Dienstag, 10. Oktober 2017

Honoris Causa

von Fragolin

Das Wort „Honorar“ bedeutet ja bekanntlich soviel wie „verdient“, und hier geht es um Honorare, die jemand bekommen hat, ohne dass man sagen kann, ob er sie auch verdiente, und ebenso um eine Partei, die das, was sie verdient, wohl bald bekommen wird. Eine Klatsche als Honorar, gewissermaßen.

In der Causa Silberstein geht es ja täglich tiefer ans Eingemachte. Besonders der „Standard“, der inzwischen, wer hätte das gedacht, Teil meines täglichen Medienkonsums geworden ist (nirgends werden die Lügen der Roten frecher präsentiert), liefert jeden Tag Erbauliches. So auch gestern wieder, als man endlich die Finanzgebarung der SPÖ gegenüber Silberstein offenlegte. Gleich vorweg: es ist alles eine Münchhausiade erster Kajüte, denn wenn auch nur die Hälfte wahr wäre, müsste sofort die Polizei einrücken und die gesamte SPÖ-Zentrale zerlegen.
Immerhin lässt sich sogar die eigene Propaganda-Zeitung zu der Bemerkung hinreißen:

Die von der SPÖ veröffentlichten Unterlagen werfen allerdings mehrere Fragen auf.“

Das hat was von „Neues Deutschland“ im Herbst 1989.

Was hat der fleißige interne Ermittler, der vor dieser Tätigkeit der interne Wirtschaftsprüfer der SPÖ war und jetzt ihr Bundeshalbgeschäftsführer ist, Neues entdecken können, was er nicht auf Basis seiner Tätigkeit eh schon wissen müsste? Ist doch praktisch, wenn man jetzt die Arbeit nachholt, die man vorher hätte erledigt haben sollen. Da erwartet man sich doch Ehrlichkeit, Objektivität und Exaktheit. Und das kommt dabei heraus:

Zunächst konnte, wie Matznetter einräumen musste, kein unterschriebener Vertrag mit Silberstein gefunden werden.“

No na. Wenn es den gibt, liegt der in einem Safe, zu dem selbst der Matze nicht den Code weiß. Aber wahrscheinlicher ist, dass man sich das in einem möglichst wanzenfreien Umfeld ausgekungelt hat. Ein deutliches Indiz, dass es eben nicht um übliche Dienstleistungen wie Auswertung von Umfragen und Statistiken ging, denn sowas kann man getrost in einen Vertrag schreiben, der es einem ermöglicht, bei Nichterfüllung zu klagen.
Aber das Vertrauen in Silberstein muss ja groß genug sein, der hat ja ausreichend Deckskampagnen für die SPÖ geführt, immerhin seit guten 15 Jahren. Man wusste, was man kauft. Und wie man es kauft. Man sollte dazu vielleicht mal den Herrn Gusenbauer unter Eid aussagen lassen.

Es liegt nur ein Angebot der GCS International vom 1. Jänner mit einem Auftragsvolumen von 180.000 Euro vor. Zusätzlich gibt es noch einen Annex, der von Ex-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler und Silberstein am 28. Februar unterschrieben wurde – damals wurden weitere 180.000 Euro vereinbart.“

Aha. Ein Angebot.
Ich will es als Selbständiger gerne mal erklären, wie sowas aussieht:

1. Schritt: Man akquiriert einen interessierten Kunden oder bekommt eine Anfrage von einem erfahrenen und zufriedenen Kunden. (Bei der SPÖ kann man davon ausgehen, dass die auf Silberstein zugegangen sind. Zufriedener Kunde bittet um Wiederholung der Dienstleistung.)

2. Schritt: Diese Anfrage beantwortet man mit einem Angebot. Was ist zu tun um die angeforderte Leistung zu erbringen, wie lange wird das dauern, welche Ressourcen werden benötigt, was soll das kosten. Idealerweise stellt man mehrere Angebote, damit der Kunde eine Wahl hat. (Bei Tal Silberstein kann man davon ausgehen, dass der eine Forderung gestellt hat und genüsslich gewartet hat, bis die SPÖ begeistert zugesagt hat.)

3. Schritt: Erst dann beginnt der Kunde zu verhandeln. Ja, Angebote sind keine Verträge, sie sagen eigentlich gar nichts aus, sondern sind eine reine Verhandlungsgrundlage. So läuft das. Mühsam, aber ist so. (Bei der SPÖ kann man davon ausgehen, dass nicht verhandelt wurde sondern gefeiert, als der Meister der Dreckskampagnen endlich eine Forderung gestellt hat.)

4. Schritt: Am Ende der Verhandlungen steht ein Vertrag. Dieser Vertrag, ein Werkvertrag, muss bestimmte gesetzliche Bestimmungen einhalten. Ohne diesen Vertrag, selbst wenn es nur ein Pauschalvertrag ist, darf generell keine Dienstleistung erbracht werden. Auf diesem Vertrag müssen neben der Beschreibung der Dienstleistung Auftraggeber und Auftragnehmer benannt sein und unterschrieben haben. Der Auftragnehmer darf unter Einhaltung bestimmter Regeln das Werk auch von Vertretern erledigen lassen. Aber die Kohle bekommt er.

5. Schritt: Nach Erbringung der Dienstleistung (oder zu einem anderen im Vertrag vereinbarten Zeitpunkt) erfolgt die Bezahlung. Zu jeder Bezahlung ist grundsätzlich eine Rechnung zu stellen, die ebenfalls gesetzliche Bestimmungen einhalten muss. Neben den beiden Parteien nebst Anschrift und UID muss die Leistung beschrieben werden und die Rechnungssumme zusätzlich zum Brutto auch in Netto und Umsatzsteuerbetrag aufgeschlüsselt werden. Kann man eine solche Rechnung z.B. gegenüber privaten Endkunden nicht stellen, muss es eine andere Form geben, aus der die Art der Leistung und die aufgeschlüsselten Beträge hervorgehen, zum Beispiel ein Kassenzettel. Dazu später noch ein paar Worte.

Interessant ist, dass bei Rechnungen über sechsstellige Beträge Leistungen wie „strategische Beratung“ oder „zusätzliche Arbeit“ angegeben werden, und diese Rechnungen werden überwiesen. Wenn ich meinen Kunden eine zusätzliche Rechnung stelle, wo „Sonstiges“ draufsteht, muss ich ernsthaft damit rechnen, dieses Geld niemals zu sehen. Und wenn doch, sollte ich hoffen, in den nächsten Jahren keine Betriebsprüfung zu bekommen. Da würde eine Menge interessanter Fragen auf mich zukommen. Und auf den Zahler auch, weshalb der mir so eine Rechnung auch sofort zurückschmeißen würde.

Da ist die SPÖ unterwegs. Unbelegte Geldflüsse, vertragslose und rechnungslose „Leistungen“ - das sind die Methoden mafioser Vereine, das ist Geldwäsche, das ist Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit. Wo hat der Herr Silberstein welche Steuern für diese „Honorare“ gezahlt?

Jetzt, wie versprochen, noch etwas zum Kassenzettel. Jeder kleine Zuckerwatteverkäufer, der über die Jahrmärkte des Landes tingelt, muss inzwischen eine permanent online mit dem Finanzamt verbundene Registrierkasse betreiben, wenn er nicht Besuch von der Finanzpolizei bekommen und hart abgestraft werden möchte. Jeder einzelne Cent muss penibel nachgewiesen werden, jeder einzelne Cent der Netto-Einnahmen ebenso wie jeder Cent der abgeführten Umsatzsteuer. Und wehe, es gibt auch nur die kleinste Abweichung. Wehe, auch nur eine kleine Rechnung, ein kleiner Kassenzettel kann nicht vorgelegt werden. Wer hat diese jeden Kleinstunternehmer bereits unter den Generalverdacht dubioser Geschäfte stellenden und diese Unternehmer massiv belastenden Vollholler beschlossen? Richtig, die gleiche SPÖ, die jetzt ihre Rechnungen und Verträge über Hunderttausende nicht finden kann, Zigtausende auf Zuruf beleglos irgendwohin überweist. Und die so verbratenen Gelder auch noch vom Steuerzahler zurück haben wollen, Stichwort Kostenrückerstattung.

Noch etwas finde ich interessant. Genau die etwas mehr als 100.000 Euro, von denen eigentlich keiner weiß, welche „mündlichen Zusagen“ dahinterstehen, entsprechen den Kosten für die Facebook-Schmuddeleien. Und es war dafür eine 24/7-Dienstleistung versprochen. Für Datenanalyse und Umfragen braucht man keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, für eine Facebook-Schmuddelseite schon. Die übrigens zwar nicht von der SPÖ betrieben worden sein sollen, aber auf Zuruf aus der SPÖ-Parteizentrale sofort vom Netz gingen. Na so ein Zufall.

Der STANDARD fragte auch dazu bei Matznetter nach. "Wenn Sie mich fragen, ob hier überhöhte Zahlungen geleistet wurden, kann ich nur sagen: Ich kann das nicht beurteilen. Es schaut aus unserer Sicht aber alles normal aus", verweist er nochmals auf die umfassenden Arbeiten des Silberstein-Teams.“

Dass sowas aus Sicht der SPÖ „alles normal“ ist, kann man sich illustriert und koloriert vorstellen.

Ob es nicht sein könne, dass mit diesen Zusatzrechnungen jene Kosten abgedeckt wurden, die Silberstein für das Dirty Campaigning auf Facebook hatte? (...) Matznetter dazu: Er glaube das nicht, aber: "Ich hätte es auch lieber gehabt, wenn es schriftliche Verträge gegeben hätte."“

Na, wenn der Herr Matznetter das nicht glaubt, dann kann ich das auch nicht glauben. Ist ja ein äußerst honoriger, unparteiischer und um Aufklärung bemühter strammer Genosse.

1 Kommentar:

  1. Ich benutze seit einige Zeit humoris causa. Keine Ahnung ob es das so gibt, wenn nicht sollten es Lateiner noch "erfinden" ;-)

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