Ein Märchen wird wahr. Märchen? Nun ja, wie Märchen in unserer Zeit halt gestrickt zu sein pflegen — Pretty Woman gab das Paradigma vor: fesches Mädel aus dem Volke, zur Schlampe geworden, wird von einem reichen & mächtigen Freier schlußendlich gefreit. Schluchz!
Nun das ganz noch ein bisserl pompöser und prestigeträchtiger: junge Fernsehjournalistin, geht zwecks leichterer Uni-Karriere mit einem älteren Professor ins Bett und zum Standesamt (inzwischen natürlich längst geschieden), karrierestörendes Kind abgetrieben, fängt sich einen etwas schüchternen und ... ähm ... wie drückt man das jetzt taktvoll aus ... na, sagen wir halt: überschaubar intelligenten und eigeninitiativen Prinzen. Der junge Mann geht mit ihr ins Bett und läßt sich betören (wozu sie sicherlich einige Kniffe im Verlauf ihres Liebeslebens bereits in der Heimat gelernt hat, und längere Auslandsaufenthalte ihre Fremdsprachenkenntnisse — Französisch, Griechisch, Englisch vermutlich, Spanisch beherrscht sie ja, man fragt sich als Betrachter neuerer Bilder: wie macht sie das bloß? — vertieft haben), der legt sich mit Papa König an, weil er sie freien will. Medienhype: alle Journaillisten sind hingerissen, daß eine Kollegin (die sie auf die eine oder andere Weise vielleicht näher kennen, als dem Protokoll und wohl auch dem künftigen König lieb ist) in absehbarer Zeit Königin wird; Journaillistinnen schwanken hingegen zwischen gönnerhaft-kollegialer Mitfreude und stutenbissig-feministischem Neid ...
Hochzeit verregnet (»Es regnet Glück«, wie man sich Scheißwetter an so einem Tag halt schönreden möchte ...). Die Journalistin ist als Prinzessin offensichtlich todunglücklich: immer nur Goldkäfig, plappernde Sprechpuppenrolle, lästiges Protokoll. Hungert sich halb zu Tode; endlich kommt ein Kind, zwar nur ein Mädchen, macht nix, ändern wir halt die Verfassung! Wir sind hipp, wir sind in! Die Ehe wird dadurch, daß die Frau ein abgehungertes Knochengerüst ist, auch nicht besser, trotzdem kommt der Prinz zu einem zweiten Kind. Wieder ein Mädchen (Verfassung ist schon geändert, also kein Handlungsbedarf mehr).
Und jetzt wirft der Alte überraschend das Handtuch (nicht der Mann, sondern der Schwiegervater, natürlich!) ... man wird König (und frau demnach Königin) — welch Glückseligkeit! Und jetzt geht's los, so richtig erst ...
Irgendwie ist es schon ein Phänomen unserer Zeit, daß die diversen »Royals« dazu neigen, sich mit diversen Halb- & Vollschlampen nicht bloß eine lustige Zeit zu machen (das taten Prinzen früherer Zeiten ebenso und ist ja, außer aus der Sicht von Beichtvätern, nicht groß zu beanstanden), sondern diese auch gleich zu ehelichen. So werden demnächst die Norweger eine Partygöre mit unehelichem Kind als Königin haben, und die Schweden einen Fitneßtrainer, dem nicht gerade die Intelligenz aus den Augen strahlt, als Prinzgemahl, und die Monegassen haben mit ihrer Casino-Dynastie ohnhin schon Rennfahrer, Zirkusprinzessin & Co. — die kann daher nix mehr erschüttern, nicht einmal eine Sportschwimmerin.
Okay, seien wir nicht ungerecht: gegen die Belgier läßt sich (bis auf Gerüchte über gewisse Neigungen des Königs) nichts einwenden, bei den Holländern hat ein volkstümlich-beschränkter König seine ebensolche Frau, und in Großbritannien hat wenigstens ein Enkel Geschmack bewiesen und ein zwar bürgerliches, doch charmant-gelehriges Mädel mit Schick und tadellosem Benehmen geheiratet. Es geht ja doch — wenn man nur will und sucht ...
Doch zurück auf die Halbinsel:
»König Juan Carlos von Spanien hat seine Abdankung
unterschrieben. Seit 0:00 Uhr ist damit sein Sohn Felipe offiziell
König. Die Erwartungen an ihn und seine Frau Letizia sind hoch«, meint »
DiePresse«. Der Neue müsse
»die Glaubwürdigkeit der Monarchie wiederherstellen«. Naja, eine nette Wortspende, nicht mehr. Die Operettenkönige unserer Tage brauchen keine »Glaubwürdigkeit« (die haben sie eh längst nicht mehr), sondern nette Artikel in der Presse, dann läuft das schon irgendwie. Schlimmer als irgendwelche Gauckler als Präsidenten können sie doch auch nicht sein. Und eitle Untertanen, die sich an Zeremonien und Titeln berauschen wird's immer geben. Aber »Glaubwürdigkeit«? — was, bitteschön, soll der Unsinn!
Wir werden ja sehen, wie lange sich in Spanien die Monarchie noch hält. Die hat nicht nur mit den antimonarchischen Ressentiments weiter Bevölkerungskreise zu kämpfen, sondern auch damit, daß die Könige in Spanien traditionell für den Zentralismus standen, also die »natürlichen Feinde« der diversen Autonomie-Bewegungen waren. Letizia mag jetzt, ihrem Namen entsprechend, glückselig sein, endlich am Ziel ihrer Wünsche angelangt zu sein. Ob die neue Funktion ihre grundlegenden Charakteranlagen verbessern kann, bleibe dahingestellt. Das Bild, das »DiePresse« zu diesem Thronwechsel veröffentlich, könnte jedenfalls symbolträchtiger nicht sein: zwei leere Thronsessel, die die beiden hinter sich lassen. Eine Prophetie?
Trotz aller royalen Tristesse: Was spricht gegen Monarchie statt der "Demokratie"?
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