von Fragolin
Mal wieder was vom virtuellen Dachboden gekramt, was vor drei Jahren
dorthin verfrachtet wurde aber irgendwie aktuell geblieben ist:
Während hochbezahlte Glaskugel-Schwafler permanent daneben liegen,
hat der "dumpfe" (ganz wichtiger Zusatz, ebenso wie
"dubios" oder "primitiv") Stammtisch meistens
Recht. Der Unterschied liegt eben darin, dass die Schwafler sich
"Experten" nennen und ein jahrelanges Studium zur
Optimierung des Selbstverkaufes absolviert haben (und natürlich das
richtige Parteibuch, also mindestens ein rotes und ein schwarzes, man
weiß ja nie...), weswegen andere Schwafler aus Politik und
Wirtschaft (die ja auch keinen Eierschwamm auf ihr eigenes Geschwätz
von vor dem Frühstück legen) ihnen glauben, während der Stammtisch
"nur" praktische Erfahrung und bis zum dritten Bier
einigermaßen gut geölten Hausverstand hat. Und eben "dumpf"
ist, also "primitiv" und damit latent braun. Nach dem
vierten Bier sagen die eben solche Sachen wie "Neger" oder
"Zigeuner" oder auch "Jehova" und sind deshalb
indiskutabel.
Es ist das Phänomen des Akademikers, wie wir es aus der Wirtschaft
kennen. Nur während der studierte Techniker, mit stolz geschwellter
Brust seinen Ing vor sich hertragend, nach der Übernahme in die
erste Firma erstmal einen veritablen Bauchfleck absolvieren muss um
schmerzhaft den Unterschied zwischen der aus geschützten Werkstätten
vermittelten Theorie und gelebter Praxis zu begreifen, wenn er
versucht einem älteren Facharbeiter zu verklickern, dass er die
letzten Jahrzehnte uneffektiv und ineffizient gearbeitet hat, während
er selbst die geistige Verkörperung höchster Produktivität
darstellt, wenn er versucht, einen Nagel mit der bloßen Stirn in die
Wand zu schlagen, wechseln Volkswirte und ähnliche Gestalten (man
könnte jetzt auch Kommunikationswissenschafter und ähnliche Kernige
Gestalten hernehmen) aus der einen geschützten Werkstatt in die
nächste und brüten dort ihre Weisheit möglichst ohne störenden
Realitätskontakt aus. Und während sich der Ing ein Pflaster für
seinen Dipl auf der Stirn besorgt und lernt, brutzelt die geistige
Inzucht in den virtuellen Realitäten der Master of Desaster fröhlich
neues Selbstbewusstsein aus.
Man könnte eigentlich den ganzen Tag darüber lachen, wenn es nicht
so wäre, dass aus diesen Kreisen genau jene selbstgefühlten
"Eliten" ausflocken, die aus einigen klaren
Hausverstandsregeln einen trübe Brühe pseudowissenschaftlicher
Quasireligion mit schlammigem Schaum aus permanent aufgequirlter
Selbstherrlichkeit kochen.
Durch das Einrühren von 400 Geschlechtern, Binnen-I's, diversity
management, political correctness, Antidiskriminierung und
Klimawandel wird das Ganze dann so gewürzt, bis nicht nur der
Anblick sondern auch der Geruch Brechreiz verursachen und dann wird
uns das Gebräu als Geistesnahrung angeboten. Und wer das dann
ablehnt, der lässt sich - Brechreiz eben - nur von niederen
Instinkten leiten und versteht nicht, dass Medizin eben bitter
schmecken muss.
Volker Pispers, der weit neben dem linken Gleis schon über die
schiefe Ebene des wohlbeschotterten Bahndammes holpert, hat es aber
mal schön auf den Punkt gebracht, was es mit "Analysten"
und "Wahrsagern" so sinngemäß auf sich hat: "Früher
saß das betrügerische Gesindel am Jahrmarkt mit einer Kristallkugel
in Zelten, heute hat es eine Professur an der Wirtschaftsakademie und
die Kristallkugel auf einem Mahagonischreibtisch stehen."
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