Samstag, 27. August 2011

»Taxez nous!«

Da jubelt die vorgeblich »bürgerliche«, in Wahrheit jedoch journalistsch in der Wolle zart- bis mittelrot gefärbte Raika-& Leitl-Postille Kurier:

Superreiche: "Besteuert uns!"
Staatsschulden: In den USA, Italien und Frankreich können sich Vermögende vorstellen, freiwillig höhere Abgaben zu zahlen.


Unterzeichnet hat den Appell für eine freiwillige höhere Besteuerung alles, was in Frankreich Rang, Namen und Geld hat: Liliane Bettencourt, Erbin des Kosmetikgiganten L'Oréal und reichste Frau des Landes; aber auch die Vorstandschefs der Konzerne Total, Société Général, Danone, France Telecom, Airfrance-KLM und PSA Peugeot-Citroën wollen bis zu drei Prozent zusätzlich auf ihr Einkommen besteuern lassen.
Die feuchten Träume von Arbeiterkämmerern, Gewerkschaftszecken, Caritaspräsidenten und anderen seit 1989 etwas heimatlos gewordenen Alt- (& Neo-)Achtundsechzigern werden wahr: endlich sehen die pöhsen Kapitalisten ein, daß sie aus »Solidarität« gefälligst zu bluten haben ...

Nun, bei Licht betrachtet sieht die Sache freilich etwas anders aus: die ach so großzügigen »big spender« sind einerseits in der angenehmen Lage, sich die zusätzlichen Prozente jederzeit mehrfach wieder durch die ihnen dank Staatsnähe frei nach dem Motto »eine Hand wäscht die andere« zugeschanzten Staatsaufträge wieder hereinzuholen, andererseits wissen sie genau, daß ebendiese willige cash-cow »Staatsaufträge« im Fall einer echten Sparpolitik der Regierungen in kürzester Zeit krepiert wäre. Da müßte man sich dann doch glatt am freien Markt ohne staatslancierte Quasimonopole behaupten — ach, wie unangenehm und anstrengend ...

Wenn also einer der reichsten Männer Österreichs, STRABAG-Boß Haselsteiner, zum Kurier meint: »Unvernünftig hohe Einkommen sollen auch unvernünftig hoch besteuert werden«, dann kann man ihm nur zustimmen: denn was die STRABAG dank Haselsteiners System der politischen Beziehungen und Auftragsvergaben — welches als »politik-korrumpiertend« zu bezeichnen weniger die Fakten, sondern die drohende ruinöse Verteidigung gegen einen der, sagen wir mal: bedenkenlosesten Männer Österreichs verhindern — kann mit Fug und Recht als »unvernünftig hohes Einkommen« bezeichnet werden. Unvernünftig hoch nämlich für den, der es berappen muß — der Steuerzahler nämlich, nicht der Politiker (der dann mal mit H.s Heli irgendwohin fliegen darf), der ihm den Auftrag zuschanzte, gaaanz legal natürlich (dafür sorgt »man« unauffällig schon im Vorfeld im Kleingedruckten bei den Ausschreibungsbedingungen, daß den Zuschlag dann eh »der Richtige« kriegt ...).

Wer — anders als Haselsteiner — nicht als staatsgbegünstigter Oligopolist, sondern am freien Markt mehr als 5 Mio. im Jahr verdient, der verdient deshalb keineswegs eine konfiskatorische Besteuerung mit 70 oder gar 80 Prozent, wie Haselsteiner einmal vorschlug. Auf derlei Ideen kommt eben nur einer, der weiß, daß das Geld durch öffentliche (und öffentlichkeitsnahe) Aufträge quasi »von selbst« hereinkommt — naja so gut wie von selbst, wenn man die paar Prozent für .. ähm ... »Unkosten«, »Provisionen«, »PR-Maßnahmen« (just name it!) abzieht.

In Amerika, wo dank Ron Paul und Tea-Party schön langsam seriöse wirtschaftliche Vernunft die Staatsknete-Abzock-Mentalität der republikanischen Establishments zu überwinden beginnt (das v.a. sein, grosso modo, besserer Kleidungsgeschmack von den demokratischen Backaroma-Sozialisten unterscheidet), erntete Warren Buffet mit seinem Aufruf, mehr Steuern zu zahlen, jedenfalls nur Spott. Wie der Kurier giftig bemerkt:

Wenn er seine Milliarden verschleudern wolle, ätzte ein Kommentator, könne er sein Geld ja für wohltätige Zwecke spenden. Dort sei es besser aufgehoben als in einem "aufgeblähten Staat".
Der aufgeblähte Staat steht beim Kurier selbstmurmelnd in hinterfragenden Anführungszeichen. Wer selbst heute noch nicht erkennen will, daß die USA (und noch viel mehr die Staaten Europas!) geradezu protoypisch aufgeblähte Staaten sind, dem kann nicht geholfen werden. Der verdient in der Tat, daß man ihm 80 Prozent seines Einkommens wegnimmt. Eigentlich ist das ja nichts anderes als eine Sachwalterbestellung, bei der der gemindert Geschäftsfähige halt über ein gewisses Taschengeld frei verfügen darf, aber alles wichtige der Sachwalter entscheidet.

Kurze Frage: ist das wirklich der Lebensentwurf, nach welchem wir in Zukunft leben sollten?

2 Kommentare:

  1. Die FAZ berichtet aktuell über andere Lebensentwürfe und Möglichkeiten, die der menschlichen Natur eher entsprechen.

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  2. @Arminius Wenn es in der FAZ kommt, dann kann man es wohl getrost vergessen. Ich kann es mir lebhaft vorstellen....
    aber nach Gruseln ist mir heute nicht. Sollen die guten Menschen leben wie Sie wollen, dann sollen Sie mir aber das gleiche Recht zugestehen. Ich wüsste zumindest welches Geld ich wem nicht mehr gäbe....

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