Samstag, 20. Februar 2016

Einiges mochte ich an ihm, anders nicht ...

 

Umberto Eco: "Sein Tod ist riesiger Verlust für Kultur"

 

Umberto Eco
Bild: REUTERS 

Der italienische Autor starb im Alter von 84 Jahren an Krebs. Er wurde unter anderem durch seinen Roman "Der Name der Rose" bekannt.
 (DiePresse.com

Der italienische Schriftsteller Umberto Eco ist tot. Wie italienische Medien unter Berufung auf die Familie berichteten, starb Eco am Freitagabend im Alter von 84 Jahren. Mit seinem 1980 erschienenen ersten Roman "Der Name der Rose" ist er als Autor weltberühmt geworden. Für Dienstag ist in Mailand eine Trauerzeremonie geplant.
Eco sei am Freitagabend bei sich zuhause gestorben, berichtete die Zeitung "La Repubblica" auf ihrer Website unter Berufung auf die Angehörigen des Schriftstellers. Eco war vor langer Zeit an Krebs erkrankt.
(Hier weiterlesen)

... schreibt »DiePresse« heute — von APA ab. Gibt es ein sinnfälligeres Zeichen des Niedergangs unseres selbsternannten »Qualitätsjournalismus«, als dieses? Wenn für einen 1. bereits recht betagten, 2. seit langem an Krebs erkrankten, und 3. international höchst bekannten Schriftsteller nicht einmal ein eigener Nachruf parat liegt, sondern man auf ein Geschreibsel der »AustriaPresseAgentur« zurückgreifen muß? Erschütternd ...

Nun — derzeit berufsbedingt in aller Kürze, aber eben doch — ein paar persönliche Gedanken und Erinnerungen zu Eco:

Sein Welt-Bestseller »Der Name der Rose« war bei seinem Erscheinen ziemlich sang- und klanglos an mir vorübergegangen  — wie meistens bei Bestsellern, die ich (wenn überhaupt) für gewöhnlich erst lese, wenn »man« sie nicht mehr »gelesen haben muß«. Bücher sind wie Wein: die guten vertragen nicht nur ein paar Jahre (und mehr) Lagerung, sondern gewinnen dadurch. Die schwachen verlieren hingegen so drastisch, daß man schon bei den ersten paar Schlückchen bzw. Seiten die Sache wegstellt und sich Besserem zuwendet. Bis auf die paar Kröten für ein Buch oder eine Flasche, die halt verloren sind, trägt man keinen Schaden davon — und verliert v.a. keine wertvolle Lebenszeit (die einem, im Gegensatz zu Geld, ja leider nicht nachgeliefert wird) ...

Als ich dann, viele Jahre später, von meinem Bruder »Das Foucaultsche Pendel« geschenkt bekam, blätterte ich zwar darin, aber so richtig begeistert war ich auch davon nicht. Aber in einer, bei mir nicht unüblichen, Anwandlung von enzyklopädischer Sammelwut besorgte ich mir bei meinem Haus- und Hofantiquar und Buchhändler so ziemlich alles, was Eco bis dahin geschrieben hatte, und ergänzte den Bestand seitdem gelegentlich, so z.B. um seine wirklich lesenswerte »Einführung in die Semiotik«. Seine Essay-Sammlungen durchblätterte ich mit steigendem Vergnügen, irgendwann kam dann auch das »Pendel« dran, das bis — auf vielleicht ein Zehntel des Textes — in mehreren unsystematischen Anläufen gelesen wurde, und mir von »naja, geht so ...« bis ausgezeichnet gefielen. »Der Name der Rose« hingegen blieb bis heute (mit Ausnahme einiger weniger Seiten, die mir eher von der weiteren Lektüre abrieten) terra incognita ...

Und obwohl ich doch vergleichsweise wenig von ihm gelesen habe, stehe ich nicht an zu sagen: ich mag ihn! Sicher, er geht mir mit seinem gutmenschelnden Linksintellektualismus bisweilen ziemlich auf die Socken — aber dennoch, aber dennoch ...

Nicht nur, daß er mir mit seinem Bart und dem rundem Gesicht nicht ganz unähnlich ist (laßt dicke Männer um mich sein ...) — er verkörpert vielleicht irgendwie das, was aus mir geworden wäre (ich meine jetzt: weltanschaulich, nicht unbedingt von der schriftstellerischen Begabung her!), hätte ich zwanzig Jahre früher das Licht der Welt erblickt. 

Zugleich ist er mir nahe in seiner (manchmal scharfen, und doch irgendwie versöhnlichen) Spottlust, mit der er all die Absurditäten um ihn herum kommentiert und veräppelt — und doch im selben Augenblick so fern, weil seine Antworten eben oft so diametral von den meinen abweichen!

Umberto Eco sagte einmal: »Wenn ich von all meinen Romanen nur einen retten könnte, würde ich das Foucaultsche Pendel retten und nicht den Namen der Rose. Der Roman gefällt mir besser, er ist reifer.« Und ohne die »Rose« wirklich gelesen zu haben, glaube ich ihm das aufs Wort. Eco war letztlich ein Meister des Feuilletons, der gespitzten Feder, die blitzschnell etwas formuliert, dem nur hier und jetzt Bedeutsamkeit zukommt. Mit solch einer Technik kann man (oder: vielleicht kann man, aber man sollte nicht!) historische Fresken malen. Intertextuell durchwobene postmoderne Romane um bizarre Verschwörungstheorien hingegen lassen sich damit ohne Probleme auch auf sechshundert Seiten aufblasen, ohne zu langweilen!
2005 wurde Umberto Eco in dem englischen Magazin Prospect nach Noam Chomsky und vor Richard Dawkins zum zweitwichtigsten Intellektuellen weltweit gewählt.
... schreibt die Wikipedia in ihrem Artikel. Ob in einer Generation der Erstgenannte, oder ob in hundert Jahren der Drittgereihte noch ein Begriff sein werden, bleibe dahingestellt. Kopfschütteln wird es aber vermutlich für den Umstand geben, daß Eco nur am zweiten Platz landete ...


REQUIESCAT IN PACE


2 Kommentare:

  1. Bei mir ist es gerade umgekehrt: "Der Name der Rose" habe ich mit großer Begeisterung und viel Genuß gelesen, das "Foucaultsche Pendel" nach den ersten paar Seiten gleich wieder weggelegt, weil ich so gar nichts damit anzufangen wußte.

    Aber das war vor ca. 25 Jahren. Vielleicht sehe ich es heute anders, wenn ich die Bücher nochmal zur Hand nehme...

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  2. Also ich habe vesucht Eco zu lesen es war "Foucaultsche Pendel" wie der Kommentator vor mir habe ich es dann wieder weggelegt. Das war so ein komischer Kram....

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