Muss man sich beim Brückenbauen wirklich so verbiegen?
Kontakte zum Iran sind nötig, um das Atomabkommen zu retten. Aber allzu gemütlich sollte es für den Präsidenten eines Unrechtsregimes auch nicht sein.[...]Bei den gemeinsamen Pressekonferenzen Rohanis mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Kurz waren keine Journalistenfragen zugelassen. Offenbar aus Rücksichtnahme auf den iranischen Gast, um ihm die Konfrontation mit unangenehmen Themen zu ersparen. [...]Unangenehme Themen hätte es jedenfalls genug gegeben, zu denen der iranische Präsident bei der Pressekonferenz Rede und Antwort hätte stehen sollen: Die Unterdrückung der Opposition. Die verheerende Menschenrechtslage in seinem Land [...]
Zugleich hat sich in Wien zuletzt die Unsitte eingeschlichen, dass Pressekonferenzen mit internationalen Besuchern immer wieder zu reinen Statement-Vorträgen verkommen. Das war etwa auch der Fall, als Kurz die letzten Male mit EU-Ratspräsident Donald Tusk vor die Journalisten trat. (Hervorhebung durch LP)
Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.wobei heute die »200 reichen Leute« längst durch Lobbying-Gruppen und politisch eng vernetzte Seilschaften ersetzt wurden. Am grundlegenden Befund ändert dies jedoch exakt — nichts!
Dasselbe wurde übrigens schon im 19. Jahrhundert von John Swinton, einem der einflußreichsten Journalisten seiner Zeit in New York, offen eingestanden:
Meinungshuren, die erwünschte Leitartikel schreiben, alterieren sich über Rückgratverbiegungen — ja, das hat was! Nämlich was von Heuchelei ...1880 war John Swinton Ehrengast bei einem Bankett, das ihm die Führer der Zeitungs- zunft ausrichteten. Jemand sprach ehrende Worte über die unabhängige Presse. Swinton antwortete (Übersetzung):„So etwas gibt es bis zum heutigen Tage nicht in der Weltgeschichte, auch nicht in Amerika: eine unabhängige Presse. Sie wissen das, und ich weiß das. Es gibt hier nicht einen unter Ihnen, der es wagt, seine ehrliche Meinung zu schreiben. Und wenn er es täte, wüsste er vorher bereits, dass sie niemals im Druck erschiene. Ich werde wöchentlich dafür bezahlt, dass ich meine ehrliche Meinung aus dem Blatt, mit dem ich verbunden bin, heraushalte. Andere von Ihnen erhalten ähnliche Bezahlung für ähnliche Dinge, und wenn Sie so verrückt wären, Ihre ehrliche Meinung zu schreiben, würden Sie umgehend auf der Straße landen, um sich einen neuen Job zu suchen. Wenn ich mir erlaubte, meine ehrliche Meinung in einer der Papierausgaben erscheinen zu lassen, dann würde ich binnen 24 Stunden meine Beschäftigung verlieren. Das Geschäft der Journalisten ist, die Wahrheit zu zerstören, schlankweg zu lügen, die Wahrheit zu pervertieren, sie zu morden, zu Füßen des Mammons zu legen und sein Land und die menschliche Rasse zu verkaufen zum Zweck des täglichen Broterwerbs. Sie wissen das, und ich weiß das, also was soll das verrückte Lobreden auf eine freie Presse? Wir sind Werkzeuge und Vasallen von reichen Männern hinter der Szene. Wir sind Marionetten. Sie ziehen die Strippen, und wir tanzen an den Strippen. Unsere Talente, unsere Möglichkeiten und unsere Leben stehen allesamt im Eigentum anderer Männer. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“
Auch beim Staatsbesuch des ukrainischen Präsidenten Poroschenko, einem der ärgsten Faschisten in Europa, im Februar in Wien (u.a. beim engagierten Antifaschisten van der Bellen) war die Kritik eher verhalten.
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