von LePenseur
... wird vielen Lesern dieses Blogs bestenfalls (wenn überhaupt) dem Namen nach bekannt sein. Dieser eminent gebildete und kunstsinnige
Sektionschef im
k.k. Ministerratspräsidium wird in einem überaus wohl-gelungenen Artikel bei Wikipedia hinsichtlich seines literarischen Schaffens sehr treffsicher wie folgt charakterisiert:
Schaukals Wesen ebenso wie sein Schreiben war nicht ge-schlossen und
einheitlich, oft kann man ihn mit seinen eigenen Aussagen widerlegen.
Vergleicht man die strengen stilkritischen Bemerkungen, die ihn in den
Kontext der Ornamentkritik Karl Kraus’ oder des Architekten Adolf Loos stellen, mit seinen im-pressionistisch gefärbten literarischen Arbeiten, zu denen neben den frühen Gedichten auch die Novelle Mimi Lynx
(1904) zählte, so wird ein krasser Widerspruch deutlich, der Schaukals
Charakter und sein Werk insgesamt auszeichnet. In seinen vielschichtigen
Tätigkeiten als Schriftsteller, Übersetzer, Rezensent und
Kultur-kritiker war er gleichermaßen konservativ und progressiv. Da er
die verschiedensten Einflüsse seiner Zeit sensibel registrierte und
produktiv umsetzte, stellte er eine gleich-sam seismographische Figur
nicht nur der Wiener Jahrhundertwende, sondern der europäischen Kultur
um 1900 dar. Der Historiker Gordon A. Craig sieht bei ihm wie seinen deutschen Zeitgenossen das Unpolitische vorherrschen.
Im Wikipedia-Artikel wird auch eines seiner originellsten Werke, Leben und Meinungen des Herrn Andreas von Balthesser (1907), ausführlich gewürdigt:
[...] „der prächtigste Dandy der österreichischen Poesie“, wie Peter Härtling
ihn nannte, vertritt einen dekadent überfeinerten Lebensstil, ist
überlegen, lässig, elitär und hasst die Gesellschaft, die er gleichwohl
nicht missen möchte. Im Mittelpunkt des Interesses steht seine äußere
Erscheinung, die er mit größtem Aufwand inszeniert. Dennoch achtet der
Dandy auch auf sein Benehmen, seine Manieren und seine Sprache; das
Dandytum ist eine Ideologie.
Wer im Antiquariat auf dieses kleine Bändchen stößt: kaufen, lesen — es ist einfach köstlich! Schaukals essayistisches Werk zeigt seine konservativ-monarchistisch-katholisch-philosophische Weltsicht in großer Tiefe und besticht darüber hinaus durch stilistische Klarheit und edle Sprachschönheit, die im Deutschen leider nicht zum selbstverständlichen »Inventar« von Essays gezählt werden können. Hier sind v.a.
Vom Geschmack. Zeitgemäße Laienpredigten über das Thema Kultur (1910) und
Vom un-sichtbaren Königreich (ebenfalls 1910) hervorzuheben.
Das
Gutenberg-Projekt bringt auch eine Reihe seiner Novellen, auch hier kann die Lektüre — sofern man einen Sinn für differenzierte Charakteristik mitbringt und von einer Novelle keine »Sensationen« erwartet, sondern Sensibilität und Formsinn — nur empfohlen werden. Es ist eigentlich nicht recht begreiflich, warum diese wertvollen Schriften völlig in Vergessenheit geraten sind!
Ein Werkchen, auf das ich auch erst jetzt, beim Verfassen dieses kleinen Gedenkartikels, im Gutenberg-Projekt stieß, ist eine Biographie von
Wilhelm Busch — auch hier erweist sich Richard von Schaukal nicht nur als feiner Stilist, sondern als präzise auslotender Kunst- und Literatur-kritiker, der auch dem ausgewiesenen Busch-Kenner manches Detail erst recht zu Bewußtsein bringt.
Mit dem Untergang der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie konnte sich der 1918 von Kaiser Karl in den Adelsstand erhobene Dichter und Ministerialjurist zeitlebens nicht abfinden. Er verließ den Staatsdienst und bestritt sein Leben fortan als freier Schriftsteller, Übersetzer und Kritiker. Heute vor achtzig Jahren, am 10. Oktober 1942, ist Schaukal in Wien, inmitten der Wirren des Zweiten Weltkriegs, gestorben.
Danke für den Hinweise.
AntwortenLöschenDas werde ich mir näher ansehen!