Donnerstag, 17. November 2016

"Chesterton und der Dorfbaum"

... betitelt sich ein exzellenter Artikel auf dem stets lesenswerten Löwenblog von Marco Gallina:
The villagers who met under the village tree could also hang their politicians to the tree. It’s terrible to contemplate how few politicians are hanged today.

Üblicherweise belasse ich es bei Fremden Federn bei kurzen Kommentaren oder überlasse dem Leser die Quelle ganz ohne Anmerkung. Das gestrige Zitat von Chesterton hat allerdings bei mir mehr ausgelöst, denn die kurze Notiz sagt mehr über Chesterton und seine philosophische Weltsicht aus, als man meinen mag. Leser Ulrich Christoph hat nicht umsonst bei „Lepanto“ angemerkt, dass der Schöpfer von Father Brown eine Fundgrube bisher noch ungehobener Schätze ist. Insbesondere in einem Zeitalter, da christliche Philosophie sich nur noch in Moralismus und Soziallehre zu erschöpfen scheint, wirkt Chesterton wie ein Universalgelehrter, der neben Romanen und Lyrik auch ein Kompendium wirtschaftlicher, historischer und politischer Schriften aufweist.


Bleiben wir einen Moment bei den christlichen Gelehrten unserer Zeit. In einer Gesellschaft, die laut einer führenden evangelischen Theologin auch Terroristen mit Liebe begegnen soll, würde die letzte Anmerkung Chestertons einen Aufschrei provozieren. Wie kann der nur! Allein der Gedanke, Leute aufzuhängen – wie unchristlich! Menschen als „Pestilenz“ zu bezeichnen, also ein Krankheit – das ist Sprache des Hasses, der Niedertracht und mit Sicherheit auch der Neuen Rechten!

So würde womöglich jeder heutige Diskurs ablaufen, begleitet von einem minutenlangen – oder: stundenlangen – Sermon. Frei nach Chesterton könnte man hinzufügen: es ist furchtbar darüber nachzudenken, wie wenig man heute ohne Moralismen philosophieren und diskutieren darf. Glücklich die Menschen, die im 19. Jahrhundert geboren wurden.
 Wie pflegt LePenseur für gewöhnlich zu sagen? Chapeau! Touché!


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