Mittwoch, 6. August 2014

»Tendenziöse Attributierung in deutschen Printmedien«

... lautet der (zugegeben etwas sperrige) Titel einer aktuellen Baccalaureats-Arbeit von Mirjam Zwingli an der »Hochschule für angewandte Sprachen Fachhochschule des Sprachen & Dolmetscher Instituts München«, dessen »Abstract« wie folgt lautet:
Zielsetzung dieser Arbeit ist es, auf pragmalinguistischer Grundlage nachzuweisen, dass in der deutschen Presse die angemessene Objektivität in der Darstellung des amerikanischen Präsidenten Barack Obama und russischen Staatsführers Wladimir Putin nicht gemäß publizistischer Richtlinien eingehalten, und die Meinung der Leser nach eigenem Gutdünken beeinflusst wird.

Dazu war es notwendig, einen politischen Anlass zu finden, zu dem beide Politiker Stellung beziehen. Die Darstellung des Raketenabwehrschirmes in Europa in den Printmedien ist hierfür geeignet, da die Beurteilung dieses Gegenstandes durch die Medien die jeweilige Sichtweise der beiden Politiker zu eben diesem Thema in einem entsprechend positiven beziehungsweise negativen Licht erscheinen lässt.

Stellvertretend für das liberale Spektrum in Deutschland wurde die Süddeutsche Zeitung ausgewählt. Die konservative Ausrichtung wird durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung repräsentiert.

Anhand ausgewählter Artikel dieser zwei Leitmedien wurde auf den drei Ebenen Wort, Satz und Text analysiert, mit welchen sprachlichen Mitteln die Verfasser versuchen, ihre persönliche Wertung entweder verdeckt oder offen auszudrücken. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestätigen die These der tendenziösen Bericht-erstattung und sollen dazu beitragen, einen neuen Forschungszweig aus der Verbindung von Medien- und Sprachwissenschaften zu schaffen, der sich mit der Rolle der Medien in der Kriegsvorbereitung beschäftigt.
Nun, das ist alles nichts, was uns im Ergebnis wirklich überraschen könnte. Aber es ist doch schön, derlei nicht bloß als polemische Kritik an unserer Systempresse vorgetragen zu lesen, sondern mit der abwägenden Vorsicht einer wissenschaftlich angelegten Analyse, wenn bspw. einzelne Wörter in ihrer offenbar beabsichtigt propagandistischen Einsetzung untersucht werden, z.B.:
Zur nächsten Partikel sogar fanden sich folgende Beispiele:

a) „SPD-Chef Beck lobte sogar die Offenheit und Ehrlichkeit Putins.“
b) „Das Geflüster, dass Putin nicht in allem Unrecht, vielmehr sogar das Recht habe, sich bedroht zu fühlen, war … zu hören.“
c) „Beflissen ließ man wissen, dass man die russischen Sorgen verstehe, sogar teile.“

Duden bezeichnet diese Partikel als Fokuspartikel, die „im Verbund mit ihrer Konstituente den Informationskern des Satzes bildet“. In den genannten Beispielen wird a) die Offenheit und Ehrlichkeit Putins, b) das Recht, sich bedroht zu fühlen und c) das Teilen der russischen Sorgen unterstrichen. Laut Duden wird mit sogar darüber hinaus nicht Anzunehmendes oder Vermutetes ausgedrückt. Folgende Paraphrase für die drei Beispiele sei demnach explizierend erlaubt:

Normalerweise gibt es nichts zu loben, was Putins Ehrlichkeit anbelangt;
dass er Recht hat bezüglich seiner Sorgen ist allgemein nicht zu anzunehmen;
diese Sorgen gar zu teilen, wäre völlig unerwartet.

Die Schlussfolgerung für den Leser aufgrund der Paraphrase ist logischerweise, dass Putins Sorgen bzw. seine Grundhaltung sehr zweifelhaft sind.
(S. 24 op.cit. — Anm. LP: die Zitationen in den Fußnoten wurden der Übersichtlichkeit halber weggelassen) 
Wer ein wenig mehr über die mehr oder weniger subtile Meinungsmache unserer Systempresse wissen will, ist mit der Lektüre dieser im Textteil weniger als 50 Seiten langen Arbeit durchaus gut bedient. Die im Anhang gegebenen Lexemlisten sind hilfreich, um auch bei kurzem Überfliegen die Tendenz zu erkennen, mit der die »Berichterstattung« in Wahrheit schon längst die Grenzen zum agitierenden Kommentar, ja zur polemischen Propaganda, überschritten hat. Was ja dann weniger problematisch wäre, wenn es nur ähnlich wirkmächtige Medien gäbe, die jeweils eine Gegenposition abdecken wollten und könnten.

Genau das ist aber in der Einheitsfront der westlichen Medienlandschaft längst nicht mehr der Fall. Wer dennoch die immer noch mögliche »Wahl« zwischen nahezu inhaltsidenter Desinformation durch SZ und FAZ mit Pressefreiheit verwechselt, dem kann nicht geholfen werden ...

2 Kommentare:

  1. Moin!

    Natürlich handelt es sich um subtile Propaganda, die Hinkefuß sel. ein Lächeln ins Gesicht zaubern würde. Doch auch der wußte schon um die wesentlich größere Macht der Bilder, Beispiele schenke ich mir.

    mfG

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  2. Trau' keinem Fuchs auf grüner Heid'/
    und keinem Soz' auf seinen Eid ...
    Ja,ja ich habe es 1.geklaut und 2. etwas abgewandelt.

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