Samstag, 19. April 2014

Gedanken zum Karsamstag: »... absterget Deus omnem lacrimam ab oculis eorum : et mors ultra non erit ...«

Die »abenteuererprobten« Leser dieses Blogs, die hier eine bunte Palette von Themen finden — von politisch unkorrekten Ätzereien über Politik, Gesellschaft und Medien, über Anmerkungen zu unserem Wirtschafts- und Finanzsystem, bis hin zu kulturellen und philosophisch-weltanschaulichen Themen — werden sich vielleicht verwundert die Augen reiben: jetzt also macht LePenseur auch noch in Religion? Und da eine nicht unbeträchtliche Zahl der Leser dieses Blogs von diversen »katholischen« Seiten auf diesen Blog gelangen, ist das Risiko, hier in der gewohnten Direktheit eigenständige Gedanken zu äußern, nicht zu vernachlässigen. Andererseits — was riskiere ich denn wirklich? Weniger Zugriffe, weil einige Zeloten mir Rache schwören und mich aus ihrer Linkliste streichen. Nun, soll sein — wer nur deshalb diesen Blog besucht, weil er sich hier in seinen Ansichten nicht gestört fühlt, ist vielleicht ohnehin woanders besser bedient ...

Karsamstag ist für viele ein irgendwie eigenartiger, ein im wahrsten Sinne des Wortes »toter« Tag. Am Gründonnerstag erinnert man sich des Abends an das letzte Abendmahl, am Karfreitag wird die Passion gelesen (full action, sozusagen), da werden die großen Fürbitten angestimmt (mit je nach Ritus unterschiedlicher Akzentuierung der Juden) und wird das Kreuz verehrt und (regional verschieden stark ausgeprägt) geküßt, und eine Hostie ins »Heilige Grab« transferiert — wenigstens bei »uns« Katholen, wie's bei den Protestanten aussieht, weiß ich nicht wirklich, aber tendenziell mögen die irgendwelche Fürbitten oder gar, horribile dictu, die Aufbewahrung von Hostien (egal wo) ja nicht so recht ... Und in der Osternacht und den folgenden Tagen gibt es wieder ein Thema, das in der Liturgie wie auch in mehr oder weniger gelungenen Predigten ausgewalzt wird: Auferstehung. Heute, am Karsamstag hingegen »passiert« ... ... nix.

Und im Grunde »paßt« auch das Zitat aus der Apokalyse für diesen Artikel nicht so recht: denn an diesem Tag werden keine Tränen getrocknet, und daß der Tod nicht mehr sein werde, kann heute auch keiner ernstlich behaupten. Und dennoch: wie kaum ein anderer Tag im Kirchenjahr ist der Karsamstag geeignet, über den Tod nachzudenken.

Wer — wie ich — in einem Alter steht, wo er zwar dem Tod (hoffentlich!) noch nicht ins Auge blickt, aber doch nur zu deutlich fühlt: »Die Einschläge kommen näher«, wird von der offiziellen Kirchenlehre zu diesem Thema nicht gerade angetan sein. Zu glatt, zu harmlos wird das alles »in die Auferstehung Jesu Christi« integriert, perlen billige Floskeln vom Todesleiden Christi, in dessen Geheimnis wir »hineingenommen« und »erlöst« sind, von den Lippen professioneller Theologen. Der alte lateinische (»tridentinische«) Ritus konnte das zwar auch schon ganz gut, gepfeffert mit ein paar sadomasochistischen Zuchtruten (man lese bloß mal das »Dies iræ«!), aber die nachkonziliare Behübschungstheologie tat noch ein übriges und ergeht sich mittlerweile großteils in einem unklaren Wortgeschwurbel, das für mich v.a. eines verrät: die totale Hilflosigkeit, mit diesem Thema umzugehen.

Irgendwie überrascht das: gerade eine Kirche, für die die Begriffe »Tod« und »Auferstehung« so zentrale Fixpunkte ihrer Lehre darstellen, bringt es heute in ihrer faktischen Vermittlung nicht wirklich zuwege, den Ernst des ersteren und die Hoffnung des zweiteren überzeugend darzulegen. Wer in ein altes (»tridentinisches«) Brevier blickt, wird in der Matutin, also der (der Theorie nach:  nächtlichen) Lesehore neun, durchaus ungeschminkt das Grauen des Todes atmende Lesungen aus dem Buch Hiob finden, begleitet von ebensovielen Psalmen, die nicht gerade trostreich das Thema paraphrasieren. Der »alte« Ritus war in seinem düsteren Schwarz zwar nicht besonders geeignet, den Hinterbliebenen Trost zu spenden — aber er ging wenigstens ernsthaft mit einem Thema um, dem man durch pseudo-tröstliche Behübschung nicht gerecht wird.

(wird fortgesetzt)

2 Kommentare:

  1. "Behübschung"

    ...beschreibt treffsicher daß, was das Konzil VII hervorgebracht hat. Und geht damit haarscharf am Verkündigungsauftrag vorbei. Keine Sorge oder gar Angst mehr, dafür aber auch ohne Trost.

    Also (statt Messe) lieber "tridentinisch" im Schott lesen und am Ostermontag in die "richtige" Messe. Und wenn es bei den Pius-Brüdern ist.

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  2. @quer,

    nun, Sie haben hier etwas voreilig die Fortsetzung des Artikels nicht abgewartet. Die wird vermutlich einem Besucher "pianistischer" ;-) Gottesdienste nicht ganz so munden ...

    Macht nix. Dissens bringt weiter, war schon immer meine Devise.

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