Sonntag, 17. Mai 2020

Am 17. Mai 1935


... also heute vor 85 Jahren, verstarb einer jener (je nach Blickwinkel) zu beglückwünschenden bzw. zu bedauernden »Ein-Werk-Komponisten«, die natürlich alle nicht bloß ein Werk komponiert haben, jedoch in der Nachwelt (und mit einigem Pech: schon in ihrer Mitwelt) nur mit einem einzigen Werk bekannt geworden sind. Sinding bspw., der meisterhafte Symphonien geschrieben hat (und vieles mehr), muß seinen etwas simplen Ohrwurm »Frühlingsrauschen« eigentlich gehaßt haben! Warum bloß hat das Publikum nicht die recht ähnlich gestimmte, doch weitaus vielschichtigere, meisterhafte 2. Symphonie als Liebling erkoren, statt dieses oberflächlichen Geklingels? Und daß Max Bruch sein landauf, landab gespieltes 1. Violinkonzert im Laufe der Zeit fast schon verabscheute (obwohl es in der Tat eine durchaus gute Kompositionen ist — Glück gehabt!), ist verbürgt.

Andererseits ist natürlich jeder Komponist, der — und sei es eben auch nur mit einem einzigen Werk — sich in das »lebende Archiv der Musikgeschichte«, die gespielten Konzertprogramme, schreiben konnte, zu beglückwünschen — wie viele Meisterwerke schlummern verstaubt in Musikarchiven und Blibliotheken, und werden nie wieder gehört!

Doch zurück zu dem (Un-)Glückspilz, der heute vor 85 Jahren verstarb: Paul Dukas. Ein nicht allzu bekannter Komponist an der Schwelle zwischen Spätromantik, Impressionismus und gemäßigter Moderne, von dem sich eigentlich nur ein einziges Werk bis heute (und das dafür mit großem Erfolg) auf den Konzertprogrammen halten konnte: Der Zauberlehrling, ein Orchesterscherzo nach dem bekannten Goethe-Gedicht, das Dukas 1897 komponierte — und das bis heute als Exempel für »Programmusik« (neben dem Till Eulenspiegel von Richard Strauss) in unzähligen Lehrbüchern für den gymnasialen Musikunterricht dient, wenn auch nur selten in so exzellenter Analyse wie in dem dieser Komposition gewidmeten Wikipedia-Artikel, den man nur zur Lektüre vor dem Anhören der folgenden Aufnahme anempfehlen kann!


In der Tat: ein Meisterwurf von Dukas, der damit dem berühmten Gedicht Goethes durchaus »das Wasser reichen« kann. Doch bei aller Treffsicherheit der musikalischen Umsetzung: wäre nicht ein größeres, ein gewichtigeres Werk aus der Feder dieses offenbar hochbegabten Komponisten zu hören wünschenswert?

Es gibt diese Werke, in der Tat — nur werden sie kaum jemals aufgeführt! Bspw. Dukas' Symphonie in C-Dur, nur ein Jahr vor dem Zauberlehrling entstanden, die in farbenfroher Instrumentation und einprägsamer Thematik und Durchführung quasi ein missing link zwischen der Spätromantik eines Wagner und César Franck und dem feinnervigen Impressionismus von Claude Debussy bildet:


Ein großes Werk in der an »großen« Symphonien nicht eben überreichen französischen Musik des 19. Jahrhunderts (Saint-Saëns möge verzeihen ...), das regelmäßige Aufführungen verdiente!

1911/12 schrieb der inzwischen zum Professor am Konservatorium ernannte Komponist ein Ballett La Péri, dem eine heute noch bisweilen bei Zeremonien erklingende Fanfare vorangestellt ist. Ein Werk von exotischer Schönheit und bestrickendem Klangzauber:


Seine Oper Ariane et Barbe-Bleue (1907), die auf dem Maurice Maeterlincks gleichnamigem Drama basiert, fand zwar Anerkennung, konnte aber erst in letzter Zeit durch einige Aufführungen zu einem Anerkennungserfolg gelangen. Der einzige (Mono-)Mitschnitt, den ich finden konnte, stammt aus 1975, einer RAI-Produktion:



Paul Dukas war als Professor ein verdienstvolle Herausgeber u.a. der Klaviermusik Rameaus, die ihn auch zu einem ebenso originellen, wie hörenswerten Variationenwerk (1901/02) inspirierte:


Der Komponist Dukas war überaus selbstkritisch, und so blieben viele Werke unvollendet, bzw. wurden von ihm vernichtet — deshalb gibt es angesichts einer fast 70 Jahre währenden Lebensspanne nur ein vergleichsweise »schmales« Gesamtwerk von vielleicht zwanzig vollendeten Werken, die er uns hinterlassen hat. Unter diesen befindet sich auch eine entzückende Gelegenheitskomposition, die Villanelle für Horn und Orchester (bzw. Klavier) aus dem Jahr 1905, die es (allerdings nur im engen Zirkel der Hornisten) geschafft hat, sich »durchzusetzen«, denn sie dient den Waldhorn-Studenten für die Abschlußprüfung als gern gewähltes, effektvolles Bravourstück. Und mit diesem sei der kleine Gedächtnisartikel auch beschlossen:




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