Donnerstag, 18. Mai 2017

Woher der Fisch stinkt

von Fragolin

Generell bin ich dafür, Staat und Kirche sehr strikt voneinander zu trennen, und begrüße deshalb auch Regelungen, die es Staatsbeamten (und damit auch Lehrern) verbieten, ihre Religion deutlich vor sich herzutragen. Das Verbot primärer religiöser Symbole wie in Berlin geht in Ordnung, aber ich finde es absolut witzig, was jetzt daraus gemacht wird.
Erwähnenswert finde ich übrigens die Handlungsrichtung: während Kopftuchträgerinnen wegen angeblicher Diskriminierung das Land klagen, geht das Land seinerseits disziplinarisch gegen Trägerinnen christlicher Symbole vor. Das sollte man ruhig im Hinterkopf behalten, in welche Richtung hier die Hasen laufen.

Im vorliegenden Falle hat sich also eine Lehrerin demonstrativ ein ziemlich großes Kruzifix um den Hals geschnallt. Da im Artikel auch von „Kreuz“ die Rede ist, muss ich (mal wieder, herrje...) die Schlampigkeit der Berichterstattung kritisieren. Es macht nämlich durchaus einen Unterschied, ob es sich um ein Kreuz oder ein Kruzifix handelt. Aber ob man das in den Redaktionsstuben von außerhalb der Stadtgrenzen eher unbedeutenden Berliner Provinzpostillen weiß, sei dahingestellt. Jedenfalls wurde ihr, also der Lehrerin, dringend nahe gelegt, im Sinne der Fortführung ihrer Karriere den Angenagelten nicht mehr während ihrer Dienstzeit zur Schau zu tragen.
Geht für mich abseits jeder Diskussion um die Berechtigung irgendwelcher Beschwerden von Muslimen absolut in Ordnung. Dass es ausgerechnet religiöse Fanatiker sind, die sich von religiösen Symbolen anderer gestört fühlen, ist ja nur ein Treppenwitz am Rande dieser Geschichte. Ebenso wie der, dass ausgerechnet die angeblich atheistischen und säkularen Linken den religiösen Fanatikern den Teppich ausrollen. Doch das soll (zumindest heute) nicht Thema sein.

Mit dem Verzicht auf das Kruzifix wäre damit ja die Sache aus der Welt, wenn, ja wenn, nicht das Unsagbare geschehen wäre, diese fürchterliche Provokation!!! Was hat die Lehrerin gemacht, das so ungeheuerlich und provozierend ist? Sich nackt in Kreuzpose auf den Dachgiebel der Schule gestellt? Sich ein Kruzifix auf den Arm gebrannt oder ein Stirngeweih mit Jesus stechen lassen? Nein, sie hat, festhalten, eine Halskette getragen. Mit einem Fisch. Richtig. Fisch. Gut, bei gläubigen Christen ist dieses aus zwei gebogenen Strichen bestehende Symbol, das jeder kennt, der „Quo vadis?“ gelesen hat, ein bekanntes Zeichen. Oder das lange P mit dem X durch.
So wie der Halbmond bei den Mohammedanern. Der Davidstern wird ja nicht mehr so gerne hergezeigt hierzulande, was die Hirnkranken um den Rotzgebremsten ein für alle Mal den Juden in Mitteleuropa versaut haben, deshalb geht der als Vergleich nicht mehr.
Aber die fanatischen Atheisten vom linken Rand tragen dafür gerne den Fünfzackigen über ihrem CheGuevara-T-Shirt oder gleich Hammer und Sichel auf Sowjetrot. Gilt das Verbot des Tragens von Symbolen eigentlich auch für Ideologien?

Aber was passiert jetzt, wenn eine muslimische Lehrerin einen kleinen Halbmond um den Hals trägt? Oder als Ohrstecker? Ist das dann auch eine ungeheuerliche Provokation? Oder ein Jude mit einem Halskettchen und einer kleinen Schmuck-Menora dran?

Liebe Leute, ihr solltet auf dem Teppich bleiben, bevor der mit euch gen Mekka fliegt. Das Verbot von Kruzifix oder religiöser Bekleidung bei Beamten hat seine Berechtigung in einem säkularen Staat. Aber jetzt Sekundärsymbolik zu jagen, das grenzt an die Lächerlichkeit, mit der Nazijäger versuchen, noch aus der Fahrzeugnummer chinesischer Ringelspiele herauszulesen, ob ein Karussellbetreiber mit Gaskammern liebäugelt.
Moslems müssen den Anblick eines kleinen Schmuckkreuzes oder Fisches ebenso ertragen können wie wir den Anblick von Halbmonden an Halsketten oder als Ohrstecker ertragen. Und soweit ich weiß, hat wegen des Tragens einer Halbmondkette auch noch kein Schreibknecht eine solche Schnappatmung bekommen wie jetzt wegen diesem Fischsymbol.

Religiöse Symbolik hat nicht wie eine Monstranz vor sich hergetragen zu werden, da bin ich sofort dabei. Aber sich an solchen Kleinigkeiten aufzupudeln, da merkt man, dass der Fisch gewaltig stinkt.
Und woher, das weiß jeder.
Berlin ist rot-rot-grün...

1 Kommentar:

  1. Ja, Berlin ist rot-rot-grün. Aber nicht durch Gewalt oder Putsch, sondern demokratisch legitimiert durch den treudoofen Wähler bzw. die treudoofe Wählerin. Also: Selbst schuld, kein Mitleid.

    Und solange - wie jetzt in NRW - ca. 90% der zur Wahl gehenden weiterhin die Blockflötenparteien rot-schwarz-gelb-grün wählen: Erst recht kein Mitleid. Dumm wie Brot, die Wähler und -innen...

    Tomj

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