von Fragolin
Die Mannschaft hat gewonnen. Das nationslose multiethnische
Erfolgsteam hat trotz des hohen Bayern-Anteils voll und ganz die
Merkel-Doktrin eingehalten und das Tor weit offen gehalten und den
Ball, der ein Recht hat, in jedes Tor zu fliegen, in das er fliegen
möchte (Kein Ball ist illegal!), freudig durchgelassen. Die
gestrengen Regeln des immer noch ewiggestrigen Fußballverbandes
sehen leider nicht vor, dass die Mannschaft das Überrollen der
eigenen Torgrenzlinie mit freudigen Gesängen „Say it loud, say it
clear, all your balls are welcome here!“ und dem Bewerfen des
Balles mit Teddybären erlaubt; aber vielleicht ist ja gerade diese
Demonstration grenzenloser Offenheit des Tores der Mannschaft genau
jener Ball des Anstoßes, durch den die verstockten alten weißen
Männer jeden Alters und jeder Hautfarbe aufgerüttelt werden und dem
Fußball endlich ein neues, weltoffenes Gesicht geben. Denn allen
nationalistischen Schenkelklopfern der fußballerischen Feindnationen
zum Trotz, die jetzt glauben, „Doitschland is rahaus!!“ hat die
Mannschaft die Weltmeisterschaft der Toleranz und Weltoffenheit, der
Herzlichkeit und des Antinationalistischen No-Borderismus klar und
mit höchster Punktezahl für sich gewonnen!
Der dumpfe Stadionpöbel ergeht sich noch in tränendrückenden
dunkeldeutschen Emotionen, während die Mannschaft ihren wahren
fulminanten Siegt feiert. Wenn nur alle so wären, nur noch als
Mannschaft, als Team auftreten, als wesenloser Schwarm bar jeder
kulturellen oder gar nationalistischen Prägung, keinem Staat und
keiner Nation zugehörig sondern der ganzen Welt und der ganzen
Menschheit, dann könnte endlich jenseits der ewiggestrigen
engstirnigen Fahnenschwenker, die bunte Lappen brauchen um sich ihrer
eigenen Identität zu versichern wie eine Blondine den Knopf vom
mp3-Player im Ohr, durch den sie die permanente Anweisung „Einatmen
– Ausatmen – Einatmen – Ausatmen...“ bekommt, nur noch um des
Fußballspielens willen Fußball gespielt werden.
Dem Gebot der Antidiskriminierung folgend müssen alle Spieler das
gleiche Trikot tragen, einfaches Grau, und es müssen alle mitspielen
dürfen, die wollen, auch wenn sie adipös daherschnaufende
Vier-Zentner-Walzen unbestimmten Geschlechtes sind, denn jeder muss
ja die Chance bekommen, einmal bei einer
FußballmenschInnenschaftsmeisterschaft mitzuspielen. Jeder darf nach
Belieben die Seite wechseln, kein Tor wird bewacht, freie Bahn für
freie Bälle heißt die Devise, und das menschenleere Station ist
befreit von dumpfe Gesänge Grölenden und heißblütig Ausrastenden
wenn der Videorichter das hundert zu hundertsieben verkündet, mit
dem endgültig jedem klar gemacht wird, dass die Mannschaft gegen die
Mannschaft gewonnen hat und eigentlich immer die Mannschaft gewinnt,
egal welche.
Das Match erreicht damit nicht nur die neue moralische Überlegenheit
einer Festansprache von Angela Merkel, sondern auch deren Spannung
und Begeisterungskraft, die man nur noch toppen kann, indem man einer
frisch gestrichenen Wand beim Trocknen zuschaut. Das Gevölke wird
tiefenentspannt und deradikalisiert. Außerdem müssen mindestens
zwölf weitere Sattelschlepper mit Bier nicht zum Nachbunkern der
Vorräte der deutschen Fans nach Russland gekarrt werden und an
mehreren Abenden werden in deutschen Großstädten hupende Autokorsos
ausfallen.
Also alles in Allem ein voller Erfolg.
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