Da ich seinerzeit im Jahre 2000, anders als die europäischen Mediengewaltigen, in Österreich weder Konzentrationslager, Schauprozesse, noch irgendwelche »Gewalt von Rechts« feststellen konnte, dafür aber jede Menge Gewaltaufrufe von linken Demonstranten, die allwöchentlich ihre »Donnerstag-Demo« abhielten, Hauswände beschmierten, Autos, Schaufenster beschädigten, und dazu so Nettigkeiten à la »Widerstand! Widerstand! Schüssel, Haider an die Wand!« grölten, nehme ich an, daß es sich auch bei dieser neuerlichen Konstatierung einer »Gefahr von Rechts« um ein bloßes Phantomphänomen handeln wird, das die EU (= Europäischen Untertanen) davon abhalten soll, die wahren Probleme Europas wahrzunehmen: eine verknöcherte Eurokratie, Bevormundung, Meinungsdiktatur, überbordender Sozialstaat, offene Islamisierung usw. usf. ...
Gerne nehme ich daher die Möglichkeit wahr, einen »Offenen Brief zum Mediengesetz«, den Jan Mainka in der »Budapester Zeitung« am 11.1.11 veröffentlichte, und der trotz der sicherlich emsigen Recherche unserer europäischen Journaille den Weg in die Systemmedien nicht fand (man kann ja nicht alles bringen, da es an diesem Tag z.B. galt, die wichtige Neuigkeit einer weiteren Staffel von »Dschungelcamp« zu verkünden ...), meinen geneigten Lesern zur Kenntnis zu bringen. Eh voilà — hier ist er:
Liebe mitfühlende bundesdeutsche Journalisten,Pfffffffffft ..... da ist aber ganz schön die Luft draußen aus dem angekündigten Reich des Bösen, das da im Lande des Gulyas und der Zigeunerkapellen (die nur ein Rassist so nennen darf) demnächst ausbrechen soll. Also, tief durchatmen, liebe Journaille! Und vielleicht zur Abwechslung mal von wirklich wichtigen Dingen berichten: von der steigenden Inflationsrate. Von den osmanisch-großmachtbesoffenen Träumen des Herrn Erdogan. Vom baldigen Bankrott Portugals. Von den unfinanzierbaren Pensionssystemen. Von der steigenden Gewaltkriminalität. Von der immer katastrophaleren Schulbildung. Vom Ende der Vertrags- und Meinungsfreiheit durch sogenannte »Antidiskriminierungsgesetze«. Von vielem mehr — denn: Themen gäb's ja genug ...
habt recht herzlichen Dank für Euer unermüdliches, aufklärerisches Wirken in Sachen ungarischer Gegenwartspolitik. Ohne Eure präzise Recherche und scharfsinnigen Gedanken hätten sicher viele arglos vor sich hinlebende Ungarn nicht mitbekommen, dass sich ihr Land schon voll auf dem „Marsch in den Führerstaat befindet“ und ihr Premier in Wahrheit ein verkappter „Führer“ ist, mit einem guten Schuss an Lukaschenko, Putin, Berlusconi, Horthy und welche Namen ihr ihm dieser Tage sonst noch anhängt. Da kann einer noch so sehr auf Demokrat machen, Eurem gut geschulten Gespür entgeht kein Bösewicht!
Auch die Information, dass die Pressefreiheit in Ungarn abgeschafft worden ist, verdanken wir Euch. Das wäre uns doch glatt entgangen! Nicht aber Euch. Immerhin kommt Ihr aus einem Land, in dem jeder frei seine Meinung äußern und veröffentlichen darf. Sogar ganze kritische Bücher kann man zu Gegenwartsthemen veröffentlichen, ohne gleich Angst haben zu müssen, seinen Job zu verlieren oder der gesellschaftlichen Ächtung anheim zu fallen. Klar von Leuten, in deren Land das Recht auf freie Meinungsäußerung so perfekt verwirklicht ist und die noch dazu gegenüber abweichenden Meinungen eine so bewundernswerte Toleranz an den Tag legen, lassen wir uns gerne etwas sagen. Ihr wisst schließlich, wie schön es sich in einem Land ohne politische Zensur und Tabus leben lässt. Und sicher sind Eure Ratschläge und Hinweise alle nur gut gemeint.
Ein spezieller Dank an dieser Stelle an die WELT, die es sich zur Ehre anrechnen kann, in Orbán noch vor allen anderen bereits im letzten Oktober den „Führer“ erkannt zu haben. Dank des Spiegels und seines profunden Ungarn-Kenners Erich Follath wiederum konnten wir erfahren, dass sich die „Hauptstadt der Alpträume“, also unser geliebtes Budapest unversehens zum „Zentrum eines neuen Antisemitismus“ gemausert hat. Na da schau mal einer her! Auch das wäre uns glatt entgangen! Aber Spiegel-Leser wissen halt mehr.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch ZDF-Chefredakteur Peter Frey und sein jüngster Kommentar „Unser Ernstfall heißt Ungarn“, worin er noch einmal klarmachte, dass die Pressefreiheit in Ungarn abgeschafft worden sei und dass dem „Bazillus“ jetzt mit aller Entschlossenheit entgegengetreten werden müsse. Danke auch für seinen gleich mitgelieferten Vorschlag an Kanzlerin Merkel, in Orbáns Gegenwart nicht mehr zu lächeln und sich bei Gipfeltreffen für das obligate „Familienfoto“ zusammen mit dem ungarischen Regierungschef solange zu verweigern, wie dieser das teuflische Mediengesetz nicht zurückgenommen hat. Großartig, so bekommt Ihr Orbán bestimmt weich!
Als nächstes sollte es dann aber endlich Lichterketten um alle ungarischen Einrichtungen in Deutschland geben – wenn ich auch mal einen Vorschlag einbringen darf. Und macht den EU-Parlamentariern klar, dass sie bitte schön auf die Toilette zu gehen haben, sollte Ungarns Premier, pardon, Führer, einmal vor ihnen zu einer Rede ansetzen!
Eure Kritik und Eure Ideen sind uns wirklich wichtig. Umso mehr, da auch wir manchmal den Eindruck haben, dass Orbán seine Zweidrittelmehrheit zuweilen etwas zu Kopfe steigt und dann sein Realitätssinn leidet. Wie anders ist es etwa zu erklären, dass er das Inkrafttreten seines ohnehin schon unglücklich verkauften Mediengesetzes ausgerechnet auf den 1. Januar legen musste? Hat ihm wirklich niemand gesagt, dass vermeintliche oder reale Angriffe auf die Pressefreiheit für Euch ein rotes Tuch sind? Sollte er sich tatsächlich sehenden Auges den schönen Augenblick der EU-Ratspräsidentschaftsübernahme verhagelt haben?
Bitte steht ihm also auch weiterhin zur Seite. Unfehlbar ist ja nicht einmal der Papst. Aber seid bitte etwas konstruktiver und weniger oberflächlich. Denn Ihr wollt ihm doch wirklich helfen, oder?
Doch lasst bitte die Faschismuskeule unten! Ihr schwingt sie inzwischen so inbrünstig, dass man zuweilen den Eindruck gewinnen könnte, Euch ginge es nur darum und Ungarn wäre Euch egal. Dabei wisst Ihr doch, mit solchen Keulen beginnt man keine Diskussionen, sondern würgt sie ab, bevor sie überhaupt begonnen haben. Und das dürfte doch sicher nicht Eure Absicht sein, oder? Haltet Eure schwersten Geschütze lieber für den Tag zurück, an dem sich in Ungarn wirklich einmal eine schlimme politische Katastrophe abzeichnet. Wenn dann kein Argument mehr hilft, dann schlagt halt zu, meinetwegen auch mit dieser Keule.
Übrigens wisst Ihr mit Eurem untrüglichen Faschismusgespür eigentlich, dass die Partei Jobbik, also das nächststehende, was das ungarische Vier-Parteien-Parlament in Sachen Faschismus zu bieten hat, genauso vehement gegen das Mediengesetz Sturm läuft wie Ihr? Was für eine Allianz! Genau wie damals, 1932 beim Berliner Straßenbahner-Streik! --- Oh, Pardon, war nur ein schlechter Witz! In Sachen hinkender historischer Vergleiche seid Ihr eh unschlagbar… --- Aber macht es Euch nicht nachdenklich, dass sich ausgerechnet Jobbik gegen das von Euch als Vorgeburt des Faschismus so trefflich erkannte Mediengesetz engagiert? Warum wohl? --- Na, kommt Ihr selbst drauf?
Doch zurück zum Thema: Teilt Orbán und seinen Mannen also ruhig konstruktiv und sachlich Eure Kritikpunkte am Mediengesetz mit. Macht ihn auf mögliche Gefahrenquellen aufmerksam. Zeigt ihm, wo es Nachbesserungsbedarf gibt und wie man gewisse Dinge besser lösen könnte. Ihr habt doch das ungarische Mediengesetz genau studiert, oder? Euer überzeugter Ton vermittelt zumindest diesen Eindruck. Und ebenso seid Ihr bestimmt auch bezüglich der geltenden gesetzlichen Praxis in Deutschland auf dem Laufenden! Also helft uns dann bitte mit zweckdienlichen Ratschlägen! Aber sucht bitte nicht rechthaberisch das Haar in der Suppe! Das machen ungarische Journalisten bei Eurem Mediengesetz und Eurer Medienpraxis schließlich auch nicht.
Und passt mit Euren Informanten auf! Wenn Ihr Euch an nicht mehr maßgebliche Intellektuelle wendet oder an Vertreter nicht mehr existenter Parteien, kann sich für Euch leicht ein etwas entstelltes Bild der ungarischen Wirklichkeit ergeben. Seid ein wenig quellenkritischer. Da sich westliche Presseveröffentlichungen über Ungarn in unserem Lande stets einer starken Beachtung erfreuen, seid Ihr bei innenpolitischen Auseinandersetzungen sehr begehrt. Seid vorsichtig, lasst Euch nicht vereinnahmen! Spielt bei innenpolitischen Kämpfen nicht die unterstützende Artillerie! Lasst Euch nicht von falschen Freunden füttern!
Noch ein Tipp: Wenn Ihr wollt, dass sich die ungarische Regierung mit Eurer Kritik tatsächlich auseinandersetzt, dann formuliert sie so, dass sich die Kritisierten mit ihrer Lebenswirklichkeit in Euren Beiträgen tatsächlich wiederfinden. Wenn Ihr nämlich eine Lebenswirklichkeit beschreibt, die mit der ungarischen herzlich wenig zu tun hat und eher auf Staaten wie Weißrussland oder China gemünzt zu sein scheint, besteht die begründete Gefahr, dass sich die Adressaten Eurer Botschaften nicht angesprochen fühlen. Beschreibt also bitte die ungarischen Zustände, wenn Ihr von Ungarn redet!
Vergesst auch bitte nicht, dass es sich bei den Ungarn um hilfsbereite Menschen handelt, nicht zuletzt gegenüber Deutschland und den Deutschen – siehe 1989. Solltet Ihr sie zu sehr mit Eurer – sicher nur ganz uneigennützigen – Hilfe in Sachen Pressefreiheit überschütten, dann könnten sie, angestachelt von so viel wohlwollender Hilfsbereitschaft, durchaus auf die Idee kommen, sich bei Euch zu revanchieren und einmal in Eurem Lande nach dem Rechten schauen. Solltet Ihr Euch aber in Sachen bundesdeutscher Meinungs- und Pressefreiheit nicht so sicher sein, würde ich es mir an Eurer Stelle lieber genau überlegen, ob ich eine derartige Welle der Hilfsbereitschaft wirklich heraufbeschwören will.
Und schließlich noch ein Wort zur Absicht Eures Handels. Wer zu so schweren Waffen wie der Faschismus- oder meinetwegen auch nur der Horthy-Keule greift, und sich damit von vornherein von jeder vernünftigen Diskussion und Lösung strittiger Fragen verabschiedet, hat mit dem amtierenden ungarischen Premier nicht mehr viel am Hut. Ganz offensichtlich habt Ihr Orbán abgeschrieben. Gut, Geschmackssache. Aber bitte, wer, wenn nicht er und seine Jungen Demokraten – so heißt Orbáns Partei übrigens übersetzt –, sollen zum jetzigen Zeitpunkt die Geschicke Ungarns lenken? Etwa die jungen Grünen von der LMP, die noch immer damit beschäftigt sind, sich selbst zu finden? Oder gleich die jungen Wilden von Jobbik, damit die Fronten noch klarer sind?
Eine Neuauflage einer Regierung der alten Sozialisten kann sich jedenfalls nur wünschen, wer ein weiteres Griechenland vor der Haustür haben will und dessen Scheckbuch dick genug ist, die Folgekosten weiterer Jahre Misswirtschaft und Korruption zu begleichen. Ob es Euch nun schmeckt oder nicht, momentan ist eine Alternative zur Regierung Orbán nicht in Sicht. Versucht Euch also bitte mit ihr abzufinden und das Beste draus zu machen. Findet Euch auch damit ab, dass die ungarische Bevölkerung nicht so blöd ist, wie Ihr denkt. Vielleicht müsst Ihr sie gar nicht dauernd in Sachen Demokratie belehren und darüber aufklären, dass Orbán ein ganz schlimmer Spießgeselle ist und er ganz viele schlimme Sachen mit ihnen und ihrem Land vorhat. Vielleicht wollen auch die ungarischen Bürger, so wie Ihr, einfach nur vernünftig leben – ohne jegliche böse Hintergedanken.
Mit kollegialen Neujahrsgrüßen
Jan Mainka
Dankeschön, hab's gleich verwurstet.
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