Dienstag, 6. März 2018

Der Stiefel, der Brüssel in den Hintern tritt.

von Fragolin

Italien hat gewählt. Und unsere Medien haben sich verschluckt.
Was so sicher war wie das Amen im Gebet am Tisch des Paten, war das sofort aufbrandende und inzwischen genügend einstudierte Entsetzen über den schrecklichen „Rechtsruck“ in Italien. Als ob das nicht ein angekündigter Erfolg wäre.
Ein Gespenst geht um in Europa.
Es ist das Gespenst der Leute, die die Schnauze voll haben.
Und natürlich sind diese Leute selbst schuld daran, die Schnauze voll zu haben.

Kennt man doch.
Wenn einem der versalzene Fraß des Schwiegermonsters nicht schmeckt, ist man auch selbst schuld. Man muss nur seine Einstellung ändern und schon munden die verbrannten und versalzenen faschierten Laibchen (vulgo Buletten) wie Carpaccio mit Rucolapesto. Oder etwa nicht? Das ist doch genau die Logik der Empörten: wenn einem die neue Buntheit mit ihren Messerstechereien, ihrer Verachtung für die deutschen Köter, ihrer Kultur des Vollzugs einer Scheidung als einschneidendes Erlebnis, ihren anhänglichen Gemahlinnen (zur Not auch per Frisur an die dafür vorgesehene Autokupplung geknotet), ihrem auf imperialistischer Missionierung aufgebauten Götzenglauben, ihren Stoffsäcken und ihrer folkloristischen Einstellung zum Leben auf Kosten der Anderen nicht gefällt, dann liegt das eben nicht an den aufgezählten Ungustiositäten sondern einzig am verstockten teutonischen Naziwesen, das sich einfach nicht aufraffen möchte, sein Zusammenleben täglich auszuverhandeln sondern am Bestehenden störrisch festhält.

Wir sind angehalten, endlich das Schöne, die Bereicherung zu erkennen und zu akzeptieren! Dieses süße Kribbeln im Bauch, das Frauen abends allein auf der Straße empfinden und dieser Schauer, wenn sie sich in der Straßenbahn allein mit einer Horde glutäugiger arabischer Junghengste wiederfinden, das ist doch viel schöner als die langweilige Sicherheit vergangener Jahre! Wir nehmen unsere Umwelt viel wacher wahr, seit wir uns bewusst sind, dass jeder Aufenthalt zu nahe an der Bahnsteigkante mit einem Kuss der Puffer enden kann oder in unschuldig an Laternenpfählen abhängenden langweiligen Mistkübeln eine versteckte Nagelbombe ticken könnte. Wir sehen Rucksäcke endlich wieder ganz bewusst, achten auf Muster herumlungernder „Männer“-Gruppen in der Bahnhofshalle, auf mögliche Fluchtwege und gelegentlich die neue Buntheit blutverschmierter Gehsteige.

Und so scheint es inzwischen auch immer mehr Italiener zu geben, und das will was heißen wenn man sich deren südländische Lebensvorstellungen so anschaut, die sich verstockt weigern, die Bereicherung anzunehmen, weil selbst ihnen das Unwesen zu weit geht, das in ihrem Land überhand nimmt. Zusätzlich zum Unverständnis, warum man auch Jahre nach einem schweren Erdbeben noch immer Leute in Notunterkünften wohnen hat, die alles verloren haben, während man Nordafrikaner per Flugzeug ins Land karrt, vollversorgt und mit Wohnraum beschenkt. Der tumbe Pöbel ist halt neidisch, wenn er sieht, wie er selbst bei der Versorgung mit dem selbst Erarbeiteten, wenn es ihm doch mal dreckig geht, geschnitten wird, während man anderen, die nie einen Finger dafür krumm machen werden, vollversorgt und pampert.
Und deshalb, wie gesagt, kein Wunder dieses Wahlergebnis. Reine Logik. Höchstens erstaunlich, dass die Verantwortlichen überhaupt noch eine einzige Stimme außer ihrer eigenen reißen.

Jetzt ist sogar Berlusconi zu weit mittig.
Übrigens fand ich witzig, dass eine Femen-Tussi geglaubt hat, Berlusconi damit zu beeindrucken, ihm ihre mickrigen Möpse vors Gesicht zu halten. Wir reden von Berlusconi. Der hat schon mehr Möpse gesehen als seine ganzen Konkurrenten zusammen. Der wird sich höchstens gedacht haben: „Schon volljährig – zu alt!“ und ist unbeeindruckt seiner Wege gegangen.

Doch zurück zum Entsetzen und dessen medialer Aufarbeitung.

Angst vor Pakt der Populisten in Italien“

...titelt reißerisch wie ein linkes Boulevardblatt der immer weiter sich zu einem solchen entwickelnden „Standard“ (deshalb besuche ich den so gerne, das ist Niedergang journalistischer Qualität von seiner schönsten Seite). Man muss dann auch den Artikel bis zum Ende lesen, um herauszufinden, wer sich da fürchtet, nämlich „die EU“. Weil Italien jetzt zum Stiefel werden könnte, der Brüssel in den Hintern tritt. Oder sogar noch empfindlichere Teile.
Gut. So passt das.

Erstaunlich ehrlich allerdings die Erkenntnis, was zu diesem Ergebnis geführt hat:

Die Wahl bedeutet aber auch: Grenzen dicht. Zählt man zu den Wählern des M5S und der Lega die anderen Rechtsparteien dazu, addiert sich die Zahl der Italiener, die keine Migranten mehr wollen, auf rund 70 Prozent.“

Sieht so aus, als ob die größte Furcht der EU darin besteht, dass man immer deutlicher sieht, dass ihre Völkerverschiebung in der Bevölkerung keine Mehrheit hat. Dass sie gegen die Mehrheit der Menschen in der EU steht und damit antidemokratisch und gegen die eigenen Verträge verstoßend agiert. Das zu viele Leute immer deutlicher erkennen, was sich hier abspielt, und ihren Unmut darüber artikulieren.

Nach den noch als fulminanten Siegen des Lichtes über die Mächte der rechtspopulistischen Finsternis abgefeierten Wahlerfolgen von Macron und Van der Bellen ist es für die Vereinigung von Linken und nibelungentreuen EU-Vasallen wieder verdammt eng geworden. In Österreich sitzt die FPÖ in der Regierung, in Italien wird es bald die Forza und die M5S sein, überall (außer in Kärnten, wo die Uhren anders ticken) fahren die Linken und die Willkommensklatscher desaströse Ergebnisse ein und befinden sich im freien Fall. In einigen Umfragen in Deutschland hat die AfD die SPD bereits eingeholt; die treffen sich bei der Abwärtsbewegung der Roten und der Aufwärtsbewegung der Blauen bereits bei etwa 16%.

Da brodelt etwas, da braut sich etwas zusammen, und man muss es ehrlich sagen, es ist eben nicht die Verstocktheit und Sturheit Ewiggestriger sondern das Versagen der selbstgefühlten Eliten, die glauben, nicht sie sondern das Volk wäre das Problem, hat die Leute den Protestparteien in die Arme getrieben. Oder um es anderes zu sagen: Wenn ich das Risiko bewerten soll betreffs Niedermessern, Vergewaltigen oder Sprengen durch einen Bereicherungswillkommenen oder einen Identitären, fällt mir die Prioritätenreihung nicht allzu schwer. Und immer mehr anderen Menschen geht es genauso.
Die Burschis mögen seltsame Lieder singen und der Eine oder Andere mag einen festen Knall haben, aber die sind eher nicht dafür bekannt, sich ihre Sozialhilfe mit Drogenverkäufen an Minderjährige aufzufetten, vor lauter Frust Passanten in die Luft zu sprengen oder sich mit der Machete scheiden zu lassen. Sie mögen seltsame Leute sein, aber mit seltsamen Leuten habe ich weniger Probleme als mit primitiven Gewalttätern, die ihr persönliches Frühmittelalter nicht nur im Kopf sondern auch noch aufgeklappt in der Tasche tragen.
So gesehen freue ich mich für Italien und die Italiener. Ich hoffe, es bringt ihnen was.
In Österreich bin ich mir da nämlich nicht allzu sicher.
Da ist bisher nicht viel geschehen in der Richtung, für die diese Leute eigentlich gewählt wurden.
Kommt vielleicht noch.

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