Das ist — wenn die Jugendlichen freiwillig und im Konsens mit allfällig Erziehungsberechtigten daran teilnehme — völlig legitim: man darf dazu aufrufen, Israel zu boykottieren. Und dieser Polit-Charakter erklärt auch, weshalb viele Jugendliche zunächst fälschlich davon ausgingen, die Schießerei wäre eigentlich nur eine Theaternummer, um handgreiflich zu zeigen, wie grausam die Israelis die Palästinenser unterdrücken. Nun, auch solche Theaternummern sind legitim in einem Land mit Meinungsfreiheit.
Nur sollte all dies in den Medien dann auch so transportiert werden. Wurde es aber nicht. Es wurde die süße Illusion eines Jugendcamps geweckt, in dem »Kinder« aus aller Herren Länder beisammenwaren, bis die Gewalt einbrach und dieses Idyll störte. Nun werden vermutlich ein paar Flachköpfe sich bemüßigt fühlen, darauf hinzuweisen, daß ein Boykott-Transparent und die ideologische Ausrichtung des Jugendcamps doch keineswegs eine Entschuldigung für ... ... geschenkt! Das behauptet auch niemand (meines Wissens nicht mal Herr Breivik). Aber es geht um Hintergründe einer ansonsten einfach unbegreiflichen Handlung. Es ist — um es mit einem Vergleich zu sagen — wie wenn ich in Indonesien Zeuge eines Flugzeugabsturzes werde und die Untersuchungen schließlich ergeben, daß dies mit Gasen im Zusammenhang stand, die sich über Vulkanen in der Atmosphäre befinden können. Das macht die Toten nicht lebendig und den Absturz um nichts weniger tragisch — aber es gibt Anhaltspunkte für die Zukunft, wie derlei vermieden werden kann. Einfach ein generelles Flugverbot auszusprechen wäre demgegenüber wohl nicht zielführend.
In der Berichterstattung der letzten Tage fallen v.a. zwei Tendenzen auf:
1. die von den systemkonformen, also tendenziell bis explizit linken Medien sofort erhobene Schuldzuweisung: »Da sieht man, wohin Rechtspopulismus führt!«, und
2. die tränendrückende Schilderung des Grauens, verbunden mit dem Achselzucken: ein Verrückter, dessen Handlungen keiner Erklärung, sondern höchstens einer psychiatrische Diagnose bedürfen.
Beides greift deutlich zu kurz. Und beides hilft für die Zukunft nicht weiter (in Muttis Diktion könnte man es also als »wenig hilfreich« bezeichnen). Nun — ist es wirklich so, daß eine andere Herangehensweise als die vorgenannten beiden nicht denkbar wäre? Doch, da bin ich mir ganz sicher! Statt hier das Rad neu zu erfinden, verweise ich auf zwei Blog-Artikel, die in höchst unterschiedlicher Weise versuchen, Interpretationen zu liefern. Interpretationen, die nicht allen gefallen werden (und insbesondere nicht Linken). Aber das soll uns nie abhalten, solche Interpretationen zu wagen. In jener Freiheit, von der der große alte Friedrich August von Hayek einmal sagte: »Freiheit, die nur gewährt wird, wenn im voraus bekannt ist, daß ihre Folgen günstig sein werden, ist nicht Freiheit. Wenn wir wüßten, wie Freiheit gebraucht werden wird, würde sie in weitem Maße ihre Rechtfertigung verlieren. Wir werden die Vorteile der Freiheit nie genießen, nie jene unvorhersehbaren Entwicklungen erreichten, für die sie die Gelegenheit bietet, wenn sie nicht auch dort gewährt ist, wo der Gebrauch, den manche von ihr machen, nicht wünschenswert erscheint.«
MediaScan: »Sozialdemokratie und Gewalt«
Hadmut Danisch: »Tabuisierung als Auslöser des Attentats in Norwegen?«
Zu Danishs Aufsatz über die Tabuisierung und Blockwartmentalität vielleicht als Ergänzung was von Konrad Adam
AntwortenLöschenDie Parallelen zwischen den Fällen Kotzebue und Mannichl gehen also weiter. Sie ergeben sich dann, wenn man die Anmaßung, die damals von oben kam, durch die Anmaßung von unten ersetzt; wenn man die Zwangsjacke des politisch korrekten Verhaltens als zeitgerechte Nachfolgerin der Zensur versteht; und wenn man dem Gesinnungsdruck auch dann nichts abgewinnen kann, wenn er nicht länger durch Verbote, sondern, wie heute üblich, durch Lichterketten ausgeübt wird.
Der größte Unterschied zwischen damals und heute dürfte darin bestehen, dass die Presse seinerzeit nur im Wege der Einschüchterung davon abgebracht werden konnte, der Wahrheit nachzuspüren, während sie sich heute mit Abgeschriebenem zufrieden gibt und sich couragiert vorkommt, wenn sie nachspricht, was ihr die Regierung vorgesprochen hat.