Montag, 30. September 2013

»Diese Protestwahl muß Folgen haben«

... betitelt Rainer Nowak, seines Zeichens Chefredakteur der »Presse«, seinen heutigen Leitartikel. Der Österreicher übersetzt die Schlagzeile sicherheitshalter gleich in den Konjunktiv: »... müßte Folgen haben«. Und der erfahrene Österreicher setzt natürlich ein »... aber wird keine haben!« hinzu. Zu pessimistisch? Nein: völlig realistisch! Vieles ist in Nowaks Artikel richtig diagnostiziert, manches dem etwas schiefen, oder gar einäugigen Blick eines im Gutmenschenmilieu sozialisierten Journalisten geschuldet. Aber eine Diagnose ist noch keine Therapie. Denn dieses Koalitionsmodell ist untherapierbar. Zum Glück. Es ändert nichts daran, daß der Blick sich auf die realistischerweise zu erwartenden Entwicklungen richten muß — und die bringt ein Poster »MirfälltkeinNameein« treffend auf den Punkt:
Rot-Schwarz wird weiterwurschteln wie bisher.
Es bleibt ihnen ja gar nichts anderes übrig.
Wenn Rot sich mit Grün, Stronach und Neos zusammentut, wird es eine solche Koalition spätestens in einem Jahr wegen Stronach zerreissen.
Wenn Schwarz sich mit Blau und Stronach zusammentut, wird es diese Koalition spätestens in einem Jahr wegen Stronach zerreissen.
Wenn Rot-Schwarz-Grün sich zusammentun, bin ich neugierig asuf die Innenpolitik (Integration, Zuwanderung), auf die Bildungs- und Hochschulpolitik. Es wird den Grünen nicht guttun.
Wenn Rot-Schwarz-Neos sich zusammentun, werden ihnen die unerfahrenen Neuen das Arbeiten schwer machen, und die Neos wird es das nächstemal nicht mehr geben.
Wenn Rot-Schwarz eine Reformpartnerschaft macht, wird es kommen wie in der Steiermark.
Wenn Rot-Schwarz weiter wurschtelt wie bisher, wird die FPÖ stärkste oder wenigstens zweitstärkste Partei.
Welche Möglichkeiten gibt es noch?
In der Ausübung ihres Wähleramtes haben die Österreicher sich noch nie besonders genial begabt gezeigt. Sie wählten Kreisky noch, als die Folgen seiner Regierung längst katastrophal waren. Sie hielten Vranitzky — schwindend, aber doch — die Treue, als seine Neuauflage der 1966 ruhmlos untergegangenen Großen Koalition sich als Totallähmung der Politik offen darstellte. Sie schickten dafür ausgerechnet den schwarzen Schüssel in den Orkus, als sich die rote Gewerkschaftsbank und der rote Gewerkschaftsbund in Mega-Zockereien an den Rand der Pleite manövriert hatten — und handelten sich damit seit 2006 wieder die nächste, (mittlerweile nicht mehr besonders) große Koalition ein. Und gestern haben sie mit sicherer Hand den Stillstand prolongiert.

Sir Winston Churchill meinte einmal, das stärkste Argument gegen die Demokratie sei eine 5-Minuten-Unterhaltung mit einem durchschnittlichen Wähler. Braucht es dazu 5 Minuten in Österreich? Reicht dazu nicht ein 30-Sekunden-Blick auf unser aktuelles Wahlergebnis?

2 Kommentare:

  1. Warum soll ein Sir nicht zugleich ein "letztklassig opportunistisch-chauvinistischen Charakterschwein der Extraklasse" sein?

    England hat noch viel mehr solche Sirs ...

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