Freitag, 9. November 2018

Österreichs 9/11: Ein Spionagefall erschüttert die Republik


Was ist geschehen?
20 Jahre lang
Für Russen spioniert: Offizier kassierte 300.000 €

Geheimschrift, Satellitenkommunikation und tote Briefkästen: Deutlich länger als Oberst Alfred Redl belieferte ein jetzt aufgeflogener Offizier (70) Russland mit Informationen aus dem Bundesheer. Er erhielt dafür 300.000 Euro.

09.11.2018 05:30

[...] Nach den ersten Informationen aus Ermittlerkreisen könnte der vom Salzburger Oberst (70) verursachte Schaden noch größer sein als jener durch die berühmt-berüchtigte Affäre des bekannten k.u.k.-Oberst Alfred Redl (siehe unten): Der Offizier begann seine Spionagetätigkeit bereits in den 90er-Jahren, er war demnach etwa 20 Jahre für Russlands militärischen Geheimdienst aktiv.
(Hier weiterlesen)
Manchmal fragt man sich schon: für wie blöd halten die uns eigentlich? Wer auch nur rudimentär über die Spionagetätigkeit des k.u.k. Obristen Redl informiert ist, weiß, daß damals eine Großmacht (Rußland) die geheimen Militärpläne einer anderen Großmacht (und Österreich-Ungarn war damals eine der sechs europäischen und acht weltweiten Großmächte, wenn auch nur an vorletzter Stelle, aber immerhin!) ausspionierte, und diese Spionageergebnisse u.a. im Ersten Weltkrieg für den recht desaströsen Kriegsverlauf der ersten Monate an der Ostfrront in Galizien verantwortlich waren (bis die deutschen Verbündeten unter maßgeblicher Leitung v. Mackensens die Chose retteten — Gorlice, falls das noch jemandem was sagt ...).

Das heutige Österreich hingegen ist ein militärisch völlig bedeutungsloser Kleinstaat, und durch die Expansion der Nato nach Osten fast ausschließlich von Nato-Mitgliedern umringt (und durch die EU selbst mit der Nato informell verwoben). Dementsprechend verhalten ist der Schockzustand bei den meisten Lesern der KRONE auch ausgefallen. So meinten bspw.
we.can.doitnow
Hat er etwa verraten, dass die (von unfähigen Politikern angekauften) Eurofighter sowieso kaum fliegen können?

Levante.1
Die mahnenden Worte des BK Kurz werden sich die Russen sicherlich zu Herzen nehmen.Hätte nicht gedacht, dass die sich auch für Antiquitäten und Schrott interessieren

Monja123
Wenn sonst nichts geht muss eben ein Fiktiver-Feind geschaffen werden, man sieht das es funktioniert. Jetzt kann man beginnen das EU-Heer aufzustellen.

corvette
Ich verstehe es ja. Die Russen müssen wissen, ob 5 oder 7 unserer Eurofighter flugbereit sind. Bei der Panzerwaffe glauben die eh, wir haben das technische Museum ausgeräumt.

Ach, »Eurofighter« war jetzt natürlich irgendwie ein Stichwort. Die engagierte Internet-Journalistin Alexandra Bader findet auf ihrem stets lesenswerten Blog »Ceiberweiber« klare Worte zu der ganz schrecklichen Affaire:
Ein nicht namentlich genannter Offizier, der seit fünf Jahren in Pension ist, soll beginnend in den 1990er Jahren und bis 2018 dem russischen Militärgeheimdienst GRU Informationen geliefert haben. Dies lässt Journalisten verständlicherweise vor Erregung bibbern, die gewohnt sind, bei Spionage etwa der USA wegzusehen, die gar nicht wissen, wie man diese erkennen kann. Es gab eine kurze Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz  und Verteidigungsminister Mario Kunasek, bei der zu erfahren war, dass Außenministerin Karin Kneissl den russischen Geschäftsträger zu sich zitierte und eine Moskau-Reise absagte. Kunasek hat die Justiz eingeschaltet, sein Generalsekretär Wolfgang Baumann, der selbst vom Heeresnachrichtenamt kommt, hat dieser eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Kurz zufolge wird es sich auch wegen eines weiteren Spionagefalls in den Niederlanden auf das Verhältnis zwischen Russland und er EU auswirken, wobei Spionage natürlich in gar keinem Fall geht. Wirklich?
Tja, schon irgendwie interessant, wie blitzartig unsere Systempresse anspringt, wenn es bloß gilt, die transatlantische Agenda »kein Friede mit Rußland« zu bedienen, und wie schweigsam sie wird, wenn die Spionage unserer »Freunde« in Washington D.C. irgendwo auffliegt. Und hat man irgendwo etwas davon gelesen, daß Österreich seine Kontakte zu Deutschland auf Außenministerebene sistiert hätte, nachdem unlängst folgendes (von garantiert nicht Putin-freundlicher Seite!) berichtet wurde:
Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat in Österreich tausende Ziele im Visier – und das bereits seit den späten 1990er-Jahren. Das geht aus einer Liste an Spionagezielen in Österreich hervor, die STANDARD und "Profil" vorliegt. Der BND nahm Ministerien in Wien, Firmen, internationale Organisationen, islamische Einrichtungen ebenso wie Terrorverdächtige und Waffenhändler ins Visier. Selbst für Universitätsprofessoren interessierte sich der Geheimdienst. Sie alle wurden elektronisch ausgespäht. Das zeigt die Liste sogenannter Selektoren, die fast 2.000 Ziele umfasst: etwa Telefonnummern, Faxanschlüsse, E-Mail-Adressen oder Namen. Die Selektoren sind mit unterschiedlichen Kürzeln versehen: TEF steht etwa für "Terrorismus-finanzierung", GWI für "Geldwäsche International". Die abgefangenen Informationen wurden laut Liste auch mit anderen Geheimdiensten geteilt. Der BND tauschte etwa Informationen mit der US-amerikanischen NSA aus, die ihm dafür Abhöreinrichtungen zur Verfügung stellte.
(Hier weiterlesen)
Und der kurze Hinweis auf Österreichs angeblich »immerwährende Neutralität«? Nun, die war und ist das Bundesgesetzblatt-Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt steht. Man lese in der amtlichen »Wiener Zeitung« vom 15.11.2013, was in der damaligen NSA-Affaire in Deutschland so berichtet wurde:
Bemerkenswert ist, dass dem Heeresnachrichtenamt allgemein ausgezeichnete Arbeit und hohes technisches Niveau attestiert wird; einer nennt das HNA gar "den mit Abstand besten Truppenteil des Landes" – da ist es fast schade, dass das Heer seine heimlichen Stars nicht publikumsgerecht in Szene setzen kann, etwa bei der Show am Nationalfeiertag. Von der ansonsten viel beklagten Ausrüstungsmisere sind die Spione demnach ausgenommen. Tatsächlich dürften Investitionen in die Nachrichtendienste politisch weitgehend unumstritten sein, jedenfalls erfährt man – im Unterschied etwa zu herkömmlichen Waffenkäufen – selten davon. Was die Qualität angeht, so ist ein ehemaliger Spitzenmilitär überzeugt: Man könne "alles abfangen, was gesendet wird", nur bei den Empfängern stehe man, bildlich gesprochen, vor verschlossenen Türen.

Der gute Ruf rührt noch von Zeiten des Kalten Krieges her, als Österreich - mit technischer Unterstützung der USA - jederzeit recht gut über die militärischen Vorgänge jenseits des Eisernen Vorhangs informiert gewesen sei. Und dass HNA & Co auch später sehr wohl zu "liefern" imstande sind, bewiesen sie Ende der 90er Jahre, als sie das Stichwort der serbischen Polizeikräfte für den Angriff auf die albanische Unabhängig-keitsbewegung UCK im Kosovo abfingen.

Österreichs völkerrechtliche Neutralität betrachten die heimischen Nachrichtendienste dabei nicht wirklich als Hindernisgrund, schließlich verlange diese – eng gefasst – lediglich die Nichtteilnahme an militärischen Bündnissen sowie die Ablehnung ausländischer Streitkräfte im Inland. Tatsächlich haben sich auch die Sowjets nie groß über die freundschaftlichen Bande zum US-Geheimdienst beschwert, schließlich war auch im Osten kein Geheimnis, auf welcher Seite Österreich weltanschaulich steht. Im Gegenzug übten die heimischen Behörden eine gewisse Toleranz gegenüber den Aktivitäten von KGB & Co; und schließlich waren auch die wirtschaftlichen Beziehungen Wiens mit dem Osten zum beiderseitigen Vorteil.

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat in Österreich tausende Ziele im Visier – und das bereits seit den späten 1990er-Jahren. Das geht aus einer Liste an Spionagezielen in Österreich hervor, die STANDARD und "Profil" vorliegt. Der BND nahm Ministerien in Wien, Firmen, internationale Organisationen, islamische Einrichtungen ebenso wie Terrorverdächtige und Waffenhändler ins Visier. Selbst für Universitätsprofessoren interessierte sich der Geheimdienst. Sie alle wurden elektronisch ausgespäht. Das zeigt die Liste sogenannter Selektoren, die fast 2.000 Ziele umfasst: etwa Telefonnummern, Faxanschlüsse, E-Mail-Adressen oder Namen. Die Selektoren sind mit unterschiedlichen Kürzeln versehen: TEF steht etwa für "Terrorismusfinanzierung", GWI für "Geldwäsche International". Die abgefangenen Informationen wurden laut Liste auch mit anderen Geheimdiensten geteilt. Der BND tauschte etwa Informationen mit der US-amerikanischen NSA aus, die ihm dafür Abhöreinrichtungen zur Verfügung stellte. - derstandard.at/2000081647150/Die-Liste-Wen-der-deutsche-Geheimdienst-in-Oeste

5 Kommentare:

  1. Der Penseur ist ein vermögender Mann, Geld spielt keine Rolle für ihn. Insofern kann man wohl vermuten, dass er keiner der vielen Lohnschreiberlinge des Kreml ist. Davon abgesehen aber ist dieser Blog ein klassisches Exempel dafür, was die 5. Kolonne Moskaus ist.

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  2. @anonymer Nöler
    Dann suchen Sie sich doch einen linientreuen Blog oder gründen Sie am besten selbst einen, wenn Ihnen die Ausrichtung hier nicht paßt.

    Kein Mensch zwingt Sie, sich hier umzutun.

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  3. Cher (chère?) "Anonym",

    danke für die freundliche Meinung, LePenseur sei "keiner der vielen Lohnschreiberlinge des Kreml". Mit dieser Vermutung liegen Sie ganz richtig — und ich revanchiere mich mit der Gegenvermutung, daß auch Sie kein Lohnschreiberling der Transatlantiker sind, sondern aus innerer Überzeugung (oder beruflicher Verbundenheit mit Ihren Meistern jenseits des Ozeans) ein Mitglied der 5. Kolonne Washingtons sind. Noch, wenigstens — aber vielleicht ändert das diese Antwort ein wenig ...

    Ich bin — und das habe ich so oft (und, wie es scheint, ziemlich vergebens!) geschrieben — generell kein Fan von Großmächten, aber noch weniger ein Fan monopolarer Weltordnungen, und schon überhaupt nicht ein Fan von Globalisten!

    Jetzt stelle ich Ihnen folgende Fragen:

    1. glauben Sie ernsthaft daran, daß die Russische Föderation anstrebt, eine globalisierte Weltordnung zu schaffen?

    2. glauben Sie ernstlich daran, daß die Russische Föderation anstrebt, eine von ihr dirigierte monopolare Weltordnung anstrebt?

    Nun die Gegenfragen:

    3. glauben Sie, daß die USA anstrebt, eine globalisierte Weltordnung zu schaffen?

    4. glauben sie, daß die USA anstrebt, die derzeit von ihr dirigierte monopolare Weltordnung mit allen möglichen Mitteln zu erhalten?

    Wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind, werden Sie die Fragen 1. und 2. als ziemlich abstrus empfinden. Rußland ist in sich als Vielvölkerstaat viel zu uneins, um eine globale Weltordnung zu dirigieren, ja selbst eine monopolare Weltordnung unter ihrer Führung ist eine fast lächerliche Vorstellung. Bei den Frasgen 3. und 4. werden Sie jetzt vermutlich etwas "herumeiern" ...

    Ja, stimmt: Rußland ist ein verdammt großes Land mit verdammt vielen Waffen und einer an Entbehrung und Leid gewöhnten, abgehärteten Bevölkerung. Das macht es de facto unbesiegbar. Napoleon und Hitler konntes es bereits feststellen — wer den Versuch wiederholen möchte, sollte sich warm anziehen (wörtlich und übertragen gemeint) ...

    Im Gegensatz dazu sind/waren die USA die monopolare Weltmacht spätestens seit dem Niedergang der Sowjetunion in den frühen 1980er-Jahren. Daß ein Libertärer und Hayek-Anhänger dem Untergang des Kommunismus keine Träne nachweint, können Sie sich vorstellen — aber das ist eben nur eine Facette der Sache. Die politische Hegemonie der USA, die seit ca. 1990 völlig ungehemmt wie ein Krebsgeschwür die Welt zu überwuchern begann, mag ich ebensowenig wie den Kommunismus. Ich bin nicht gern Lakai eines Machthabers — sei es die eigene Staatsmacht, sei es eine fremde!

    Und noch eines (auch das wurde von mir bereits ad nauseam betont): so wenig, wie ich Lakai sein mag, so wenig mag ich Heuchelei und Messen mit unterschiedlichem Maß aus Opportunitätgründen! Ich bin Realist und abgebrühter Jurist genug, zu wissen, daß es ohne ein gewisses Quantum an Heuchelei und Opportunismus in unserer Welt nicht geht (Michael-Kohlhaas-Typen überleben ihren Starrsinn selten).

    Aber "die Dosis macht das Gift": was heute an transatlantischer Heuchelei in den Medien aufgeführt wird, das widert mich in dieser Konzentration einfach an! Nicht, weil ich so ein Putin-Fan wäre — sondern weil ich seine Verteufelung für Dinge, die von US-Seite ebenso (und noch unverschämter und brutaler) getan wurden und werden, ohne daß man das einer Erwähnung oder gar Verurteilung wert hielte, einfach zum Kotzen finde.

    (Fortsetzung folgt)

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  4. (Fortsetzung)

    Nun, ich erwarte nicht, daß Sie mir in dieser Sicht jetzt öffentlich zustimmen. Aber ich wollte es Ihnen deshalb geschrieben haben, weil es auch Ihre innere Sicht der Dinge verändern wird — wenn Sie dies zulassen ...

    Nochmals Danke für die faire Einschätzung, kein Lohnschreiber zu sein. Nehmen Sie aber zur Kenntnis, daß ich keiner fünften Kolonne Moskaus, sondern der — leider nur allzu schütter besetzten — ersten Vorhut der Kämpfer für eine multipolare Weltordnung angehöre, die versucht, durch die möglichst effiziente gegenseitige Blockade von Hegemoniebestrebungen der Großmächte wieder das klassische Konzept des 19. Jahrhunderts vom "Konzert der Großmächte" zur Wirksamkeit zu bringen.

    denn in einem gelungenen Konzert spielen ja auch nicht nur die ersten Geigen — sondern alle Instrumenten in Abstimmung miteinander ...

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  5. Cher (chère) "Anonym" (von 19:46),

    nicht gleich so heftig! Diskussion und Kritik war im LP-Blog immer erlaubt.

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