Sonntag, 25. März 2012

»Mediensensible Meinungsfreiheit«

... ist in Zettels KZ die genial-sarkastische Anmerkung eines Posters »C.« zu einem trefflichen Kommentar von »Thanatos«, den ich wegen seiner Richtigkeit und Wichtigkeit zitieren möchte:
Die DDR-Sozialisierten freuen sich, daß Herr Gauck in seiner ansonsten mainstream-konformen Rede (ja - mit Lob überhäuft von S. Gabriel und mit Befriedigung wahrgenommen von G. Gysi) einige - wenn auch verschlüsselte - Nonkonformitäten untergebracht hat. Es erfolgt der Einwand "wir sind aber nicht mehr in der DDR!", was ja vordergründig plausibel erscheint.

Dann fragt sich allerdings, vor wem oder was Gauck solche Angst hat, daß er seine (bis dato durchaus un-zeitgeistigen) Ansichten oder Meinungen so weichgespült hat.

Vor dem Volk muß er sicher keine Angst haben: es konnte ihn nicht wählen, es kann ihn nicht abwählen, und es ist nimmt auch sicher keinen Anstoß an Gaucks Ansichten zu "occupy" und anderen Dingen.

Allerdings dürfte er keine Illusionen hegen, von wem seine positive Rezeption entscheidend abhängt: von der Haltung der medialen Klasse. Nach mehreren Runden Talkshow-Karussell und nach den Interviews in ARD und ZDF am Wahlabend weiß er, welches Fegefeuer an "loaded questions" um ihn prasselt. Es gilt also zuerst, diesem Kanon der Fangfragen auszuweichen. Auf gar keinen Fall irgendwo festlegen, alle früheren (konkreteren) Aussagen relativieren - und das tut Gauck sehr geschickt. Er ist permanent am Zurückrudern.

Darin besteht die Enttäuschung für einige Leser von ZR, denke ich. Denn hier kann man Klartext sprechen, hier wird nicht dem Mainstream gehuldigt, sondern hier wird anhand von Fakten diskutiert.

Eine derartige Offenheit ist natürlich zuviel verlangt von Herrn Gauck. Ganz privat würde er wohl zu 80 oder 90 Prozent den hier herausgearbeiteten Ansichten zustimmen - dies in öffentlicher Rede zu formulieren, verbietet sich ganz klar. Ich erwarte zukünftig nichts anderes als weitere Reden in diesem Stil, eventuell mal mit der ein oder anderen "gewagten" Anspielung, für die, die zwischen den Zeilen lesen können.

Wir sind ein Land, in dem die Politik von den Leitmedien vor sich hergetrieben wird. Dem kann sich ein Gauck nicht entziehen, und er hat ja frisch vor Augen, was Ungnade bei der BILD bedeutet. Man landet im Kloster.

Ein Präsident Wulff hätte sich unsterbliche Verdienste erworben, wenn er die unterirdischen Methoden, die Ausforschung der Privatsphäre, die bewußten Lügen, Heucheleien und Durchstechereien von BILD, Spiegel und dem Rest offensiv angegriffen hätte. Es hätte eine Diskussion werden können, ob wir eine Demokratie von Augsteins oder Schaustens Gnaden sein wollen. Wulff hätte niemals aufgrund einer solch unterirdischen Kampagne zurücktreten dürfen. Jetzt ist er weg, und die Rollen im Staate sind wieder klar verteilt, die Machtmittel fest in einer Hand.

Arme Demokratie, arme Meinungsfreiheit.
Dem ist vollinhaltlich zuzustimmen. Und dies mit nur zwei Wörtern — nämlich: »mediensensible Meinungsfreiheit« — zu entlarven, ist eine aphoristische Leistung der Extraklasse ...

3 Kommentare:

  1. Ich finde, dass über die sehr richtigen Erkenntnisse hinaus das ganze ekelhafte Ritual wie ein "Scanner" die wulffschen Hausmachtverhältnisse offengelegt hat, nämlich, dass er nix weiter als ein Grüssgottaugust war mit null Machtstrukturen im Rücken. Denn was unsere tollen "investigativen" (denunziatorischen) "Qualitätsmedien" so alles an erschröcklichem ans Licht zerrten, ist doch Politiker-Standard, Tagesodnung, und geradezu selbstverständliches Privileg-Gebaren. - Nur bei denjenigen, die eine gefestigte Hausmacht haben, wird wohl kaum eine untergeordnete Instanz plaudern, um nicht die eigene Pfründe zu riksieren. D. h. eine eigenstabile Blasrohrkriech-Hierarche hält all die Mauscheleien schön gedeckelt. Da traut sich auch kein "Sturmgeschütz der Demokaratie" ran.
    Unklar (ist mir indes), wo und von wem und warum "höherenorts" beschlossen wurde, "der Kerl muss weg" und den Medien, unseren modernen Grossinquisitoren zum Abschuss freigegeben wurde.

    Obo

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    1. @Obo:

      Nun, ich denke, mit dieser Rede hat er sich das Ehrengrab geschaufelt ...

      Thomas Jefferson zitieren (»Wir haben die Wahl zwischen Sparsamkeit und Freiheit, oder Überfluss und Knechtschaft«) ist natürlich für unsere Klientenbegünstigungs- und Wählerbestechungspolitiker reinste Autobahn, das geht also gar nicht! Einfach nicht hilfreich, um es klar zu sagen.

      Das mit der fehlenden Hausmacht — da haben Sie natürlich schon recht! Aber die tragische Doppelmühle, in die Wulff geraten ist, war: fehlende Hausmacht + im Agieren bedeutungsloses, aber im Verhindern theoretisch omnipotentes Amt. Sowas wird von den Politruks, die — am liebsten im Verborgenen und am Wähler vorbei, am besten irgendwo in Brüssel — agieren wollen, als fundamentale Bedrohung empfunden.

      Aus dem allen kann man zugleich ersehen, wie panisch unsere Politkriminellen jetzt bereits sind. Sie sehen die Zeichen an der Wand, merken, daß sie längst auf dem Vulkan tanzen, und hoffen trotzdem, daß es sich für sie noch ausgeht, wenigstens noch ein bisserl Zeit am Buffet verbringen zu dürfen ...

      Und unsere Medien tricksen da eifrig mit! Wie traurig sähen doch die meisten Medien ohne staatliche Transferleistungen (von GEZ / GIS über Presseförderung bis hin zu üppigen Inseratenaufträgen und Werbeschaltungen von »öffentlicher« bzw. der öffentlichen dienstbarer Hand) aus ... Die könnten sich ihre Traumgagen längst rektal applizieren, hätten sie nicht diesen unversiegbaren Finanzierungsstrom, den die Politiker auf Steuerkosten zu ihnen lenken.

      Und so braucht es keine Zensur und keine Weisungen — die Medien springen »wie geschmiert« ein, wenn's nötig ist, jemanden zu killen. Ein einziges Mal bis jetzt hat es nicht 100%ig geklappt, und daran knabbert der politisch-mediale Komplex bis heute: nämlich bei Sarrazin. Der ist zwar ziemlich mundtot gemacht, aber eben doch nicht ganz tot. Und die Leute haben seine angeblich »nicht hilfreiche« Botschaft vernommen und nicht bloß das: sie teilen sie mittlerweile in weiten Zügen.

      Also mußte bei Wulff umso härter durchgegriffen werden. Damit jeder künftige Bundespräsident weiß: wenn er nicht spurt, hetzen wir ihm den Staatsanwalt zur Hausdurchsuchung an den Hals und lassen seine Frau als Ex-Nutte verdächtigen. Das erledigt so ziemlich jeden ...

      Alles klar?

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