Freitag, 6. Juni 2014

Sehnsucht, oder: kein notwendiges Gedicht

... oder vielmehr: notwendig nur als Textgrundlage für eine Tondichtung. Friedrich von Schillers Poëm »Sehnsucht«:
Ach, aus dieses Tales Gründen,
Die der kalte Nebel drückt,
Könnt ich doch den Ausgang finden,
Ach wie fühlt ich mich beglückt!
Dort erblick ich schöne Hügel,
Ewig jung und ewig grün!
Hätt ich Schwingen, hätt ich Flügel,
Nach den Hügeln zög ich hin. 


Harmonieen hör ich klingen,
Töne süßer Himmelsruh,
Und die leichten Winde bringen
Mir der Düfte Balsam zu,
Goldne Früchte seh ich glühen
Winkend zwischen dunkelm Laub,
Und die Blumen, die dort blühen,
Werden keines Winters Raub. 


Ach wie schön muß sichs ergehen
Dort im ewgen Sonnenschein,
Und die Luft auf jenen Höhen
O wie labend muß sie sein!
Doch mir wehrt des Stromes Toben,
Der ergrimmt dazwischen braust,
Seine Wellen sind gehoben,
Daß die Seele mir ergraust. 


Einen Nachen seh ich schwanken,
Aber ach! der Fährmann fehlt.
Frisch hinein und ohne Wanken,
Seine Segel sind beseelt.
Du mußt glauben, du mußt wagen,
Denn die Götter leihn kein Pfand,
Nur ein Wunder kann dich tragen
In das schöne Wunderland. 
Nun, ja ... »Goethe wäre heute noch Goethe — Schiller wäre Werbetexter geworden«, meinte einmal Hans Weigel, der Grand — & grumpy — Old Man der österreichischen Literaturkritik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das wäre vielleicht für dieses Gedicht etwas zu hart geurteilt (Weigel bezog sein Diktum auch eher auf die »eminente Zitierbarkeit« Schillers, näherhin auf das berühmte »Die Axt im Haus erspart den Zimmermann«, das ja wirklich wie der Werbeslogan des nächstbesten Heimwerkermarktes klingt). Dieses Gedicht jedenfalls inspirierte den Sohn eines berühmten Vaters zu einer Tondichtung, die heute, an der 145. Wiederkehr seines Geburtstages den kulturellen Touch des LePenseur-Blogs betont:


Ein sehnsuchtsvoll (was sonst!) dahintreibendes Frühwerk, welches zwischen 1896 und 1979 (als es zufällig in einer Rumpelkammer Bayreuths wiederentdeckt wurde) für verschollen gelten durfte. Und sich jedenfalls trotz seines bescheidenen künstlerlischen Ranges dennoch turmhoch über manch kompositorische Nichtigkeiten unserer Tage erhebt. Und so rufen wir Siegfried Wagner, dem Komponisten des Werkes, der sich wohl nicht hätte träumen lassen, daß die 75. Wiederkehr seines Geburtstages als »D-Day«, der servil beflissen von der deutschen Systempresse (das ist die mit den Besatzungslizenzen) ganz nach Gusto der Siegergeschichtsschreibung gefeiert wird, bekannt werden sollte, ein herzliches »Hoch!« zu.

In all dem schrillen »Victory«-Gekreische stiefelleckender Systemjournaille und Satrapen-Politik ist die Bewahrung von Sehnsucht (und wäre sie bloß die nach Schiller) vielleicht der bess're Teil zu wählen ...

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