Freitag, 14. Juli 2017

Jüngst kam ich auf Youtube

... auf einen Filmmitschnitt aus dem Jahre 1954. Beethovens Symphonie Nr. 7 – Fritz Reiner dirigiert »sein« Chicago Symphony Orchestra:


Unerhört präzise Zeichengebung, fast nur mit der Rechten, die den Taktstock (Reiner verwendete ein besonders langes Exemplar) führt, die Linke modelliert nur an einigen, besonders »heiklen« Stellen die Intentionen des Maestro. Eine Exaktheit und Perfektion, die beeindruckt — und doch irgendwie kalt läßt ...

Zum Vergleich eine Interpretation durch Herbert von Karajan (von wann und mit welchem Orchester konnte ich leider nicht feststellen):


Energiegeladen, und wohl nicht nur wegen der etwas schnelleren Tempi. Insgesamt mitreißender als Reiners Gestaltung des Werkes. Nein, es liegt definitiv nicht allein an den Tempi! Dort, wo Karajan nur 33:25 min braucht (zum Vergleich: Reiner, den Auftritts- und Schlußapplaus abgerechnet, ca. 36:40 min), läßt sich Karl Böhm mit den Wiener Philharmonikern für die Symphonie gar 39:40 min Zeit, ohne daß das Werk deshalb auch nur ein Jota an innerer Spannkraft verlöre:


Zum Vergleich noch zwei »historische« Aufnahmen. Zunächst die Wiener Philharmoniker unter Felix von Weingartner (Aufnahme vom Februar 1936); Weingartner nimmt durchaus nicht langsame Tempi, ohne deshalb je hektisch zu wirken — und seine Rubati sind immer der inneren Logik des Werkes geschuldet:


Die unlängst bei seinem Gedenkartikel auf diesem Blog zitierte Anekdote über die richtigen Tempi bei Beethovens 5. Symphonie kann durchaus auch auf dessen 7. Symphonie angewandt werden!

Wieder anders wirkt die Interpretation von Furtwängler: gleiches Orchester, Aufnahmedatum wird wohl in den 40er- oder frühen 50er-Jahren anzusetzen sein. Ein wenig langsamere Tempi (ca. 37:30 zu Weingantners 35:10 min), aber dadurch die für Furtwängler so charakteristische »Dichte« seiner Beethoven-Interpretation:


Ach, es gibt mehr gute Interpretationen großer Werke, als man in einem ganzen Menschenleben anhören kann ...




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