von LePenseur
... gab es eine Nationalratswahl in Österreich. Die erste nach der Nationalratswahl 1945, bei der allerdings weite Teile der Österreicher, entweder, weil sie "Nazis" gewesen waren (in Wahrheit waren viele von ihnen wohl bloß mehr oder weniger nominelle "Parteigenossen", die dadurch einfach einen Job bekommen und Karriere machen, oder einfach sozial nicht ausgegrenzt werden wollten ...), oder als Kriegsgefangene noch nicht heimgekehrt waren, nicht teilnehmen konnten bzw. durften.
1949 waren die Kriegsgefangenen zum größten Teil wieder zuhause und die "minderbelasteten" Mitläufer (ca. 90% der Parteigenossen) erstsmals wieder wahlberechtigt. Dementsprechend groß war das Zittern der beiden Koalitionsparteien, wieviel Federn sie wohl lassen müßten an die WdU, die neu entstandene "Wahlpartei der Unabhängigen" (aus der dann später einmal die FPÖ werden sollte). Dementsprechend groß war aber auch das Bestreben der Koalitions-Zwillinge SPÖ und ÖVP, aus dem Wählerpool der "Ehemaligen" möglichst viele Stimmen zu akquirieren!
Wenn heute so getan wird, als wären die "Nazis" einfach über die WdU/den VdU dann nahtlos zu FPÖlern mutiert, dann kann man nur sagen: das ist Geschichtsklitterung, die völlig außer Acht läßt, daß das "Dritte Lager" in Östereich, und zwar sowohl in der "Ersten Republik" (1919-34) wie schon davor in der Zeit der Monarchie (bis 1918) einen gewichtigen Gegenpol zu beiden "Volksparteien", also den Christlichsozialen und den Sozialdemokraten bildete. Und so, wie eben 1938 viele früherer Sozialdemokraten sich vom International-Sozialismus zu dessen nationaler Variante "bekehrten", gab es 1949 auch genug, die sich dann "ihrer" früheren Partei wieder zuwandten. Auch bei der ÖVP (die nach 1945 die Position der Christlich-Sozialen eingenommen hatte), kam es zu Überläufern bspw. aus dem früheren Landbund, dessen Mitglieder meist zum ÖVP-Bauernbund gingen, aber auch von manchen früheren Anhängern der "Großdeutschen", wofür die WdU (deren beide Gründerväter jedenfalls als in der Nazizeit politisch Angeklagter bzw. sogar Zuchthausinsasse sicher keine "Nazis" waren!) zweifellos auch Stimmen früherer Liberaler bekam, die sich weder für Sozialismus (in damals noch recht "austromarxistischer" Couleur) oder Klerikalismus begeistern konnten ...
Das Ergebnis dieser Wahl war jedenfalls, wenn man es mit der heuer, 75 Jahr später, abgehaltenen vergleicht, spektakulär anders: Die ÖVP erzielte rund 44% der Stimmen, die SPÖ kam, doch deutlich abgeschlagen, auf knapp 39% und die WdU erzielte auf Anhieb knapp unter 12%. Die Kommunisten stagnierten (trotz, oder wohl eher: wegen der sowj́etischen Besatzungsmacht) bei 5%.
Bundeskanzler Figl und sein sozialistischer Vize Schärf (ersterer später Außenminister, letzterer später sogar Bundespräsident) wären vor Entsetzen wohl vom Sessel gefallen, hätte das Ergebnis für ihre beiden Parteien so ausgesehen wie bei der aktuellen Wahl 2024 ...
Tempora mutantur ...
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