Donnerstag, 6. Oktober 2011

»Intelligente, einäugige Idioten«

...geißelt, laut »Welt«, Altkanzler Helmut Schmidt die Teilnehmer an den »internationalen Finanzärkten«. Ei, warum? Ei, darum!
Sie seien blind auf dem Auge, das das Gemeinwohl im Blick haben sollte. "Man muss sie zügeln", forderte er. Den Willen dazu erkenne er aber nicht.
Ach, deshalb! Weg'n dem Tschingderassa-bummderassa-bumm, sozusagen — »Gemeinnutz geht vor Eigennutz« stand ja schon im Programm der NSDAP, und Sozen aller Couleurs schwören darauf. Bis heute.

Ich weiß, ich weiß, ich begehe jetzt ein Sakrileg in den Augen vieler Deutscher (Glück, was ich hab' ein Österreicher zu sein!): ich kritisiere DEN ALTKANZLER Helmut Schmidt. Darf man das denn? Man darf! Irgendwie finde ich seine knorrige Art, bei Interviews auch heute noch seine Zigaretten zu rauchen, ohne sich um die Ohnmachtsanfälle irgendwelcher politkorrekter Sesselfurzer zu kümmern, ja höchst erfrischend. Aber: der Mann ist, bei aller Intelligenz, die ich ihm nicht absprechen will, ein Soze. Und daher mit genau jenem Sehdefizit ausgestattet, das er so nett mit dem Ausdruck »intelligente, einäugige Idioten« an anderen kritisiert.

Sorry, Herr Altkanzler — Sozialismus hat noch nie funktioniert und wird nie funktionieren. Das ist eine bittere Pille für einen Sozen, aber sie zu schlucken ist unvermeidlich. Wer als Soze die »internationalen Finanzmärkte« geißelt, der muß sich schon die Frage gefallen lassen, welche Mittel er einnimmt, wenn er gelassen Unsinn etwa folgender Sorte ausspricht:
Ein viel dickeres Problem ist die uferlose Handlungsfreiheit auf den globalen Finanzmärkten.
Na, und die Alternative wäre ...? Devisenbewirtschaftung, staatlich festgesetzte Zwangskurse, Planwirtschaft? Na, kommen sie schon, Herr Altkanzler — all das gab's ja schon, und der Vergleich zwischen BRD und DDR vor 1989 macht uns ja ganz sicher, daß selbstmurmelnd die DDR auf dem richtigen Weg war, nicht wahr? Die hatte ja schon alles, vom Gemeinnutz angefangen, was Sozen bis heute begeistert: leistungsfeindliche Besteuerung, Planwirtschaft, Kündigungsschutz, staatlich festgesetzte Löhne und Preise.

Ach so, das wollen Sie doch eher nicht, Herr Altkanzler. Nun gut — dann erklären Sie uns doch bitte, was an den »internationalen Finanzmärkten« denn so »uferlos« an der Handlungsfreiheit sein soll: daß ein Händler entscheiden darf, ob er irgendwelche Scheißpapierln aus Griechenland zum Kurs xyz kauft oder nicht? Na, wenn wir das abschaffen, dann schaffen wir aber gleich die Marktwirtschaft ab — und sogar ein Soze sollte mittlerweile wissen, daß das dem Wunsch nach Abschaffung der Newton'schen Gesetze schon ziemlich nahekommt. Es wird nicht funktionieren.

Was also meinen Sie mit diesem Statement? Kurz zum Mitschreiben: wir leben in einem Finanzmarkt, in welchem das wichtigste Produkt (mal von dem bisserl Gold und Silber abgesehen, das physisch ge- bzw. verkauft wird), nämlich das Geld, eine von den Zentralbanken monopolistisch aus dem nichts geschaffene und preislich nach Belieben festgesetzte Fiktion ist. Wenn der Finanzmarkt Achterbahn spielt, dann nicht deshalb, weil dort besonders pöhse »intelligente, einäugige Idioten« das Sagen haben, sondern weil ein durch politisch motivierte Geldmengenausweitungen und Zinsfestsetzungen ständig manipulierter Geld»markt« etwa so vernünftig und effizient agiert wie die Steuerung der Industrieproduktion zu Zeiten Breschnews.

Sie, verehrter Herr Altkanzler Schmidt, unterliegen der Illusion aller Sozialisten — zu glauben, daß eine zentrale Instanz mehr weiß, als atomistisch verteilte, autonom entscheidende Marktteilnehmer. Sie unterliegen der weiteren Illusion, daß »Staat« etwas gutes, und »Privat« was schlechtes ist. Die Geschichte beweist das exakte Gegenteil. Und Sie unterliegen der Illusion, daß Menschen durch Appelle an irgendeinen »Gemeinsinn« nachhaltig gebessert werden können. Auch das ist bereits durch einen Blick in den jeweiligen Bekanntenkreis als naives Wunschdenken erkennbar.
Außerdem forderte Schmidt Unternehmensinvestitionen der anderen Staaten in dem Mittelmeerland nach dem Vorbild der alliierten Wirtschaftshilfen für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Vergleich zu damaligen Lage sei "das gegenwärtige Problem ein minores – und der Teufel soll die europäischen Regierungschefs holen, wenn sie es nicht fertigbrächten, Griechenland zu retten!", sagte er.
Nun, Herr Altkanzler, das mit dem Teufel, der die europäischen Regierungschefs holen sollte, das kann man schon unterschreiben. Aber nicht aus den Gründen, die Sie meinen. Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war (ich betone: war! Nicht zuletzt Ihre Regierung, Ihre Genossen und die »durch die Institutionen marschierten« Alt-Achtundsechziger, die jetzt den politisch-medialen Komplex beherrschen, haben das nachhaltig geändert!), Deutschland also war nach 1945 ein durch Arbeitsethos, Sparsamkeit, hohen Ausbildungsstandard und technisches Know-how gekennzeichnetes Land, das eben die Katastrophe eines verlorenen Krieges hinter sich hatte — und hinter sich lassen wollte!

Wir alle kennen die berühmte Kurzgeschichte von Heinrich Böll, die dieser zwar »in einem Hafen an einer westlichen Küste Europas« (wohl Portugal oder Spanien) angesiedelt hat, die genausogut aber in Griechenland spielen könnte. Nein: die in Portugal ebensogut wie Spanien, Süditalien und Griechenland spielt — ganz real, ganz historisch und ganz aktuell! Wo das herrschende Ethos das des »leben-und-leben-lassens« ist — und nicht: »Schaffe, schaffe, Häusle baue«! Deutschland nach 1945 war in der Lage eines fleißigen Transportunternehmers, der durch eine Massenkarambolage seinen gesamten Fuhrpark einbüßte, und dem man nun durch Kredite zum Aufbau einer neuen Existenz verhilft. Geld an Griechenland ist hingegen etwa das, was man in den Hut eines Vagabunden wirft. Es steht Altkanzler Schmidt natürlich frei, solches aus seinem Privatvermögen zu tun. Nur sollte er nicht die Teufel auf jene hetzen, die an derlei Geldverschwendung keinen Gefallen finden ...

15 Kommentare:

  1. Le Penseur?
    Na viel gedacht hast Du wohl nicht als Du das geschrieben hast!
    Du wärst ein gefundenes Fressen für die deutsche Teaparty die hier "Partei der Vernunft" heisst. Aber viel Vernunft ist da nicht zu finden, sondern nur Henkel und Sarrazin. Ich schätze mit bald stehst Du auch auf der Strasse und verlangst weniger Steuern für Millionäre!
    Und nicht vergessen : Krankenkassen sind Kommunismus!

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  2. @Apache Websaeufer*):

    Besser Henkel & Sarrazin (obwohl mir der zu sehr Soze und Etatist ist, als daß ich ihn so wirklich mögen könnte), als die FDJ-Sekretärin (a.k.a. IM Erika), der Herz-Jesu-Sozi Seehofer, oder die Pseudoliberalen vom Gelben Trüppchen — und besser als die restlichen Sozen/Kommunisten von Rot, Dunkelrot und Grün allemal ...

    Ob Krankenkassen Kommunismus sind? Nö, nur durch die Bank geldverschwenderische, ineffiziente Bürokratiemonstren, die die Gesundheitsversorgung unnötig verteuern. Ich bin froh, daß ich seinerzeit, als in Österreich die Freiberufler in die SV-pflicht eingegliedert werden sollten, opting-out betrieben habe. Ich bin halt lieber privat versichtert — aber jeder, wie er meint ...

    ---

    *) steiler Nickname, Gratulation!

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  3. P.S.: ach, ganz vergessen — das mit den »weniger Steuern für Millionäre« ist natürlich zwangsläufig richtig, denn die »kleinen Leute« (also der Bodensatz von Hartz4lern, Migranten & Co.) zahlen eh keine Steuer — was sollte da dann »weniger« werden?

    Was Sie polemisch meinen, sind vermutlich die Steuerschlupflöcher, die den Superreichen ermöglichen, wenig bis keine Steuern zu zahlen. Ja, das ist ärgerlich, aber leider bringt das Ärgern nichts. Denn diese Gruppe kann durch Verlegung ihres Wohnsitzes in ein Niedrigsteuerland jederzeit der Besteuerung weitgehend entkommen. Dagegen hülfe nur, die Superreichen festzubinden und/oder zu entschädigungslos enteignen. Daß ersteres der Menschenrechtskonvenion und letzteres darüberhinaus auch der Vernunft widerspricht, ist auch Ihnen, cher Websäufer, hoffentlich klar. Man hat derlei Unfug bei Gründung der Sowjetunion und Rotchinas versucht. Die dauerhaften Erfolge waren, milde gesagt, nicht wirklich überzeugend ...

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  4. Es geht dem Schmidt da weniger um Zentralismus. Er hat nur eingesehen das Märkte sich nicht selbst regulieren können und das kann extreme Folgen für uns alle haben. So wie hier in Deutschland, wo durch ständigen Sozialabbau scheinbare Konkurenzfähigkeit geschaffen wurde.
    Ein guter Artikel darüber was dadurch entsteht und was man da machen kann ist dieser hier von Bill Mitchell

    http://bilbo.economicoutlook.net/blog/?p=16164

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  5. Es ist ein Märchen das die "Reichen" verschwinden wenn die Steuern erhöht werden. In anderen Ländern klappt´s doch auch. Es kann doch unmöglich ihr Ernst sein, dass Kapitalisten ihre Arbeiter und Angestellten um ihre Arbeitskraft prellen können und dann dafür noch nichtmal Steuern zahlen sollen.
    Dieses Märchen von den verlegten Wohnsitzen gilt meist nur für Prominente und die leben dann meist irgendwo wo sie keiner im Supermarkt erkennt.
    Steuern sollten grundsätzlich in dem Land zu bezahlen sein wo das Geld verdient wird und erfundene Verluste aus dem Ausland dürften nicht anrechenbar sein. Kontrolle darüber kann man nur durch gewisse staatliche Strukturen erlangen.
    Sie sitzen dem Irrtum auf das ein Unternehmer kein Verbrecher sei, das ist er aber naturgemäss nur wird sein Verbrechen nicht gesellschaftlich geächtet. Warum Verbrecher? Weil es für einen kapitalistisch organisierten Betrieb nur 2 Möglichkeiten gibt um Geld zu "verdienen". Nämlich erstens, man zahlt den Arbeitern weniger als die erarbeiten (diesen Teil nennt man Mehrwert, im Westen wissen die Meisten niocht was das ist) und man verlangt von seinen Kunden mehr als man selbst aufgewändet hat. Ersteres ist in meinen Augen schlichter Diebstahl und das Zweite Betrug.

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  6. http://www.nachdenkseiten.de/?p=10924

    Über Henkel gabs da nen schönen Artikel von den Nachdenkseiten.

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  7. @Websäufer:

    Naja, der Nickname scheint doch zu stimmen ...

    Sie sitzen dem Irrtum auf das ein Unternehmer kein Verbrecher sei, das ist er aber naturgemäss nur wird sein Verbrechen nicht gesellschaftlich geächtet. Warum Verbrecher? Weil es für einen kapitalistisch organisierten Betrieb nur 2 Möglichkeiten gibt um Geld zu "verdienen". Nämlich erstens, man zahlt den Arbeitern weniger als die erarbeiten (diesen Teil nennt man Mehrwert, im Westen wissen die Meisten niocht was das ist) und man verlangt von seinen Kunden mehr als man selbst aufgewändet hat. Ersteres ist in meinen Augen schlichter Diebstahl und das Zweite Betrug.

    Keine Ahnung von Wirtschaft, aber dafür jede Menge von keiner Ahnung ...

    1. Es gibt Vertragsbeziehungen mit Dienstnehmern. Niemand wird gezwungen, bei mir zu arbeiten. Wenn ich mit Ihnen vereinbare, daß Sie für 2.000 EUR für mich wöchentlich 40 Std. arbeiten, dann ist es kein "Diebstahl", wenn Sie in dieser Zeit für mich Güter im Wert von 3.000 EUR produzieren. Denn schließlich sind nicht Sie der Unternehmer, sondern eben ich (Sie arbeiten bloß für mich — ohne finanzielle Investitionen, ohne Vertriebsrisiko etc.).

    2. Ich verkaufe meine Produkte für den Preis, den meine Kunden zu zahlen bereit sind. Niemand wird gezwungen, sie zu kaufen (wir gehen von der privatwirtschaftlichen Normalsituation aus, daß kein Monopol vorliegt). Wer bereit ist, etwas für 3.000 EUR zu kaufen, wird nicht "betrogen", nur weil es wo anders auch für 2.500 EUR zu bekommen ist.

    Mein Appell an Sie, aus Ihren sozialistischen Wahnvorstellungen zu erwachen, wird zwar zwecklos bleiben, das weiß ich — es täte Ihnen trotzdem gut! Sozialismus verbittert bloß das Leben (man kommt sich immer sooo benachteiligt vor — obwohl die Opferrolle auch ganz profitabel sein kann!) und macht einen unfähig, sinnvolle Arbeit zu leisten ...

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  8. Und immer wieder diese unsägliche Leier: "Die Reichen zahlen keine Steuern und der Unternehmer - dieser Gauner, aufg'hängt g'hört er - beutet die armen Arbeiter aus usw. usf."

    Nun gut, jeder hat sein Recht auf unendlich viel Blödheit und unbegrenzte Ahnungslosigkeit. Kann mir ja prinzipiell egal sein. Mich schmerzt es aber sehr, wenn ich aufgrund demokratischer Mechanismen unter diese Blödheit leide und dafür auch noch zahlen soll.

    Das Schlimme in dieser Welt: Diese Trotteln sind immer in der Mehrheit. Für mein nächstes Leben suche ich mir - wenn's geht - ein anderes Universum aus...

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  9. @Le Penseur
    zu 1. Wie frei ist diese Entscheidung wenn sie heisst friss oder stirb?
    Diesen Zustand nannte Marx "doppelt freier Lohnarbeiter".

    http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrwert_%28Marxismus%29#Doppelt_freier_Lohnarbeiter

    Wieso halten sie es eigentlich für grundsätzlich richtig mich nicht für den ganzen, durch mich entstandenen Mehrwert zu entlohnen? Und wieso gehen Sie automatisch davon aus das alleinige Eigentumsrecht an dem von mir hergestellten Produkt zu haben? Ist das so eine Art natürlicher Ordnung oder göttlicher Vorbestimmung?

    Eigentlich schade das es die Jobs von denen sie da reden nicht in der Wirklichkeit gibt. Die Wirklichkeit heisst für die meisten arbeiten und trotzdem zum Amt! Wäre auch schön wenn es die Unternehmer geben würde von denen sie da reden. Da gibt es sicherlich auch ein paar. Aber die Regel ist das Gegenteil, schon weil es ein rechenbarer Vorgang ist. Da Ehrlichkeit in diesem Fall höhere Kosten erzeugt verschwinden die "ehrlichen" Unternehmen und diejenigen die mit windigen Mitteln (Leiharbeit o. Werkverträge) arbeiten behalten die Oberhand.


    zu 2. Das scheint mir genau das Problem zu sein, nämlich das diese tollen Marktmechanismen nur unter irgendwelchen angenommen Idealzuständen funktionieren, die dann aber doch nie herrschen. Vielleicht funktioniert das ganz am Anfang (Wirtschaftswunderjahre) bis sich die Verhältnisse verzerren, was zwangsläufig passiert da Geldzuwachs gleich Machtzuwachs ist der dann dazu genutzt wird den Geldzuwachs zu vermehren. So kam es wohl auch das sich der Produktivitätszuwachs der letzten 20 Jahre fast ausschliesslich in erhöhten Gewinnen wiederspiegelt und eben nicht in gestiegenen Löhnen (keine Ahnung wie das in Ö ist).
    Um aber bei Ihrem Beispiel zu bleiben,die Regel scheint eher zu sein, dass sie gar nicht direkt an einen Endkunden verkaufen, sondern abhängig sind von den Einkäufern der Warenhandelsgesellschaften oder des Betriebes für den sie Zulieferer sind. Sehen Sie ? Ihr Beispiel passt nur zu Betrieben die über die Grösse eines kleinen Handwerksbetriebes nicht hinausgehen.
    Sehr schön zu erkennen war dieser Effekt übrigens als der Milchpreis unter die Herstellungskosten sank.




    @Steuerzahler
    Tatsache ist, dass man mit einem Millioneneinkommen seine Steuerlast so zurechtrechnen kann das man weniger als ein Facharbeiter bezahlt. Tatsache ist auch das dieses Millioneneinkommen nur aus der Arbeit anderer entstanden sein kann. Es ist dieselbe Leier weil es derselbe Zustand ist.
    Was wäre das denn für ein Universum in das Sie dann gehen? Eins nur mit Unternehmern?


    Ein grosses Problem kommt aber auf die Marktwirtschaft zu. Was passiert wenn die erste vollautomatische Fabrik die Produktion aufnimmt? Schliesslich hat der technische Fortschritt immer bewirkt den Faktor Mensch aus dem Produktionsprozess Stück für Stück zu entfernen. Wer wird dann, mit welchem Geld, das er woher hat die tollen Waren aus diesen Fabriken kaufen? Und war Lohnarbeit nicht die Grundlage Ihrer Marktwirtschaft? Sie sehen es bereits heute, nehmen sie die Zahl der Arbeitslosen, trotzdem leiden sie oder ich nicht an irgendeinem Mangel oder einer Unterversorgung unserer Bedürfnisse, d.h. diese Menschen (die Arbeitslosen) werden zur Befriedigung der Bedürfnisse dieser Gesellschaft gar nicht benötigt. Dieser Effekt verstärkt sich weiter und wird irgendwann kulminieren.
    Eine interessantes Interview gabs dazu hier mit Jeremy Rifkin

    http://content.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/916564_0_9223_-interview-langfristig-wird-die-arbeit-verschwinden-.html

    Was wäre den eine libertäre Antwort auf dieses Problem das sich die "Newtonschen Gesetze" dann selber abschaffen?
    Aber machen sie sich keine Sorgen ich leide nicht an "sozialistischen Wahnvorstellungen", oder übermässigen Zentralismuswahn aber ich lehne beides nicht grundsätzlich ab, sondern neige eher zu der Erkenntnis das extreme so gut wie nie funktionieren. Nur würde ich Unternehmer nicht aufhängen (wie das schon behauptet wurde).

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  10. @Websäufer:

    ad 1.) Es ist nicht die Frage, ob ich es für richtig halte "Sie für den ganzen Mehrwert zu entlohnen", sondern was wir privatautonom vereinbart haben. Und da ich ja kein Trottel bin, daß ich als Unternehmer zwar die Finanzierungslast und das Verlustrisiko trage, aber Ihnen dann den ganzen Ertrag zukommen lasse, werde ich eben mit Ihnen einen geringeren Lohn vereinbaren. Wenn Ihnen das nicht paßt, können Sie Ihre eigene Firma aufmachen und ausschließlich für Ihre eigene Tasche arbeiten — feel free to do so! — aber komischerweise wollen das die p.t. ausgebeuteten Werktätigen dann auch wieder net ...

    ad 2.) Wenn Sie den in der EU zu Tode regulierten Agrar»markt« als Beispiel nehmen, dann amüsiert mich das einigermaßen. Was, bitteschön, hat das mit »Marktwirtschaft« zu tun, wenn Bauern oft weit mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus EU-Töpfen beziehen? Die könnte man genausogut als »Landschaftspflegebeamte« in den öffentlichen Dienst übernehmen!

    Was wäre den eine libertäre Antwort auf dieses Problem das sich die "Newtonschen Gesetze" dann selber abschaffen?

    Keine Bange, die schaffen sich nicht ab. Daß komplexere Gesellschaften immer mehr Leuten unter einem gewissen Intelligenzlevel keine Arbeit mehr anbieten können, führt zu zwei möglichen Lösungen:

    1. man subventioniert die Minderbegabten und ihre Nachwuchsproduktion, und demotiviert die Mehrbegabten durch Abgabenlasten. Das führt zwangsläufig dazu, daß eine solche Volkswirtschaft früher oder später zusammenbricht.

    2. Man demotiviert die Minderbegabten in ihrer Nachwuchsproduktion (indem man Beihilfen streicht etc.) und fördert die Mehrbegabten durch vernünftig niedrige Steuersätze, die zu Eigenvorsorge motivieren.

    Es wird Sie vermutlich nicht sehr überraschen, daß ich zweiteren Weg für sinnvoller halte.

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  11. (contd.)

    Was passiert wenn die erste vollautomatische Fabrik die Produktion aufnimmt? Schliesslich hat der technische Fortschritt immer bewirkt den Faktor Mensch aus dem Produktionsprozess Stück für Stück zu entfernen. Wer wird dann, mit welchem Geld, das er woher hat die tollen Waren aus diesen Fabriken kaufen? Und war Lohnarbeit nicht die Grundlage Ihrer Marktwirtschaft?

    Ganz einfach: der gesamte Dienstleistungssektor wird an Bedeutung und Beschäftigtenanteil weiter zunehmen, der primäre Sektor ist in Europa ohnehin von ca. 60% im 19. Jh. auf ca. 3% geschrumpft, der sekundäre Sektor wird dem sicher folgen (vielleicht nicht in genau demselben Ausmaß, aber tendenziell).

    Und hier wird es den Unterschied in den Volkswirtschaften (und ebenso, wenn nicht sogar viel mehr, in der Mikroökonomie!) machen, ob dieser tertiäre Sektor durch die Leistung von Informatikern und Händlern oder von Schuhputzern und Parkwächtern dominiert wird. Wer erfolgreich sein will, wird wohl der ersteren Gruppe den Vorzug geben — sonst landen wir bei einem orientalischen Bazar-System, in dem ganze Straßenzüge von Ramschläden und Telefonwertkartenshops und anderen 1€-Geschäften zugemüllt werden. Nur wird so ein tertiärer Sektor den Rückgang an Arbeitsplätzen im primären und sekundären Sektor wohl nicht ausgleichen, oder nur zu deutlich schlechteren Bedingungen.

    Ihre Befürchtung, daß die verlorenen Jobs im Sekundärsektor die Marktwirtschaft zum Einsturz brächten, kann ich nicht teilen. Wenn die europäischen Staaten freilich in einer Art von kollektivem Selbstmord die Arbeitsmoral absenken (weil Spaßgesellschaft wichtiger ist als Leistungsdenken), die Zeugung von Nachwuchs den Immigranten überlassen (weil frau sich ja selbstverwirklichen muß), die Familien zerrütten (ohne zwei Scheidungen und ein bisserl Patchwork ist eine Familie doch keine!), die schulischen und beruflichen Ausbildungsstandards absenken, dann brauchen sie sich aber nicht zu wundern, wenn in einigen Jahrzehnten anatolienstämmige*) Lakaien bestenfalls die Kofferträger für indische, chinesische oder südamerikanische Europa-Touristen werden spielen dürfen, wenn die mal — so ähnlich, wie wir jetzt das Tadj Mahal, die Verbotene Stadt, oder die Maya-Pyramiden — beim Petersdom oder dem Dresdner Zwinger vorbeischauen wollen ...

    ---

    *) autochthone Europäer gibt's dann bestenfalls im Greisenasyl und am Friedhof

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  12. @Websäufer

    "Tatsache ist, dass man mit einem Millioneneinkommen seine Steuerlast so zurechtrechnen kann das man weniger als ein Facharbeiter bezahlt."

    Ja ja, der berühmte Facharbeiter, der mehr zahlt als die Flicks und Piechs und Wlascheks und wie sie alle heißen. Ach du meine Güte...

    Jetzt spielen wir mal Kapitalist und "lassen das Geld" bzw andere Leute "für uns arbeiten". Da wir reich bleiben und nicht allzuviel riskieren wollen, sind wir eher vorsichtig und begnügen uns mit einer Rendite von 5%. Dafür zahlen wir in Ösistan nominal mindestens 25% Einkommensteuer, in anderen Varianten mehr (bis zu 44%). Blöderweise gibt es auch noch Inflation, die nehmen wir für unser kleines Rechenbeispiel mal mit 2.5% an. D. h. real erhalten wir einen Ertrag vor Steuern von 2.5% und nach Steuern im besten Fall von 1.25% oder auch weniger, je nach Steuervariante. Was nichts anderes bedeutet, als daß unsere reale Steuerbelastung mindestens 50% oder höher ist.

    Wenn wir also z. B. 100 Millionen zu 5% investieren, so bleiben uns als Realertrag bestenfalls 1.25 Mill EUR p.a. Sicher ein sehr schönes, weit überdurchschnittliches Jahreseinkommen - für das wir mindestens ebensoviel Steuer bezahlt haben (welcher Facharbeiter drückt 1 Mill p.a. ab?) und für das wir leider erst mal 100 Mill. Kapital zusammenkratzen müssen. Obendrein haben wir auch noch ein Verlustrisiko.

    Klar hat ein Arbeitnehmer eine Lohnsteuerprogression und Sozialversicherungsbeiträge samt Arbeiterkammer usw., die ihn prozentuell über 50% belasten können. Die vernünftige Lösung kann da nur lauten: runter mit den Steuern und Abgaben.

    Von so einem Universum träume ich: Niedrige, gleiche Steuersätze für alle und eine Bevölkerung, die wirtschaftliche Zusammenhänge begreift und ihr Geschäftsmodell nicht darin sieht, per Stimmzettel auf Kosten anderer zu leben. Kurzum ein Universum, in dem ich einen Arbeitsplatz im Finanzamt für ethisch unbedenklich fände.

    Ach ja, die vollautomatische Fabrik. Die durfte natürlich nicht fehlen. Schon mal darüber nachgedacht, wer dieses Wunderding aufbaut? Und serviciert? Oder fällt die einfach so vom Himmel und dem Kapitalisten gratis in den Schoß wie der Regen oder Schnee? Ansonsten ist es ähnlich wie der Produktivitätsfortschritt in der Landwirtschaft und vielen anderen Branchen. Die Folge davon: Noch nie in der Menschheitsgeschichte ist es so vielen Leuten materiell so gut gegangen wie heute.

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  13. @Steuerzahler:

    Von so einem Universum träume ich: Niedrige, gleiche Steuersätze für alle und eine Bevölkerung, die wirtschaftliche Zusammenhänge begreift und ihr Geschäftsmodell nicht darin sieht, per Stimmzettel auf Kosten anderer zu leben. Kurzum ein Universum, in dem ich einen Arbeitsplatz im Finanzamt für ethisch unbedenklich fände.

    Da träumen wir schon zu zweit (obwohl ich als Wirtschaftsjurist und -berater jetzt eigentlich teilweise »gegen mein Geschäft« rede, denn der Bedarf für meine Beratung resultiert nicht zuletzt auch aus der unverschämten Abzocke durch den Staat!).

    Dennoch: im Gegensatz zu irgendwelchen staatsalimentierten Genderisierungs- und DiversityberaterInnen (wichtig! Nie auf das Binnen-I vergessen!), die mit dem Wegfall irgendwelcher schwachsinniger Regulative einfach arbeitslos — und aufgrund ihrer ideologischen Verbiegung wohl eher nicht umschulbar — wären, könnte ich meine Kanzlei auch unter günstigeren steuerlichen Rahmenbedingungen profitabel führen. Der Minderertrag wäre durch die steuerliche Entlastung ausgeglichen, und ich hätte (noch) mehr Zeit, mich um die schönen Dinge des Lebens zu kümmern ...

    Danke übrigens, daß Sie mir einen Teil der Argumentationsarbeit @Websäufer abgenommen haben — ich hatte einfach keinen Bock darauf, jedes seiner Argumente als Strohmann (oder schlimmeres) zu enttarnen. Jedenfalls freue ich mich auf künftige Kommentare aus Ihrer Tastatur!

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  14. @LePenseur

    "...denn der Bedarf für meine Beratung..."

    Das ist auch so ein Punkt, der mich erbittert. Wenn ich mir ansehe, wieviel Aufwand getrieben wird, um schwachsinnige Gesetze und Regelungen zu erfinden und zu verwalten; was dann weiteren Aufwand nach sich zieht, um mit diesen Gesetzen und Regelungen zu leben. Im Endeffekt wird volkswirtschaftliche Kraft dazu verwendet, stupide Löcher zu graben und wieder zuzuschütten. Für nix und wieder nix, als gegenseitige Beschäftigungstherapie. Anscheinend geht's uns zu gut, unser Wohlstand ist zu hoch, also müssen wir ihn mit solchen unnützen Blödheiten selbst reduzieren. Offensichtlich müssen erst mal jahrzehntelange bittere Erfahrungen erlitten werden, bis sich ein wenig Vernunft einstellt:

    „... Den Leistungsfähigen wird genommen, denjenigen, die nicht haushalten können, wird gegeben… Das war schon im Sozialismus so. Davon haben wir nach 40 Jahren definitiv genug.” (Der slowakische Parlamentspräsident Richard Sulik über den sogenannten Euro-Rettungsschirm.)

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  15. Friedrich K:

    @Websäufer: Versuchen Sie doch einmal, die Geschichte als Lehrmeisterin zu sehen. Der Sozialismus hatte fast 100 Jahre Zeit, sich als gesellschaftlich beispielgebend zu positionieren. Er konnte weder das materielle Glück, falls es so etwas überhaupt gibt, seiner Genossen gewährleisten, noch international seine Werte und Ideen dominierend einbringen. Die reine Lehre des Marxismus brach zusammen. Warum wohl? Weil die innere Natur des Menschen -doch, die gibt es wirklich- individuell geprägt ist und demgemäß unterschiedliche Bedürfnisse hat. Auch, oder gerade in wirtschaftlicher Hinsicht. Die ideologiebasierte "Gleichheit" im Kommunismus war doch eine glatte Schimäre, ein pjotemkinsches Dorf. Übrigens: Auch bei uns, aber materieller Überfluss lässt spirituellen Mangel leichter ertragen.

    Ihre marxistischen Betrachtungen zum "Mehrwert" waren und sind ein unerschöpfliches Thema -im Polit- und Philosophenzirkel. In der Realität frisst der Starke den Schwachen, wobei natürlich, abhängig von der geschichtlichen Periode, allerlei humane und/oder religiöse Verbrämungen den Ablauf und das Resultat mildern.

    Meine Berufskollegen in der DDR, allesamt feste Parteigänger, wünschten sich bei Besuchen vor 1989 westlliche Autokataloge und für deren Frauen den Quelle- und Ottokatalog. Materielles Glücksempfinden, wenn auch nur theoretisch und temporär erlebbar, korrumpierte die wahren und tief befriedigenden Grundsätze von Marx und Engels.

    Also, lassen Sie den Unternehmern ihren Gewinn. Neue Arbeitsplätze für die Zaghaften, Unentschlossenen und sekundären Leistungsträger sind volkswirtschaftlich wichtiger, als "Steuergerechtigkeit", von denen es mehrere Deutungen gibt.

    P.S.: Wann und wo sank der Verkaufspreis von Milch unter die Herstellkosten?

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