ausschließlich mit Damenschuhen in Verbindung gebracht, wobei im 20. Jahrhundert High Heels mit noch wesentlich höheren Absätzen als bisher aufkamen. Sehr schlanke Stiletto-Absätze wurden erst in der Nachkriegszeit durch Verwendung besonders festen Stahls möglich. Weite Verbreitung fanden High Heels im Gestalt der Plateauschuhe ab Ende der 1960er Jahre, die den Tragekomfort deutlich verbesserten. Als eine mögliche Ursache dafür, dass sich High Heels im ausgehenden 19. Jahrhundert als explizit weibliche Schuhe wieder verbreiteten, wird das zeitgleiche Aufkommen der (Akt)-Fotografie gesehen, die den Blick auf weibliche Attraktivität und Erotik grundlegend verändert habe.

Zur gleichen Zeit, als Könige versuchten, Absätze als Symbol der Männlichkeit für sich zu beanspruchen, fingen auch Frauen an, sie zu tragen – sehr zur Bestürzung und Verzweiflung vieler Männer.

Die Chopine ist ein historischer Damenschuh mit hoher Plateausohle, der im 15. bis 17. Jahrhundert fast 200 Jahre vor allem in Spanien und Italien in Mode war. Sie sind seit 1438 in Spanien nachgewiesen. Die Sohle war etwa 10 Zentimeter hoch und bestand aus Kork, mit sehr weichem Ziegenleder überzogen. Aufgrund der verbreiteten Mode reichten die Korkvorräte des Landes nicht aus. Ähnliche Sockelschuhe waren auch im 15. und 16. Jahrhundert in Italien bekannt, besonders in Venedig: Dort waren die sich nach unten verbreiternden Sohlen zwischen 25 und 74 Zentimeter hoch. Zur Fortbewegung musste deshalb auf Bedienstete zurückgegriffen werden, die die Damen in diesen Schuhen beim Gehen stützten. Die katholische Kirche soll diese Mode begrüßt haben und italienische Geistliche sollen den Trägerinnen hoher Sockelschuhe bereitwillig den Sündenablass gewährt haben, weil diese sich nicht dem 'Laster' vergnüglicher Tänze hingeben konnten.  

Bild: Aus der Rüstkammer des königlichen Schlosses in Stockholm


Ab dem 18. Jahrhundert verlief die Entwicklung hochhackiger Schuhe für Männer und Frauen deutlich unter-schiedlich. Als die Aufklärungsbewegung aufkam und der Schwerpunkt zunehmend auf Intellekt und Vernunft lag, fingen Männer an, dies auch in ihrer Kleidung widerzuspiegeln: man bevorzugte flachere und robustere Schuhe, während Damenschuhe zierlicher und kunstvoller waren.

20.Jhd. - Klassische High Heels




Erfinder und Vater ist Roger Vivier, ein französischer Modedesigner, der sich auf Schuhe spezialisiert hat. Vivier entwarf High Heels für Dior, ganz im Stil der Haute Couture – exklusiv und beliebt bei den größten Damen wie Grace Kelly und Soraya (Kaiserin von Iran).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbreiteten sich High Heels als betont weibliche Schuhe in den industrialisierten Ländern. Eine der damals prominenten Frauen, die High Heels bei öffentlichen Anlässen trug, war Marlene Dietrich.

Weite Verbreitung fanden High Heels mit Aufkommen der Plateauschuhe Ende der 1960er Jahre, die den Trage-komfort deutlich verbesserten. Anfangs wurden diese Plateauschuhe sowohl von Frauen als auch Männern getragen, dies blieb jedoch eine charakteristische Modeerscheinung der 1970er Jahre. Seither werden High Heels üblicherweise nur von Frauen getragen.

John Travolta Filmausschnitt - Stayin' Alive (Saturday Night Fever)



The Sweet

Üblicherweise nur von Frauen getragen? ....mit der LGBTQI* - Bewegung ist vermutlich auch das bereits wieder Geschichte.



 

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