Mittwoch, 8. Juni 2022

Tarare

von LePenseur
 
 
Wieder ein wenig Bildung auf diesem Blog — und ein kleiner Versuch der Wiedergutmachung an einem von der Nachwelt fast vollständig — und in dieser Einmütigkeit jedenfalls zu Unrecht — vergessenen Komponisten:
 
Antonio Salieri
 

Ihn kennt man, soweit man ihn kennt, eigentlich nur dank der genialen Darstellung durch Murray Abram im Film Amadeus (1984) — die bei aller herausragenden Qualität dennoch einem Rufmord gleichkommt, dessen Begehung allerdings dem Regisseur und nicht dem Darsteller anzulasten ist! Wikipedia schreibt zurecht:
 Auch in Peter Shaffers Bühnenstück Amadeus und dessen Verfilmung Amadeus von Miloš Forman wird Salieri als skrupelloser Ehrgeizling gezeichnet. In diesem Film blickt Salieri am Ende seines Lebens auf die Zeit mit Mozart zurück. Fälschlicherweise wird Salieri hier als mittelmäßiger Komponist, Intrigant und Gotteslästerer dargestellt, was seinem Werk und Wirken nicht gerecht wird. Er war sechs Jahre älter als Mozart und überlebte ihn um 34 Jahre. Tatsächlich macht sein Gesamtwerk sein herausragendes Talent offenkundig, zahlreiche Zeitzeugen belegen Salieris äußerst liebenswürdige Art. Seine tief empfundene Religiosität wird von seinen Biographen nicht angezweifelt.
Nun: Salieri war sicherlich kein Mozart — ein »herausragendes Talent«, wie es Wikipedia formuliert, zweifellos, doch kein Genie, darüber wird wohl keine Kontroverse entbrennen. Nur gibt es auch nicht so viele »herausragende Talente« in der Musikgeschichte, daß es sich nicht auszahlte, eines von ihnen neben den noch selteneren Genies einer angemessenen Aufmerksamkeit zu würdigen. Und so sei heute, 235 Jahre seit dem Tage der Uraufführung am 8. Juni 1787, an eine seiner großen Opern erinnert:

Tarare

Oper in einem Prolog und fünf Akten

 Libretto von Beaumarchais — Musik von Antonio Salieri
 

Das Werk — und seine etwas verwickelte Handlung, die sonst kaum verständlich bleibt — wird auf Wikipedia in einem ebenso lesenswerten wie informativen Artikel gewürdigt, das Video stammt von einer sehr stimmig inszenierten Aufführung mit den Deutschen Händel-Solistenbei den Schwetzinger Festspielen (1988).

Dirigent: Jean-Claude Malgoire
 Deutsche Händel-Solisten 
 und 
Tarare - Howard Crook 
Atar - Jean-Philippe Lafont 
Spinette - Anna Caleb 
Calpigi - Eberhard Lorenz 
Altamort - Hannu Niemelä  
Artenee - Nicolas Rivenq  
Urson - Jean-François Gardeil
Asasie - Zehava Gal 
 Le genie du feu - Klaus Kirchner 
  La nature - Gabriele Rossmanith

Ein Kommentarposter bei Youtube bringt ebenfalls einige interessante Aspekte der Oper zur Sprache:
The Prologue is the most unusual part of the opera. It poses certain theatrical challenges that do not seem well met in this production, however. Interestingly, the opera opens with a storm scene. The stage is here filled with emblems of the nations of the world and their emperors, each struck down in slow motion by an allegorical figure wielding death's scythe. It would have been preferable to have recreated, with the dance company, the pantomime of winds unchained described in the original stage directions, and to see them gradually calmed, the clouds dispersed, and a daytime countryside revealed, all in response to the musical score. What follows is a lengthy discourse between La Nature and the Le Genie de Feu over the fates of each of the characters in the opera, whose shadows appear before them and whose souls they are about to awake. The discourse is convoluted, but filled with allusions to equality, class and power, science, character, and the creator.  
 
Happily, from the first notes of Act I, we are in a world of action, where the author's philo-sophical point of view, though heavy handed, is made in lively metaphor. The setting is an Asiatic kingdom, where Atar, the king, is frustrated by the adulation his people confer upon the heroic soldier Tarare. Atar conspires with the high priest of Brama, Arthénée and the priest's son Altamort to abduct Tarare's wife Astasie , whom the king desires, and to get rid of Tarare. It sounds like the stuff of dramatic opera, but from the very beginning it is hilarious. This hilarity is aided considerably by the two European servants in the court — the eunuch Calpigi, and his wife Spinette, who are, appropriately, dressed as Harle-quins in surroundings of Asiatic exoticism. 
 
The third act is primarily an extended divertissement, choreographed by Ann Jacoby. The wonderful conceit of this is that the 'exotic' elements are the Europeans, and it is very funny to see Atar and the long mustached Middle-Eastern soldiers trying to imitate a provincial French pastorale. The scene ends with a tuneful strophic Italian song sung by Calpigi that is cleverly and dramatically interrupted by the appearance of Tarare. At this point the work begins to take on the trappings of a rescue opera. 
 
The fourth act provides two musical moments worth mentioning — Astasie's passionate air, alternating with recitative, "O mort, termine mes douleurs", and a compelling duo reflecting the humorous emotional confusion of a scene of mistaken identity between Tarare and Spinette. 
 
In Act 5, Atar's plans fall to pieces. The subjugated Tarare is loyal to the monarchy to the end, however, despite the king's perfidy, but the soldier is still the object of the people's affections. Humiliated, the king then ends his own life, and the people, led by Urson, the captain of the guards, give the crown to Tarare, which he reluctantly accepts. The final chorus hammers the moral home: "Mortals, ... your greatness comes not from your rank, but from your character."

Hörens- und sehenswert! 


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