Donnerstag, 16. September 2010

Nichtstattgefundene Koranverbrennung

Kleiner Nachschlag zur geplanten, dann aber wieder abgesagten Koranverbrennung in Florida: in einem frommen Blog fand sich dazu folgender
Zwischenruf: Wer Korane verbrennt, hat das Evangelium verpennt!

Wer wie Terry Jones, unbedeutender Pastor einer winzigen Gemeinde (der eine deutsche Gemeinde in Köln mit seinem Verhalten traumatisiert hat!), nun Korane verbrennen will, der hat Entscheidendes nicht verstanden.

• Wie war das mit der Feindesliebe und der Aufforderung Jesu, selbst Feinde zu segnen?

• Wie war das mit der Aufforderung des Paulus, Frieden mit jedermann zu halten, so es in unseren Möglichkeiten steht?

• Wie steht es um die respektvolle Art, mit der sich Paulus den Götzendienern auf dem Areopag nähert – obwohl er um ihren Irrweg weiß und nicht für voll genommen wird von der Mehrzahl?

• Wie steht es um die Aufforderung des Paulus, Böses durch Gutes zu überwinden? Und die Rache nicht auszuüben, sondern Gott das Urteil zu überlassen?

• u.v.m.
Diese Aufzählung hat natürlich insoweit recht, als sie uns z.B. das Verbrennen von Moslems aus Glaubensgründen untersagt (wenngleich die Kirche in früheren Jahrhunderten der spanischen Inquisition sich nicht unbedingt daran gehalten hat). Die Feindesliebe verträgt sich darüber hinaus sogar ganz prächtig mit Koranverbrennungen, da damit ja bloß ein Buch vernichtet wird, welches ganz explizit keine Feindesliebe, sondern ganz im Gegenteil die Ermordung und völlige Auslöschung aller Feinde fordert. »Fiat tibi secundum verbum tuum«, kann man da nur sagen ...

Nun, die geplante Verbrennung hat ohnehin nicht stattgefunden. Und selbst wenn: außer einem heuchlerischen Aufschrei irgendwelcher Moslems und ihrer gutmenschlichen fünften Kolonnen im Westen wäre es völlig gleichgültig gewesen. Heuchlerisch deshalb, weil es in moslemischen Ländern genug aktuelle Beispiele gibt, daß nicht bloß Schriften*) der Christen verbrannt werden, sondern gleich ihre Kirchen, und wenn's geht, samt lebendem Inhalt (wie vor kurzem z.B. in Pakistan bzw. Indonesien).

Ich gehe davon aus, daß die zur Verbrennung bestimmten Korane nicht aus der nächstbesten Moschee geraubt, sondern legal in einer Buchhandlung erworben wurden. Insofern hat jeder Besitzer das Recht, mit seinem Eigentum nach Gutdünken zu verfahren. So, wie ich berechtigt bin, Lenins »Ausgewählte Werke, Band I-III« in die Mülltonnne zu werfen, auch wenn das z.B. ein ehemaliges SED-Mitglied mit tiefem Schmerz erfüllen sollte, oder eine im geerbten Nachlaß der Resi-Tant' auftauchende »Betende Gemeinde«, ebenso bin ich und jeder andere legale Besitzer berechtigt, ein Werk wie den Koran, das nur so strotzt von Aufrufen, wie die »Ruchlosen«, »Ungläubigen« und »Abtrünnigen« am besten umzubringen wären, in die Rundablage zu werfen oder zu verbrennen (soferne das Material des Buchdeckels nicht eine Entsorgung als Sondermüll geraten erscheinen läßt).

Wer Korane verbrennt, hat ebensowenig das Evangelium verpennt, wie einer, der Lenins Werke, Hitlers »Mein Kampf«, oder sonst was auch immer — von mir aus Eichendorffs Gedichte — verbrennt. Solange es sich dabei um sein Eigentum handelt, ist es seine, und nur seine Sache.

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*) Versuchen Sie einmal, eine Bibel nach Saudi-Arabien einzuführen — viel Spaß! Die wird Ihnen bei Entdeckung von Zoll abgenommen, Sie festgenommen — und Sie können sicher sein: die konfiszierte Bibel landet nicht in der Saudischen Nationalbibliothek, Abteilung »Heilige Schriften anderer Religionen«, sondern im Mistkübel und danach in der Müllverbrennungsanlage ...

6 Kommentare:

  1. Sorry, dass ich sanft widerspreche - wo schon mein Blog angesprochen wird. Das Verpennen des Evangeliums ist ja nicht im Wortsinn an das Verbrennen von Materie gebunden. Sondern am mangelnden Respekt vor einem Menschen und seiner - wenn auch aus Sicht eines Christen irrigen - Meinung. Die Frage bleibt weiterhin, auch wenn diese subjektiv und emotional erscheint: Können wir uns Jesus Christus vorstellen, der zu so einer Verbrennung dazu käme und wutentbrannt Korane ins Feuer würfe? Ich nicht... es geht um das Herz und die Haltung, nicht um den Wortsinn. Eine Feindesliebe (und Moslems sind ja nicht einmal Feinde, aber wie viel mehr müsste es für sie gelten!) ohne Herz widerspräche dem Geist des Neuen Testaments. Wer Terry Jones gesehen und gehört hat, kennt dessen Herz... aber sonst stimme ich dir absolut zu in der Schieflage der Thematik!!

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  2. @wegbegleiter:

    Welcome on board! Sie dürften in diesem nonkonformistischen Blog übrigens auch unsanft widersprechen — das halte ich schon aus ...

    Können wir uns Jesus Christus vorstellen, der zu so einer Verbrennung dazu käme und wutentbrannt Korane ins Feuer würfe? Ich nicht...
    Naja, wenn ich daran denke, daß die Evangelien von einem die Händler mit einer Geißel aus dem Tempel treibenden Jesus erzählen (über die Historizität dieser Begebenheit habe ich vermutlich andere Ansichten als Sie — aber nehmen wir die Erzählung halt einfach so, wie sie dasteht), dann erscheint mir das nicht unvorstellbar. Und auch an anderen Stellen ist er nicht gerade als »Supersoftie vom Dienst« unterwegs

    ... und Moslems sind ja nicht einmal Feinde
    Angesichtes einer Religion und ihrer überzeugten Anhänger, deren »Heilige Schrift« sie zur Unterwerfung und (falls unbelehrbar) Ausrottung von Ungläubigen auffordert, diesen jedenfalls aber die sichere ewige Verdammnis zumißt*) und angesichts im moslemischen Raum allgemein verbreiteter Aktionen wie Abfackeln von Kirchen, Deklasierung, Vertreibung, Ermordung von Andersgläubigen etc. etc. erscheint mir jede andere Bezeichnung als »Feindschaft« gegenüber Andergläubigen ein unangebrachter Euphemismus.

    Eine Feindesliebe (...) ohne Herz widerspräche dem Geist des Neuen Testaments.
    Nein. »Feindesliebe« heißt nichts anderes, als daß man auch seinen Feind ad personam nicht hassen soll — eine affektive Liebe (»mit Herz«, um bei Ihrer Diktion zu bleiben) ist weder erforderlich, noch realistischerweise denkbar. Nur Masochisten können diejenigen, die ihnen die Zähne einschlugen, oder die Tochter vergewaltigten und dann islamisch zwangsverheirateten, die Frau als »blonde Schlampe« bezeichneten, usw. usf. »von Herzen« lieben.

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    *) wo da der Unterschied zu den gängigen Auffassungen der heutigen (sic! Aber wir leben nun mal heute — Christen wie Moslems!) christlichen Kirchen liegt, brauche ich Ihnen nicht zu erklären.

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  3. Es geht um Meinungsfreiheit, den Kern der Aufklärung und der Demokratie, und um die Frage, ob Respekt, Rücksichtnahme und Toleranz die richtigen Mittel im Umgang mit Kulturen sind, die sich ihrerseits respektlos, rücksichtslos und intolerant gegenüber allem verhalten, was sie für dekadent, provokativ und minderwertig halten, von Frauen in kurzen Röcken bis hin zu Karikaturen, von denen sie sich provoziert fühlen, ohne sie gesehen zu haben.

    Eines darf aber definitiv nicht länger sein: Vor lauter falsch verstandener Toleranz und Nächstenliebe die Ausbreitung dieser Ideologie in Europa weiter unkritisch und ohne Forderungen zu unterstützen.

    Denn Toleranz gegenüber Intoleranz bedeutet letzten Endes Selbstaufgabe.
    »Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.«

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  4. @gerndrin:
    Fast (aber eben nicht ganz) d'accord! Denn der Satz
    »Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.«
    wird leider auch zu so Unsäglichkeiten wie der p.c. und dem vorgeblichen »Kampf gegen Rechts« mißbraucht, daß ich dagegen eine gewisse Allergie entwickelt habe. Ich halte es da lieber mit dem bekannten Voltaire-Zitat ...

    Im Bezug auf die Muselmanen heißt das: ich verbiete ihnen nicht den Mund, wenn sie mich als »Ungläubigen« beschimpfen. Ich revanchiere mich lieber, indem ich sie als Muselmanen bezeichne und ihre Vorstellung von 72 Jungfrauen pro Nacht für erfolgreiche Selbstmörder lächerlich mache.

    Lachen tötet. Nicht sofort, aber nachhaltig ...


    P.S.: Ähm — wie darf man Ihren Nickname übrigens interpretieren ....? ;-)

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  5. Le Penseur hat in mir einen frommen Mitstreiter auf der Brücke. Friedmann hat zu Sarrazin Lou Salomé, Paul Ree and Friedrich Nietzsche (1882) "Keine Toleranz gegen diese Intoleranz!", gesagt. Toleranz muss ein Begriff bleiben, der zur praktischen Bestimmung sozusagen nicht weiter definiert wird, ebenso wie beim Menschenrecht. Es ist immer gefährlich, wenn hüben wie drüben mit dem Begriff der Toleranz definiert wird, wen sie schützt. Ebenso gefährlich ist es immer, wenn mit den Menschenrechten definiert wird, über wen diese die Hände halten.

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  6. Ups, die Lou, der Paul und der Friedrich sind aus dem Zwischenspeicher reingerutsch. Bitte rausdenken ;) Sorry

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