Mittwoch, 13. November 2013

»Kein Tristan ohne Adolf«

... untertitelt Michael Klonovsky im »ef-magazin« seinen kurzen Artikel »Entartete Kunst: Der erstaunlichste aller Schwindel«. Nun weiß man ja aus früheren Artikeln dieses Blogs, daß LePenseur ja nicht so wirklich ein feuriger Anhänger von Michael Klonovsky ist — aber seine kurze Darlegung der paradoxen Wirkung der NS-Kunstpolitik hat durchaus ihre Berechtigung:
Letztlich haben Hitler und die Seinen den Siegeszug der modernen Kunst erst so richtig ins Rollen gebracht, und zwar nicht allein deshalb, weil gegen die Werke der von ihnen konsfiszierten und geschmähten Maler sowie die Produkte von deren Adepten nach 1945 schlechterdings kein kritischer Vorbehalt mehr möglich war, ohne dass derjenige, der ihn äußerte, in die braune Ecke gestellt worden wäre, sondern vor allem auch deswegen, weil die von Hitler präferierte gegenständliche Malerei ebenfalls unter Faschismus-, mindestens aber unter Kitschverdacht geriet ...
Auf der »Freiheitsfabrik« nimmt Andreas Ullrich diesen ef-Artikel freilich zum Anlaß einer hitzigen Schaum-vor-dem-Mund-Schlägerei:
wenn das konkrete wissen + können zum reaktionären kulturgetröte nicht mehr ausreicht, wird halt der grosse abstrakte scheinformale knüppel geschwungen: klonovsky ist (wie ich schon mehrfach mich geradezu gewungen sah zu markieren) da am offensten, weil er offene zurschaustellung von dummheit für provokant hält. [...]

es ist oberpeinlich, wenn zur rettung von ikonen der reaktion wie wagner + schmitt (die nicht zu retten sind!) die wirkkraft der gesamte moderne als geschenk des führers diffamiert wird. dem, der so’n scheiss behauptet, wäre angeraten, einen vhs-kurs ‘kunstgeschichte der moderne I’ (das ist der, bei dem keinerlei vorkenntnisse erwartet oder gar verlangt werden!) zu besuchen.
Hä? Heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, Herr Ullrich? Wagner wäre »nicht zu retten«, oder wie dürfen wir das interpretieren? Wagners Opern wird man wohl in aller Welt noch ehrfurchtsvoll hören, wenn niemand mehr von einem Klonovsky (geschweigen denn von einem Ullrich oder LePenseur) was wissen wird ...

LePenseur versuchte, den Freiheitsfabrikanten zu einer näheren Erläuterung seiner Kritik zu bewegen, scheiterte jedoch offenbar am Spamfilter der Fabrik, der auf mehrfachen Versuch einen Kommentar zu posten, stets lapidar antwortete: »spam deleted«. Nun gut, dann posten wir also die Frage (bzw. den Spam) hier auf diesem Blog:
Sehr geehrter Herr Ullrich!

Hätten Sie die Güte, mir (und damit vielleicht nicht nur mir) zu erklären, was Sie mit obenstehendem Artikel eigentlich monieren wollen?

Nur zur Info: ich bin selbst (u.a.) »studierter« Kunsthistoriker, und habe seinerzeit an der Uni ein bisserl mehr als »... einen vhs-kurs ‘kunstgeschichte der moderne I’ ...« absolviert — kann aber Klonovskys Einschätzung der paradoxen Auswirkungen der NS-Kulturpolitik durchaus nachvollziehen. Was also ist daran das Ihrer Meinung nach unzureichende » ...konkrete wissen + können zum reaktionären kulturgetröte ...« ? Bloß die ein wenig schlampige Formulierung »gegenständlich« statt »realistisch«, oder ist die ungewollte Geburtshilfe, die die NS-Kunstpolitik für den Moderne-Hype im Kunsthandel leistet, für Sie so anstößig zu konstatieren, daß sie deshalb Klonovsky gleich die rhetorische Frage stellen müssen, ob's »im kopfe reicht«?

Klären Sie uns auf, bitte!

3 Kommentare:

  1. Manchmal muß man (also ich) sich schon wundern, welch reziprokgeniale Figuren Sie eines Kommentars für Wert befinden.

    Ich mache mir gerne einen Spaß daraus, solche kolletivistisch-dressierte "Libertäre" mit dem Verdacht des Antisemitismus zu beschweren.
    Denn zumeist wissen diese politkorrekt Empörungswilligen nicht, daß es eben nicht Bruder Straubinger und seine Rasse(l)bande waren, die das pöhse Wort "Entartung" mit der modernen Kunst verbanden, sondern es war ein zweifelsfreier Jude, nämlich Max Nordau, der es lange vor diesen eingeführt hatte. Und ein anderer solcher, dessen Bücher ich sehr schätze, nämlich der ebenso zweifelsfreie Jude Ephraim Kishon, schlug kurz vor seinem Tode mit einem Buch zum Thema in die gleiche Kerbe!

    Ich hatte mal das Vergnügen, eine Podiumsdiskussion zum Thema "Entartete Kunst" mit ihm gegen 3 Fachleute aus der Kunstbranche und den Moderator im TV verfolgen zu können: Es war ein genußreiches Schlachtfest 4 gegen 1. Die Leser dürfen raten, wer sich blamiert hat und wer eine gute "figura" machte...

    Kreuzweis

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  2. Die Denkvorgabe des aktuellen Meinungs-Mainstreams, Wagner nur deswegen ganz schlimm und moderne Kunst ganz toll zu finden, weil Alfons Hatler und seine Schergen das Gegenteil vorgegeben haben, habe ich mir nie zu eigen gemacht. Wagner mag zu pompös, bombastisch und monströs sein - je nach Gusto. Das, was als moderne "Kunst" dargeboten wird ist jedoch größtenteils infantiler Schrott und eine Beleidung eines jeden auch nur ansatzweise Kunstinteressierten.

    Klonovsky, den ich im Gegensatz zum Hausherren durchaus schätze, nimmt solche Absonderlichkeiten ganz gerne auf's Korn und amüsiert sich anschließend wahrscheinlich köstlich über das entsetzte Luftschnappen des politkorrekten Establishments. Zweidimensionale Flachdenker, die zum ersten mal mit der geometrischen Figur der Kugel konfrontiert werden - ein Weltbild könnte auseinander brechen.

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  3. "reziprokgeniale"

    Danke, Kreuzweis, für diese Wortschöpfung. Dieser Ulli ist geradezu diametralgenial, ich habe herzlich gelacht über dessen Schimpfkanonade, die kleingeschrieben so lächerlich wirkt, wie ein geifernder Gartenzwerg.

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