von Fragolin
Erinnert
sich noch jemand an die NDW-Hupfdohle Fräulein Menke? Naja, meine
Generation wurde in ihrer fortgeschrittenen Jugend und Partyzeit mit
solchen Trommelfellvergewaltigungen permanentbeschallt, und
ich habe mir den Namen gemerkt, weil das sogenannte Lied besonders
nervig war, aber
wir haben es überlebt. Man muss den Namen nicht kennen und auch das
Gekreisch der Maid nicht gehört haben. Ist
sogar besser so. Eine
eventuell ins Auge gefasste zweite Karriere als Jurorin einer
mitternächtlichen krächzende-Teenager-Anschnauz-Show in einem
privaten Spartensender hätte
sich nun auch ebenso
erledigt
wie
ein vielleicht geplantes Comeback mit einem Ballermann-Song,
denn Fräulein Menke beschallte eine Demonstration,
die, nun ja, irgendwas mit gegen Maskenpflicht und Erhaltung der
Grund- und Freiheitsrechte zu tun hatte, nach offizieller Lesart also
eine rechtsextreme Reichsbürger-Zusammenrottung aluhuttragender
Coronaleugner oder sowas war. Auf jeden Fall nicht merkelkonform und
damit gaga.
Tja,
danke für die Erinnerung an die qualvollen Momente meiner Jugend.
Die
Erinnerung an die Berichterstattung in DDR-Medien über die
Zusammenrottungen einer Handvoll konterrevolutionärer und vom
US-Imperialismus gesteuerter Spinner, wenn hunderttausende
Ostdeutsche durch Leipzigs Straßen zogen, lebt ja auch irgendwie
wieder auf.
***
Erstaunlich.
Es gibt Schulen, da fallen die Türen aus den Angeln, Tafeln von den
Wänden und Putz und Lampen von der Decke. Seit Jahren wegen
Geldmangel nicht renovierte Altbauten mit feuchten, seit Jahrzehnten
nicht mehr neu geweißelten Wänden und Schimmel in den Ecken,
zugigen
Fenstern,
maroden deckel- und brillenlosen Toiletten und wegen
Legionellengefahr abgedrehtem Warmwasser. Die Gesundheit der Schüler
ist den Verantwortlichen in Gemeinde, Land und Staat sowas von
scheißegal, dass man es sich kaum vorstellen kann. Kein
Geld, kein Interesse, keine Möglichkeit sich ein Denkmal zu setzen
sondern nur eine unwichtige
Schule
zu renovieren. Und so wird lieber vor einer maroden Schule ein
moderner Kreisverkehr mit einem noch
zusätzlich
Hunderttausende kostenden Kunstwerk aus rostigem Schrott errichtet,
nebst medialem Abfeiern des verantwortlichen Bürgermeisters in allen
Regionalmedien, bevor auch nur ein Cent in eine neue Steckdose in
einer Volksschule investiert wird, die alles andere als kindersicher
ist.
Und
dann, plötzlich, kommt Corona, an dem alte Menschen sterben können
und selbst jüngere krank werden, also ein Vorgang, den man so noch
niemals erlebt hat (hüstel), und urplötzlich wird mit dem
Wundermittel „Mund-Nasen-Schutz“, einer Art Maschendrahtzaun
gegen mikroskopische Keime, die Sorge um die Gesundheit der Kinder
entdeckt. Das heißt, nein, eigentlich ist die Gesundheit der Kinder
den Verantwortlichen auch weiterhin scheißegal, aber die Angst, dass
die Kinder ein Virus in sich tragen könnten, das dann alte Leute
umbringt, die lässt sie schlottern.
Selten
konnte man so überdeutlich sehen, welchen Stellenwert Kinder in
unserer Gesellschaft haben und welchen Stellenwert Alte. Wir tun
so, als würde uns das Wohl der Alten, die aus der Vergangenheit
kommen, und der Drang nach ewigem Leben, mehr am Herzen liegen als
jene, denen die Zukunft gehört. Und
wundern uns dann, wenn wir als Gesellschaft keine Zukunft mehr haben.
Und
das sage ich als, naja, schon ziemlich Alter.
Liebe
Kinder, euer Problem wird nicht das Klima sein. Auch nicht das Virus.
Ich beneide euch nicht.
***
Ach,
habe ich gerade mitbekommen: die AUA legt die knappe halbe Milliarde,
mit der der österreichische Steuerzahler den überteuerten Laden für
seine deutsche Muttergesellschaft retten durfte, zur Bewahrung der
Kaufkraft ihres Top-Managements und damit Unterstützung der
österreichischen Wirtschaft in Bonuszahlungen für ihre
Führungsetage an. Und ich hatte schon befürchtet, es würde sich
nur irgendwer damit bereichern.
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