Samstag, 18. Mai 2013

Man mag gegenüber dem gestern verstorbenen General Jorge Rafael Videla

... seine durchaus berechtigten Vorbehalte und Einwände haben. Eines jedenfalls erhebt ihn turmhoch über das Charakterniveau von geschätzten 99,9% unserer ach so demokratischen Polit-Machthaber: General Videla übernahm im Verlauf seines Prozesses im Jahre 2010 die volle Verantwortung für Verbrechen, die unter seiner Herrschaft begangen worden sind. Und das war, wie er wußte, keine leere Formel, denn nicht eine zahnlose Funktionsenthebung war die Sanktion, denn er war längst gestürzt, entmachtet, gerichtlich verurteilt, eine Begnadigung durch die neuerliche Anklage aufgehoben und für die Zukunft sicherlich ausgeschlossen. Sein Tragen der vollen Verantwortung wurde auch nicht mit dem weichen Ruhekissen einer gutdotierten Politikerpension belohnt, sondern nur mit seinem dadurch wohl ruhig(er)en Gewissen — und einem ebenso gewissen Gefängnisaufenthalt.

Wer sich noch an die Meldungen aus der Zeit der ebenso korrupten wie völlig unfähigen Präsidentin Isabel Perón erinnern kann, als sich Politskandale mit Terroranschlägen kommunistischer Untergrundbanden abwechselten, und Argentinien in Chaos und Armut versankt, der wird die »undemokratische« Machtübernahme durch die Militärjunta wohl mit anderen Augen sehen, als es heutige Journaillisten gerne tun, die nach Karl Kraus' bekanntem Diktum »nachher immer schon alles vorher gewußt haben«. Denn wie sehr Demokratie eine bloße Schönwetterveranstaltung ist, erkennen wir bereits jetzt und hier in Europa, wo schon ein vergleichsweises »Mailüfterl« an wirtschaftlichen Schwierigkeiten — die Orkane stehen uns erst bevor! — dafür sorgt, daß unsere »demokratischen« Politruks sich einen Tinnef um Verfassung, Verträge und Gesetze scheren, sondern drauflosfuhrwerken, wie sie gerade lustig sind!

Wer aus der Riege von Barroso, Merkel, Schäuble, Hollande & Co. wird irgendwann eine »volle Verantwortung« übernehmen — nämlich wirklich, nicht als bloße Show für den Volkszorn, ohne vorherige Zusicherung einer lukrativen Sinekure danach? Ich wage die Prognose: keiner. Denn sie werden alle für nichts, aber schon garnichts verantwortlich gewesen sein! Als tumbe, hilflose Toren werden sie sich darstellen, die vor bedrohlichen Sachzwängen und Ränken anonymer Bürokraten einfach nichts anderes tun konnten, und eigentlich ohnehin nichts getan haben, und wenn, dann nur in der besten Absicht, nun schrecklich enttäuscht über die perfide Täuschung, der sie unterlagen ...

Nein — General Videla hat nicht alles richtig gemacht. Aber er hat für das Falsche, das er tat, die Verantwortung nicht bloß rhetorisch übernommen, sondern — hochbetagt und dennoch nicht durch Haftunfähigkeiten salviert — durch jahrelangen Hausarrest und durch Gefängnisstrafen abgebüßt. Er starb gestern im Alter von 87 Jahren im Gefängnis von Marco Paz.

»Paz« bedeutet bekanntlich »Friede«. Wünschen wir ihm für den Mut, seine Fehler einzugestehen, jenen Frieden, der denen beschieden ist, die als Gerechte sterben — denn bedenken wir: mehr an Gerechtigkeit, als für sein Unrecht die volle Verantwortung zu übernehmen, wird nur den wenigsten Menschen möglich sein. Videla hat das ihm mögliche getan, und möge wenigstens jetzt in jenem Frieden ruhen, den die heutige Machthaber seinem Heimatland nicht bringen werden ...

1 Kommentar:

  1. Bravo - treffender kann man es nicht ausdrücken.

    Requiescat in pace!

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