Mittwoch, 1. November 2017

Leichenfledderei

von Fragolin

Wie gestern versprochen (oder angedroht, das ist reine Ansichtssache) geht es heute nochmal zu dem Interview des „Vermögensforschers“, Propagandapyramidenbastlers und ÖNB-Bankers Martin Schürz, den ideologisch offensichtlich weniger als zwei Punkte und ein Konsonant von einem gewissen Deutschen Wirtschaftserfolgreichen und Politikwunderwuzzi trennen, im „Standard“.

Mir ist bewusst, dass die Leute lieber über ihre sexuellen Praktiken sprechen als über ihre Vermögensverhältnisse.“

Ach, tun sie das? Muss lustig zugehen in der ÖNB-Kantine.

Dennoch geht es alle etwas an, wie der Reichtum verteilt ist:“

Nein, geht es nicht. Und ein Banker, der eine solche Aussage tätigt, gehörte aus meiner Perspektive als Bankkunde sofort gefeuert.

Wenn eine Gesellschaft nicht über die Ressourcen der Menschen Bescheid weiß, lässt sich auch nicht beurteilen, wie einzelne politische Maßnahmen auf diese Menschen wirken. Ausgewogene Wirtschaftspolitik wird so unmöglich.“

Meine nächste Frage wäre, was er meint, welche Rolle die Politik in der Wirtschaft innehat, also außer dem saftigen Mitschneiden an Wertschöpfung und Vermögensaufbau. Was versteht er unter dem hingeworfenen Worthäppchen „ausgewogene Wirtschaftspolitik“?
Aber gut, im „Standard“ interessiert das nicht so, also weiter.

Neid sei das einzige Motiv, das sich Geldmenschen bei ihren Gegnern vorstellen wollen.“

Falsch. Neid ist eines der Grundmotive, die uns generell antreiben.
Da gab es diverse Studien und Experimente, das bekannteste wohl das, wo Menschen Geld angeboten wird, das sie nur behalten dürfen, wenn sie einem Zweiten einen Anteil anbieten und dieser sofort annimmt. Nennt sich „Ultimatumspiel“.
Also, es ist nicht ein Phantom der „Geldmenschen“, dass Menschen mit weniger Geld auf deren Geld und das, was es ihnen ermöglicht, neidisch sind, sondern es ist eine mehrfach bewiesene Tatsache. Neid ist einer der stärksten Antriebsfaktoren für Leistung. Neben Gier.

Diese Debatte dreht sich nicht um Neid, sondern um Leistung.“

Nein. Denn es wird immer und immer wieder auf das Feindbild des kapitalistischen Unternehmers eingedroschen. Wie viele Millionäre sind eigentlich Spitzenbeamte, Politiker, Wissenschaftler, Künstler, Sportler und wie viele Kleine und Mittlere Unternehmer? Na?? Wieso will man hier dem Bauern an die Großkeischen samt Scheune und Kuhstall, die über Generationen gebaut wurden, aber lässt die Kunstsammlung des Schickeria-Schnösels außen vor, der seinen Posten im Speckrand der Politik ebenso seinem Papa zu verdanken hat wie der Bauer seinen Hof? Wenn man sich die Namenslisten der Hochpolitik wie im roten Wien anschaut, da herrscht ja reine Inzucht. Da wird die ganze Familie nach Orchideenstudium oder zumindest Waldorfmatura am Steuertopf untergebracht und dann über das Erbe des Unternehmersohnes gemault.

Wenn es um Leistung geht: Der Unternehmenserbe hat oft schon Jahre, ja Jahrzehnte im elterlichen Unternehmen gearbeitet und zu dessen Wert (voll besteuert) beigetragen und soll nun faktisch nur noch eine Strafsteuer auf den Tod seines Vaters zahlen. Für Parteibonzenkinder reicht oft, einfach den richtigen Namen zu tragen, um irgendwo im Netzwerk des Papas wohlversorgt zu werden. Wollen wir hier wirklich einmal eine Leistungsdebatte im Land?
Von mir aus gerne, ich bin dabei!

Wenn Arbeit besteuert wird, ist es ungerecht, leistungsloses Erbe zu schonen.“

Schön, dass „Gerechtigkeit“ ins Spiel kommt, der in fast jeder Neid-Debatte gezogene Wieseljoker. Na bitte, ich habe den auch im Skat: Wenn Arbeit bereits besteuert wurde, ist es ungerecht, das Ergebnis dieser Arbeit nochmals zu besteuern. Und nun? Patt?
Man könnte ja glatt auf die Idee kommen, zu fordern, Arbeit generell nicht mehr zu besteuern sondern nur noch Konsum. Nur wer konsumiert, muss dafür Steuern zahlen. Faktisch eine Umsatzsteuer (Hoppla, die haben wir ja schon…). Sozial gerecht, administrativ anspruchslos und bis heute von keiner Regierung mit Rot-Überschuss auch nur angedacht. Oh, warum wohl? Weil sie mit weniger Kohle nicht auskommen? Weil es nie genug ist?

Immerhin muss der Staat ja ordentlich Kohle einnehmen, um sich die selbst beim Rechnungshof bekannten Besoldungs- und Pensionsregelungen der ÖNB leisten zu können – und jetzt, lieber Herr ÖNB-Banker mit den Wohlerworbenen Rechten, komme er mir ja nicht mir Neid, ich frage nur nach Gerechtigkeit. Wenn ASVG-Pensionisten auch aus gut dotierten Angestelltenpositionen nur ein besseres Ausgedinge bekommen, ist es dann gerecht, dass ÖNB-Angestellte mit besonderen Sonderbezügen aus dem Steuertopf, den auch die normalen Angestellten mit ihren Abgaben gefüllt haben, ihre Pension über Gebühr auffetten?
Ich meine, wenn schon Gerechtigkeitsdebatte, dann schon umfassend, oder?

Die Leistung besteht darin, aus der richtigen Gebärmutter zu schlüpfen...“

Oder bei der richtigen Bank unterzuschlüpfen, die nicht allein aus Kundengebühren und Zinserträgen ihre Angestellten entlohnt sondern einen Sonderzugriff auf den Steuertopf hat? Wo beginnt eigene Leistung und wo endet sie? Und wer ist berechtigt, sie zu bewerten? Leute, deren Leistung darin besteht, den richtigen Protegee zu haben, einem ideologischen Sugardaddy die mentalen Beine breit zu machen?

Doch kommen wir zu einem ganz besonderen Leckerli, als der „Standard“ (dem eigentlichen Zweck des Interviews näherkommend) vorlegt:

Sebastian Kurz sagt, man müsse das aus der Sicht des Erblassers sehen.“

Ach ja, es geht nicht ohne Hinweis auf den neuen Gottseibeiuns der Linken.
Aber die Entgegnung des „Reichtumsforschers“ ist wirklich appetitlich:

Wieso? Der ist ja tot.“

In dieser kurzen Bemerkung steckt die ganze widerliche Menschenverachtung dieses Geldbeutels. Mir sind zehn „Reiche“, die sich ihr Vermögen durch unternehmerische Tüchtigkeit verdient haben, im Gesicht lieber als nur ein solcher steuergeldgemästeter „Vermögensforscher“, oder besser, „Argumentationslieferant für die Linkspropaganda“ am Hintern. Als Kleinunternehmer kenne ich viele kleine und mittlere Unternehmer, und erlebe im Kreis dieser Leute immer wieder sehr viel Vernunft, Logik, Menschlichkeit und auch Gerechtigkeitsempfinden. Aber kaum kommt man in parteipolitisch besetzte und von Steuergeld gemästete Kreise, erlebt man Präpotenz, Überheblichkeit, Menschenverachtung pur.
Was schert es euch, was mit eurem Geld passiert, wenn ihr eh hinüber seid? Da könnt‘s das gleich bei uns abliefern als eurer faulen Brut hinten reinzustopfen!“
Danke, wir haben verstanden. Darum geht es bei der „Erbschaftssteuer“ und der „Vermögenssteuer“. Nicht um den „Neid“ der Ausgesackelten, sondern um eure Gier, eure blanke, nackte Gier nach jedem Cent, den ihr raffen könnt, und sei es der Silberling aus dem Totenhemd.

Die Antwort ist nämlich bekannt. Es ist die Antwort auf die Frage, ob es jemandem nicht peinlich ist, eine Leiche auf dem Schlachtfeld zu fleddern und ihm die Goldzähne auszubrechen.
Wieso? Der ist ja tot.“
Alles klar.

Wer viel besitzt, kann Politik beeinflussen, sei es in der Rolle eines Medieneigentümers oder eines Milliardärs, der selbst in die Politik geht. Reiche Menschen verletzen damit das Ziel der politischen Gleichheit.“

Hahaha, was für ein Komiker! Unsere Politik wird von Medienorgeln beeinflusst, die über den Umweg Staatsbesitz fest in der Hand der Parteihäuser sind, deren Führer meist alles andere als Milliardäre sind: Parteifunktionärskinder mit Parteiakademieabschluss und Zusatzqualifikation Taxischein oder Quasselstudium mit Unterbringung in geschützten Werkstätten, gescheiterte Existenzen und abgewrackte Gestalten, die ohne ihre Partei genau gar nichts wären.
Der einzige Milliardär der hier mal was politisch bewegen wollte, wurde von genau diesen Medienorgeln zerlegt und vom einseitig informierten Wahlvolk erwartungsgemäß in die Bedeutungslosigkeit geschoben. Seine Partei bleibt eine kurze Randnotiz in der Politikgeschichte der Zweiten Republik. Nach der Theorie dieses „Forschers“ müsste Stronach heute Bundeskanzler sein.

Das Ziel der politischen Gleichheit (Wer hat das eigentlich als Ziel ausgerufen? Wessen Ziel ist das?) wird durch etwas anderes verletzt: Das Parlament, unser Nationalrat, ist überproportional gefüllt mit Beamten. Was das heißt versteht jeder denkende und die Grundrechenarten beherrschende Mensch. Da muss ich nichts mehr dazu sagen, oder? Verwaltungsreform ist heute nicht das Thema (und aus diesem Grund in Österreich seit Jahrzehnten nicht und wahrscheinlich eh nie…).

Es geht um unser Geld.
Sie wollen es haben.
Egal mit welcher zynischen Begründung.
Zusammengefasst: Der Erbe bekäme es eh „leistungslos“ und der Alte ist ja sowieso hinüber, dem kann‘s ja wurscht sein. Das Argument der Leichenfledderer.
Dass es der Staat dann ebenso leistungslos bekommt, denn zum Erben trägt er nichts bei, ganz im Gegenteil, der verdient bei dem teuren Spiel einen Angehörigen unter die Erde zu bekommen noch ordentlich mit, wird lieber nicht erwähnt.
Wie gesagt: Einer Diskussion über „Leistung“ mit Spitzenbeamten, Parteifunktionären, Kämmerern und anderen Pfründehockern stelle ich mich gern. Das wird sicher lustig. Die suchen sich ganz schnell ein anderes Argument.

Denn eines bleibt mir noch den „Reichen“-Hetzern ins Stammbuch zu pinseln:
Ein "Vermögen" von weit mehr als einer Million hat ein Bauer mit Haus und Stall und Feldern plus Traktor. Der muss nicht nur jeden Tag für sein Einkommen arbeiten, da muss der Sohnemann auch mitmachen, und das Jahrzehnte, bevor er die Keischen erben darf.
Und dazu darf er sich von Parteifunktionären aus dem lebenslang geschützten Bereich vorwerfen lassen, nach 40 Jahre Arbeit am Hof würde er den "leistungslos geschenkt" bekommen.
Meine Fresse, und ich dachte, ich wäre zynisch.

Nur weil diese Leute sich nicht vorstellen können, dass das Vermögen, das da vererbt wird, nicht nur von den Eltern allein sondern auch unter Mitarbeit der Kinder erarbeitet wurde, tun sie so, als wäre Erbschaft etwas, was Leuten zum 18. Geburtstag einfach so passiert. Realitätsfern auf die eigene Lage fokussiert, die von Wohlversorgung in einem Abzockernetzwerk ausgeht und nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung hat, wie Vermögen im Alltag der Kleinunternehmer aufgebaut wird. Ist auch egal, denn es geht ja nur um eines:
Leichenfledderei.

1 Kommentar:

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