Donnerstag, 14. Juni 2012

Intermezzo 3: ESM dank EM

... wird es später wohl heißen. Der Rettungsschirm wird unter dem großen Medienschirm der Fußball-Groupies gaaanz diskret (und auch weniger diskret, wenn's nicht anders geht) aufgespannt. Wie »Die Presse« heute zu berichten weiß, kam es wegen der unverschämten Durchwinke-Aktion der ESM-Verfassungsänderung durch die SPÖVP-Regierung und ihre grüne Blockpartei zu einem Eklat, weil sich die Blauen und Orangen (als — derzeit noch — nicht völlig gleichgeschaltete Blockparteien) doch etwas überfahren vorkamen:
Die Sitzung des Nationalrats ist Donnerstagvormittag von einem Eklat überschattet worden. FPÖ und BZÖ verließen das Plenum wegen eines Streits über den Europäischen Rettungsschirm (ESM). In den vergangenen Wochen bemühte sich die Koalition um die Stimmen der Opposition, um den EU-Stabilitätspakt mit der nötigen Verfassungsmehrheit zu ratifizieren. In den Grünen hat die Koalition nun offenbar einen Partner gefunden. FPÖ und BZÖ wussten davon nichts und fühlten sich deshalb übergangen.

Der entsprechende Antrag wurde von SPÖ, ÖVP und den Grünen kurzfristig auf die Tagesordnung genommen und wird gegen Ende der Sitzung als letzter Tagesordnungspunkt in so genannter "Erster Lesung" diskutiert. In der Folge wird er in den Verfassungsausschuss wandern und entweder bei der Sondersitzung zum Transparenzpaket Ende Juni oder in der Juli-Plenarwoche beschlossen werden. FPÖ und BZÖ sprachen von einer "Nacht&Nebelaktion".
Ja, das ist unsere Demokratie. Wenn der Wähler schon einmal gewählt hat, kann man ihm künftige lästige Wahlen ersparen, indem man ihm die Wahl läßt zwischen Wahlenthaltung und Zettelfalten ... denn nachdem die EMS-Sache durch ist, braucht man das Parlament eigentlich nur als Dekoration — man könnte es durch die Generalversammlung des Tierschutzvereins ersetzen. Denn ein Parlament, das faktisch keine Budgethoheit mehr hat, ist keines mehr — weil der Rat der Unions-Volkskommissare jederzeit zentrale Vorgaben über Wirtschafts- und Fiskalpolitik machen kann, und die ESM-Paten, gegen jegliche zivil- und strafrechtliche Überprüfung ihres ihrer (Un-)Taten geschützt, jeden Staat der EU durch Drohung mit einer ESM-Geldanforderung nach Belieben fernsteuern können.

Die Maske der vorgeblichen »Demokratie« wird in Europa immer ungenierter als längst entbehrlich weggeworfen. Es herrscht die Diktatur einer Nomenklatur, die sich selbst »wählt« (recte: kooptiert) und »kontrolliert« (recte: gegen Verfolgung immunisiert). Ein längst schon totalitäres System, das jeden Abweichler höchst effizient ausgrenzt und zwar — noch — nicht mundtot macht, aber ihm so nachhaltig isoliert, daß er von der Öffentlichkeit praktisch nicht mehr gehört werden kann. Es ist dasselbe System, mit dem Honni & Co. Kritik am DDR-Sozialismus als »Rowdytum« und »Boykotthetze« kriminalisierten.

Und klammheimlich werden immer weitere Kreise gezogen, um die Opfer, nämlich die nicht der Nomenklatur angehörenden Leistungsträger unserer Gesellschaft (die privatwirtschaftlichen Unternehmer und Dienstnehmer), am Widerstand zu hindern. Die OECD plant beispielsweise, das Delikt der Steuerhinterziehung als Geldwäsche-Tatbestand in den Verbotskatalog aufzunehmen. Was natürlich von der Neidgenossenschaft derer, die ohnehin (fast) keine Steuern zahlen, mit wohlwollendem Geheul aufgenommen wird, aber zugleich bedeuten, daß der Rechtsanwalt oder Steuerberater, der seinem Klienten Tipps zur Minderung der mittlerweile konfiskatorische Höhen erreichenden Steuerlast gibt, bereits als Mittäter mit einem Fuß im Gefängnis steht, und eigentlich — sollte ein Klient mit solchen Ideen zu ihm kommen — verpflichtet wäre, seinen eigenen Klienten unverzüglich anzuzeigen.

Das war schon das Strickmuster, nach dem die »Strafverteidiger« in der DDR und der Sowjetunion die »sozialistische Rechtspflege« zu fördern hatten (statt die Rechte ihrer Mandanten zu verteidigen). In Kombination mit Steuergesetzen, die so kompliziert sind, daß eigentlich jeder — inklusive ausgewiesener Steuerexperten — sich permanent schuldig macht, der nicht als Dienstnehmer sein Geld verdient, oder in einem Administrationswust erstickt, der ihm seine Arbeit eigentlich verunmöglicht. Das alles führt zu einem Bürger, der nur durch die Gnade der Behörde nicht verfolgt, sozial geächtet und wirtschaftlich ruiniert wird. Wo, bitteschön, ist hier noch der Unterschied zu den Verhältnissen in der DDR — mit Ausnahme der Tatsache, daß man aus dieser wenigstens theoretisch noch flüchten konnte, aus dem OECD-Regulierungsbereich hingegen eher nicht, außer man will eine Karriere als Schafhirte in Afghanistan oder als Erdnußbauer in Obervolta starten.

Die letzte Hoffnung, die uns noch bleibt, ist wohl, daß der Totalcrash der Finanzmärkte schneller kommt, als die Omnipotenzphantasien unserer Politmafiosi sich verwirklichen lassen. Eine geringe Hoffnung, freilich. Und getrübt durch die Aussicht auf Jahre bitterer Armut für viele, ja die meisten von uns. Einer Armut, die umso bitterer sein wird, als sie die ungesühnt ihre gutdotierten Ruhebzüge genießenden Mitglieder und Günstinge der Nomenklatura vor Augen haben wird, die es sich dank ihrer Gesetzgebungsprivilegien »richten« konnten. Außer, es kommt zu einem Bürgerkrieg, der allerdings mangels youth bulge ebenso unwahrscheinlich ist, wie in seinen unabsehbaren Folgen wohl auch nicht zu übertriebenen Hoffnungen Anlaß gibt, wenn er doch kommen sollte.

5 Kommentare:

  1. Der Endsieg des Euros ist nahe!

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  2. Am letzten Absatz könnte was dran sein.

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  3. Das alles führt zu einem Bürger, der nur durch die Gnade der Behörde nicht verfolgt, sozial geächtet und wirtschaftlich ruiniert wird. Wo, bitteschön, ist hier noch der Unterschied zu den Verhältnissen in der DDR

    Aufgrund meiner Erfahrungen kann ich auf diese Frage antworten: keiner.
    Jeder ist nur auf Bewährung draußen.

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  4. Wunderbar! Sehr schön auch der Verweis auf die youth bulge. Das Metahilfsargument der Funktionäre, es drohe Krieg in Europa, wenn die Europäer sich nicht völlig entmündigen lassen, scheitert platterweise schon an der Zahl der Krieger. Da sind auch Drohnen kein Ersatz. Siehe Heinsohn.

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    1. Bürgerkrieg kann es leicht einmal geben - zwischen verschiedenen Einwanderer-Gruppen, welche noch über einen Youth Bulge verfügen. ZB hier ein Konflikt Jungtürken gegen Sinti/Roma: http://salzburg.orf.at/news/stories/2536793/
      (Danke an Blogger Bellfrell)

      Die autochthone Bevölkerung spielt dabei, mangels Youth Bulge, keine Rolle mehr. Höchstens die Rolle des "Opfa".

      Danke, lieber Penseur, für die umfassende Analyse, welche sich ebenso klar wie melancholisch liest. Es ist, wie es ist. Die Macht kommt aus den Gewehrläufen, und das Recht ist wie immer die Hure der Macht. Die Journaillen sowieso. Rette sich wer kann.

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