»Du meinst die nette, alte Dame bei der Hochzeit vor ein paar Wochen? Als Du ganz perfekt den Trauzeugen gemimt hast, in Deinem Stresemann«, setzte sie mit schalkhaftem Lächeln hinzu. Ja, das Plastron zu knüpfen war eine echte Herausforderung gewesen, einfach nicht zu machen ohne die praktische Lebenshilfe aus dem Internet ...
»Genau die! Die mit uns danach so nett geplaudert hat beim Sektempfang. Hier, lies selbst«
Und er schob ihr ein geöffnetes Kuvert über den Tisch. »S.g. Herrn ...« stand da in (freilich schon ein wenig zittriger) Schönschrift — ja, Tante Amalie hatte halt Stil und wußte, wie man einen Brief formgerecht adressiert ... »S.g.« ... wann hatte man das zum letzten Mal gesehen ... sie las mit gerunzelter Stirn und leichte Panik malte sich auf ihren Zügen.
»O Gott! Übermorgen will sie am Nachmittag vorbeikommen ... da müssen wir doch was vorbereiten! Weißt Du wenigstens, was sie gern mag? Eine Torte vielleicht?«
»Vergiß es! Tante Amalie bäckt besser als ein Konditor! Ihre Kuchen und Torten sind in der ganzen Familie berühmt! Damit können wir uns bloß blamieren.«
»Irgendwas ausgefallenes, exotisch am besten. Mag sie indisch?«
»Keine Ahnung. Aber übertreib's nicht! Es soll schließlich ein entspannter Nachmittag werden — und stundenlang in der Küche stehen ...«
Kennen Sie das? Nun, dafür gibt es eine Lösung: schnell zubereitet, ohne aufwendige Zutaten, idiotensicher zu machen, optisch ansprechend, originell, wohlschmeckend — und zwar:
Coronation Chicken Sandwich
(Rezept für 8 Sandwiches)
Zur Krönung von Königin Elizabeth II. wurde dieses Gericht mit den Aromen Indiens kreiert; die vor fast 60 Jahren auch in Großbritannien (trotz der Kolonien) noch etwas »exotisch« wirkten. Der Renner bei kalten Buffets in den 50er-Jahren, danach freilich gänzlich vergessen, und erst aus Anlaß des Thronjubiläums wieder ein wenig aus der Versenkung geholt. Oft finden sich auch Rosinen in diesem Rezept. Aber das ist reine Geschmackssache — im Originalrezept sind sie jedenfalls nicht zu finden.
Zutaten
ca. 400 g Hühnerbrustfilet
1 EL Sonnenblumenöl (oder sonst ein »neutrales« Öl, z.B. Mazola)
Saft von ½ Zitrone
1–2 Eßlöffel Mangochutney (hilfsweise: Marillenmarmelade, fein passiert)
2 gehäufte Eßlöffel Crème fraiche oder 3-4 Löffel ungeschlagenes Obers (für Piefkes: Sahne)
1 kleine Schalottenzwiebel
10 g Butter
1 gehäufter Teelöffel Currypulver (eher ein mildes ... nix, wo »Madras« draufsteht — das ist fast immer scharf!)
½ TL Kurkuma (»Gelbwurz«)
1 Messerspitze Cayennepfeffer
Mayonnaise von 1 Eidotter und ca. 150 ml Öl; Salz, Weißweinessig und Dijonsenf zum Würzen
8 Scheiben Toastbroat
Salz, weißer Pfeffer
[20 g Rosinen, die man in etwas Wein oder Wasser aufquellen ließ]
Zubereitung
1. Den Ofen auf 180 °C Umluft vorheizen. Das Fleisch kalt abspülen, trocken tupfen und mit Pflanzenöl, einem Spritzer Zitronensaft und Salz und Pfeffer einreiben. Das Fleisch nun fest in Alufolie wickeln und 15–20 Minuten im Ofen vollständig durchgaren lassen.
2. In der Zwischenzeit die Mayonnaise rühren (wer Fertigmayonnaise verwendet, ist selber schuld!). In einer kleinen Pfanne die feingehackte Schalotte glasig anlaufen lassen, das Currypulver und den Kurkuma beifügen, und mit dem Schalotten-Butter-Gemisch kurz anschwitzen. Abkühlen lassen, und mit Mayonnaise und den anderen Zutaten daraus eine cremige Sauce bereiten.
3. Das Fleisch nudelig (oder würfelig, wer's mag) schneiden, und mit dem beim Braten entstandenen Saft unter die Mayonnaise-Sauce mengen. Falls gewünscht noch etwas nachwürzen.
4. Die Rinde des Toastbrots entfernen, Brotscheiben nach Wunsch leicht toasten. Den Belag auf vier Toastscheiben verstreichen, die anderen Scheiben darauflegen und leicht andrücken. Diagonal halbieren.
Tipp: man kann die Sandwiches auch mit Salatblättern belegen; dann müssen aber die Toastscheiben vorher leicht mit Butter oder Mayonnaise bestrichen werden. Dazu gehört natürlich ein edel-fruchtiger — und nicht allzu trockener — Weißwein.
Soviel sei verraten: es wurde ein wirklich entspannter, gelungener Nachmittag ...
Heute Abend zubereitet und alles ratztputz aufgegessen . War ausgesprochen lecker.
AntwortenLöschenBeim essen musste ich die ganze Zeit an das längst untergegangene Freiheitsforum von André Lichtschlag denken.
Issa ja auch schon lange her, wa?
Das Freiheitsforum.com gibts noch... aber lebt eben vom mitmachen!
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